Lebenslauf von Wladimir Martynow

Bild von Wladimir Martynow Wladimir Martynow hat das Konservatorium im Jahr 1979 in der Kompositionsklasse von N. Sidelnikov und 1971 in der Klavierklasse von M. Meschmulov abgeschlossen. Schon in seiner Studentenzeit hat er sich als große Komponistenpersönlichkeit hervorgetan. Sein Talent hat Nadja Bulanger, als sie sein Werk in Moskau kennen lernte, sehr hoch eingeschätzt. Wladimir Martynow begann seine Laufbahn als einer der radikalsten Köpfe der sovjetischen Avantgarde. Seine dodakaphonisch-seriellen Kompositionen der 70er Jahre zeigen außerordentliche Musikalität, raffinierte Technik und intellektuelle Artistik. Der Schöpferische Ansatz Martynows liegt in komplizierten Evolutionen, in denen sich seine vielseitige Persönlichkeit spiegelt. Martynow beschäftigt sich mit der Musik des 20. Jahrhunderts ebenso wie mit der Musik des Mittelalters und der Renaissance. Er gibt eine Reihe vielfarbiger Hefte für Instrumental-Ensemble heraus - mit Werken von Heinrich Issak, Guillome de Machaud, John Dunstable, Guillom Duffay. Als Sammler und Erforscher von Volksmusik unternimmt er seit einigen Jahren Expeditionen in verschiedenste Regionen Russlands, des Nord-Kaukasus, Zentral-Pamir, und Tadschikistan.

1973 begann er im Moskauer Studio für Elektronische Musik zu arbeiten. Die Beschäftigung mit der Elektronik fällt zusammen mit dem vertiefenden Studium östlicher Religionen und Kulturen und dem westlichen und östlichen Christentum. Im elektronischen Studio realisierte er eine Reihe elektronischer Kompositionen, die sich vom der sog. Avantgarde entfernten und neue ästhetische, ethische und geistige Orientierungen aufzeigen.

Die Zeit zwischen 1976 und 1978 ist eine für seine schöpferische Entwicklung besonders wichtige Periode. Die Abwendung vom "Hyperkonstruktivismus" der Avantgarde zu neuer Einfachheit bezeichnet den Übergang zu minimalistischen Kompositionen (einschließlich Minimal-Musik, historischer Stile und Genres, Art-Rock), zu ihrer Ritualhaftigkeit in der Musik und zu religiösen Themen. 1975-76 nimmt Martynow teil an Konzerten von Ensembles historischer Musik (Blockflöte) mit Werken des 13.-14. Jahrhunderts in Italien, Frankreich, Spanien. 1976-77 tritt er in einem Moskauer Solisten-Ensemble mit Aufführungen von anvantgardistischer, elektronischer und minimalistischer Musik auf (Cage, Schostakowitsch, Ligeti, Riley, Feldman, Silvestrov, Artjomov, Martynow, Pärt und ebenso Musik des westeuropäischen Mittelalters).

1977-78 gründete er seine Rockgruppe "Vorpost" (Leiter, Komponist, Spieler der elektronischen Instrumente), er tritt bei Konzerten, Aktionen und Festivals auf. 1978 gibt Martynow die kompositorische Tätigkeit auf und widmet sich ganz dem religiösen Dienst. Er unterrichtet an der Geistlichen Akademie Troize-Sergiei-Lavra (von 1979 bis jetzt). Er beschäftigt sich mit dem Dechiffrieren und Restaurieren altrussischer geistlicher Gesänge und dem Studium alter Gesangshandschriften aus der Klosterbibliothek. Er schreibt Musik für den Gottesdienst nach dem alten Kanon.

1984 kehrt er zur Komposition zurück. Postmodernismus, Minimalismus, Collage-Technik. Umfangreiche Kompositionen entstehen, wie "come in!", Klagen des Jeremia, Apokalypse, Magnifikat, Requiem, Übungen und Tänze Guido. Er ist auch mit literarischer Tätigkeit beschäftigt, gibt Bücher heraus (4 Monografien) sowie Aufsätze zu religiös-philosophischen und historisch-kulturwissenschaftlichen Themen. Er tritt auf wissenschaftlichen Konferenzen auf.

Im Januar 2002 fand das erste Festival mit Werken von Wladimir Martynow unter dem Titel Tänze des Kali-Yuga statt (Quelle Devotio moderna). Für das Theater hat er viel mit den Regisseuren A. Wassiliev und J. Lubimov zusammengearbeitet.



Aus dem Russischen von
Milo Lohse
Letzte Änderung am 11. Januar 2010