Lebenslauf von Leonard Bernstein

Bild von Leonard Bernstein Der erste in Amerika geborene und auch in den USA ausgebildete Pianist, Komponist und in ganz Europa bekannt gewordene Dirigent des 20. Jahrhunderts konnte am Ende seines Lebens festhalten: "Ich muss mich ausruhen, ich bin alt, müde und krank, doch glauben Sie mir, ich habe dieser Welt noch eine ganze Menge zu sagen!" Dies sind nochmals die Worte eines Pädagogen, dessen Bedürfnis, sich mitzuteilen so typisch für den Musiker der ganz besonderen Art war. Bernstein sagte von sich, er sei in erster Linie ein Komponist ernster Musik. Das stimmt insofern, dass er ja eine Sinfonie komponiert hatte, bevor er einen Song schrieb. Die "Musicals" sind ein Teil seines ganzen Werks; mit der Musik zur "West Side Story" ist Leonard Bernstein populär geworden. So gesteht er selber ein: "Ich habe insgeheim den Verdacht, dass jedes meiner Stücke - ganz gleich für welches Medium - in gewisser Hinsicht Theatermusik ist."

Im Zusammenhang mit "unseren Konzerten" ist interessant zu wissen: Neben der echten amerikanischen Musik, die Bernstein zahlreich als Dirigent aufführte, leitete er unzählige Konzerte mit Musik von Beethoven, dessen Klavierkonzerte zum Teil vom Flügel aus. Ebenfalls spielte er Gustav Mahlers "Sinfonie der Tausend" mit europäischen Orchestern ein. Überhaupt war er von Beethovens wie auch von Mahlers Musik ganz besonders fasziniert.

Wie kam es denn soweit?

Leonards Vater Sam war erst sechzehnjährig aus einem jüdischen Dorf in Russland nach Amerika ausgewandert. Nach Jahren mühsamer Arbeit als Fischputzer, später als Coiffeurangestellter bei seinem früher emigrierten Onkel gründete er in Boston eine eigene Kosmetikfirma. Leonards Mutter Jennie war ebenfalls auf abenteuerliche Weise als siebenjähriges russisches Mädchen nach Amerika gekommen. Auch ihre Familienmitglieder waren praktizierende Juden.

Seine frühe Kindheit schilderte Leonard Bernstein als gar nicht glücklich. Er war ein schwächliches, kränkliches Kind, welches unter dem häufigen Wohnungswechsel seiner Eltern in der Umgebung von Boston zu leiden hatte und, von Asthma und Heuschnupfen geplagt, scheu und zurückgezogen aufwuchs. Das einzige, was ihn freute, waren die mit Musik (Chor und Orgel) verbundenen Kirchgänge in Begleitung seiner Eltern. Dann kam die Erlösung: Ein Klavier, von einer Tante nicht mehr gebraucht, wurde in die Wohnung gebracht. Nach ausgiebigem Experimentieren und "Spielen" auf dem Instrument durfte der Elfjährige bei einer Nachbarin Stunden nehmen. Die Fortschritte, die Leonard machte, waren erstaunlich. Bald konnte er ein Konservatorium besuchen.

L. Bernstein in "Ein Leben für die Musik", E. Castiglione, Henschel-Verlag Berlin 1993

Der Vater nahm den Knaben ab und zu in Konzerte mit (Ravel, Rachmaninow), wollte aber Leonards Wunsch, selber Musiker zu werden, lange Zeit nicht akzeptieren, was zu heftigen Auseinandersetzungen mit finanziellen Konsequenzen führte. Leonard war ein überdurchschnittlich guter Schüler. Nach seinem Schulabschluss begann er ein Studium an der Harvard-Universität, wo er neben den Musikfächern auch Vorlesungen in Philosophie, Ästhetik, Literatur- und Sprachwissenschaft besuchte. Diese fünf Jahre nannte Bernstein "die glücklichste Zeit meines Lebens".

In Harvard befreundete er sich mit Aaron Copland, welcher eine Komposition unter dem Einfluss von Strawinsky und Bartók geschrieben hatte. Einer seiner besten Lehrer war Walter Piston, der ebenfalls aus Massachusetts stammte.

In diese Zeit fiel auch die für das weitere Fortkommen entscheidende Begegnung mit dem Dirigenten Dimitri Mitropoulos. Er riet Bernstein (er nannte ihn "genius boy"), sein Musikstudium in Philadelphia, am Curtis Institute of Music, bei Fritz Reiner weiterzuführen. Auf diesem Weg lernte Bernstein bald auch den vorbildlichen Dirigenten Sergej Koussevitzky in Tanglewood kennen und arbeitete mit ihm mehrere Jahre lang in gemeinsamen Kursen während den Sommermonaten.

Neben seiner Ausbildung war Leonard Bernstein immer wieder gezwungen, Geld zu verdienen. Er spielte bei Festen, Hochzeiten, aber auch in Bars und Nachtlokalen; er arrangierte einfache Melodien und Lieder für eine kleine Jazzband und schämte sich deswegen nicht. Einigen Nachbarskindern gab er Musikunterricht.

Nachfolgend einige wenige, aber wichtige Teilziele von "Lennys" steiler Dirigenten-Karriere:

  • 1934 Erstes öffentliches Konzert als Pianist mit dem Boston Public School Symphony Orchestra (Klavierkonzert von E. Grieg)
  • 1939 Erstes Konzert als Dirigent und Komponist mit "The Birds" in Harvard.
  • 1943 Spektakuläres Konzert des 25-jährigen Bernstein als Vertreter des Dirigenten Bruno Walter mit den New Yorker Philharmonikern; Ernennung zum 2. Dirigenten dieses Orchesters.
  • 1947 Auftritt in Tel Aviv. Eine enge Verbindung mit dem Israel Philharmonic Orchestra bleibt bestehen.
  • 1948 In Rom, 1953 in Mailand (Scala), 1954 in Venedig
  • 1954 Erste Fernsehsendung über "Beethovens Fünfte Sinfonie"
  • 1969 Letztes Konzert mit den New Yorker Philharmonikern als deren Musikalischer Leiter. Von da an dirigierte Bernstein alle führenden Orchester der Welt.
  • 1989 Fall der Berliner Mauer; am 23. und 25. Dezember dirigiert Bernstein in beiden Teilen Berlins die "Neunte Sinfonie" von Beethoven.


"Die Musik ist mein Leben, und mein Leben ist die Musik." (Leonard Bernstein)







(Beitrag von Thomas Scherer)
Letzte Änderung am 1. Mai 2004