Lebenslauf von Kitty von Escherich

Bild von Kitty von Escherich Am 25. November 1855 wurde Kitty (Katharina) von Escherich als viertes Kind des Gutsverwalters Josef Mathias Haus und dessen Ehefrau Maria, geborene Walter, in Varaždin (Warasdin) in der Untersteiermark geboren. 1859 - nach dem frühen Tod des musikbegeisterten Vaters - zog die Familie nach Laibach, wo Kitty bei Josef Zöhr ihren ersten Klavier- und bei Gustav Moravec ihren ersten Gesangsunterricht erhielt.

Ab 1873 begann sie ein Studium am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, u. a. zunächst bei Mathilde Marchesi (Gesang), Harmonielehre (Franz Krenn) und Musikgeschichte (Adolf Prosniz); ein Klavierstudium bei Julius Epstein folgte 1874, das sie 1876 mit einem Diplom abschloss. Von 1874-78 belegte sie daneben bei Franz Krenn, den sie Anton Bruckner als Musiktheoretiker vorzog, weitere Kurse in Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition. Bei den zwischen 1876-78 jährlich abgehaltenen „Concoursen der Kompositionsklassen“ bekam sie durchgehend den 2. Preis (1876 für „Adagio zu einem Trio“; den 1. Preis erhielt damals Gustav Mahler / 1877 „Gavotte für Orchester“ / 1878 „Scherzo“).

Nach ihrer Eheschließung (höchstwahrscheinlich im Jahre 1878) mit dem Grazer Privatdozenten für Mathematik Dr. Gustav von Escherich verließ sie das Konservatorium und folgte ihrem Mann zuerst nach Graz, dann nach Czernowitz, wieder nach Graz zurück und schließlich nach Wien, wo dieser 1884 an der Wiener Universität eine Professur erhielt. In den dazwischenliegenden Jahren kamen ihr Sohn Oskar (1879) und ihre Tochter Maria Theresia (1882) zur Welt.

Neben ihren festgelegten Aufgaben als Ehefrau und Mutter widmete sich Kitty von Escherich in den folgenden Jahren wieder in verstärktem Maße ihren musikalischen Interessen, indem sie sich der Wiener Öffentlichkeit als Pianistin und Komponistin präsentierte. 1893 erhielt sie den 1. Preis vom Wiener Tonkünstlerverein für ihre Psalm-Vertonung für Doppelchor und Orchester „Zu Gott, der meine Jugend erfreut“, der in den folgenden Jahren noch mehrfach mit großem Erfolg in Wien aufgeführt wurde. 1894 wurde ihre „Romance für Cello und Klavier“ im Bösendorfer Saal, 1895 ihr „Magnificat für vierstimmen Frauenchor und Klavier“ (unter Ferdinand Löwes Leitung) sowie ihre Violinsonate aufgeführt. Die Aufführung ihres D-Dur Klavierkonzertes durch die Pianistin Lucilla Tolomei und das Neue philharmonische Orchester unter Leitung von Carl Stix am 17. Februar 1900 im großen Musikvereinssaal bezeichnete der Wiener Musikkritiker Rudolf Glickh als „Kernpunkt des Abends“, wobei er die Komposition als ein „in formeller Beziehung trefflich gearbeitetes und hinsichtlich seiner melodischen Erfindung sehr anmuthiges Werk, welchen den Fähigkeiten und dem Talente der Autorin ein sehr schönes Zeugnis ausstelle“ (zit. n. Marx, Eva / Haas, Gerlinde: 210 Österreichische Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Salzburg 2001, S. 122) weiter lobend rezensiert.Vor allem die Aufführungsdichte ihrer Vokalmusik in den Jahren nach der Jahrhundertwende war beachtlich, wobei besonders die am 10. Februar 1908 unter der Leitung von Eusebius Mandyczewskis uraufgeführte Psalmvertonung „Aus den Tiefen“ den stärksten Eindruck bei der Kritik hinterließ.

Kitty von Escherich, die - u. a. neben Mathilde Kralik von Meyrswalden, Vilma von Webenau, Rosa Mayreder oder auch Alma Mahler - zu den schillerndsten Persönlichkeiten im Wien der Jahrhundertwende gehörte, komponierte sechs Orchesterwerke und ein Klavierkonzert, eine große Anzahl weltlicher oder geistlicher Vokalmusik für a-cappella-Besetzung bzw. für Soli, Chor mit Orchester oder Klavier/Orgel, einige kammermusikalische (Klaviertrios bzw. Stücke für Klavier und Violine oder Violoncello) und solistische Werke für Klavier sowie zahlreiche Lieder mit Klavier- oder Orgelbegleitung. Einige Werke wurden bei Doblinger/Wien verlegt.

Am 10. April 1916 starb Kitty von Escherich an einer Lungenentzündung in Wien.



Dieter Michael Backes
Letzte Änderung am 17. Juli 2011