Lebenslauf von Johann Carl Eschmann

Bild von Johann Carl Eschmann Der Schweizer Komponist, Pianist und Pädagoge Johann Karl Eschmann ist eine wenig bekannte Figur in der deutschen Musik des 19. Jahrhunderts, aber er ist keineswegs bedeutungslos, denn er war einer der wenigen Musiker, die sowohl mit Wagner als auch mit Brahms befreundet waren, und wurde von beiden bewundert. Vielleicht litt er auch unter der Sympathiebekundung von zwei so unterschiedlichen Seiten, denn die Wagnerianer dachten von ihm, er stehe dem anderen Lager zu nahe, die Gefolgsleute von Brahms meinten ihrerseits, er schlösse sich zu bereitwillig der neuen Musikrichtung an. Eschmann war weder ein Jünger von Wagner noch von Brahms, erkannte aber das Geniale in beiden. Seine Musik entstand vielmehr aus der Auseinandersetzung mit dem Werk Mendelssohns und Schumanns, ohne jedoch jene frühen Meister der Romantik sklavisch zu imitieren.

Eschmann wurde am 12. April 1826 in Winterthur in eine musikalische Familie hinein geboren. Sein Vater war Kapellmeister bei der kantonalen Militärmusik in Zürich, und die jüngere Schwester Henriette (1829-1896) wurde eine bekannte Musiklehrerin. Johann Carl zeigte seine Vorliebe für die Musik schon in frühen Jahren und legte, gefördert durch ein musikfreundliches familiäres Umfeld, eine solche Begabung an den Tag, dass sein Vater mit Alexander Müller, einem Freund Wagners, Musikunterricht in Zürich vereinbarte. Er machte rasche Fortschritte und schrieb sich 1845 als Schüler am neuen Konservatorium in Leipzig ein.

Das musikalische Leben in Leipzig konzentrierte sich in jenen Tagen auf vier wichtige Zentren: die Thomaskirche, wo Johann Sebastian Bach von 1723 bis zu seinem Tode 1750 Kantor war; das Gewandhaus-Orchester, das älteste etablierte Symphonie-Orchester der Welt, bei dem Mendelssohn als Hauptdirigent fungierte; das Opernhaus und das neue Konservatorium, unter dem direkten Patronat des Königs von Sachsen, Friedrich August II., das im April 1843 eröffnet wurde und dessen Gründer und erster Direktor Mendelssohn war. Leipzig bot daher jungen Musikern ein ausgezeichnetes Umfeld, ihr Potenzial zu entwickeln, und Eschmann war keineswegs der einzige, der dies zu nutzen wusste.

Am Konservatorium nahm Eschmann zunächst Stunden bei Mendelssohn selbst, und als Ignaz Moscheles im Jahr 1846 dem Lehrkörper beitrat, wurde Eschmann einer seiner Klavier- und Kompositionsschüler. 1847 kehrte er nach Zürich zurück, wo er Klavier und Kompositionslehre unterrichtete, bevor er 1850 in seine Heimatstadt zog. In den nachfolgenden zehn Jahren, die er in Winterthur wirkte, konnte er sich einen hervorragenden Ruf schaffen.

Auf der Flucht aus Deutschland 1849 suchte Wagner Exil in Zürich, und Eschmann fühlte sich, zusammen mit einer Gruppe gleich gesinnter Komponisten und Künstler, zu Wagners Kreis hingezogen. Wagner sah Eschmann verhältnismäßig häufig, und während dieser Zeit schuf Eschmann eine Reihe hervorragender Werke, darunter viele Kompositionen für Klavier, Kammermusik und Lieder. Er trat gelegentlich als Pianist in Konzerten der Allgemeinen Musik-Gesellschaft Zürich auf und gehörte als Pianist, Komponist, Dirigent und Chorleiter zusammen mit Wagner zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des Zürcher Musiklebens in den 1850er Jahren.

Um 1865 zog Eschmann nach Zürich, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1882 unterrichtete. Im April 1878 schrieb Brahms an seinen Verleger Simrock und pries Eschmanns Musik in glühenden Worten, was dazu führte, dass Simrock Eschmanns Zyklus Licht und Schatten, sein vielleicht fortschrittlichstes Werk, veröffentlichte. Unter Eschmanns anderen Werken findet sich ein eindrucksvolles Streichquartett in d-Moll und die früh entstandenen Fantasiestücke für Violine und Klavier, op. 9. Daneben publizierte er auch ein bemerkenswertes Handbuch mit dem Titel Wegweiser durch die Klavierliteratur (Zürich 1879, 8. Auflage 1914) und 100 Aphorismen aus dem Klavierunterricht (2. Ausgabe, 1899).



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Letzte Änderung am 13. März 2007