Ástor Piazzolla (1921-1992)

Maria de Buenos Aires

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Maria de Buenos Aires
Entstehungszeit: 1968
Uraufführung: 1968 in Buenos Aires
Besetzung: Solisten und Instrumental-Ensemble
Spieldauer: ca. 90 Minuten

Zur Oper:

Art: Tango-Operita in 16 Bildern
Libretto: Horacio Ferrer
Sprache: spanisch
Ort: Buenos Aires
Zeit: um 1800

Personen:

Das Phantom
Maria
Marias Schatten
Der Straßenjunge
Der alte Anführer der Diebe
Die Analytiker
Die Sonntagsstimme
Weitere: Wissenschaftler, Diebe, Zuhälter, Hurenmütter und Pimpfe

Handlung:

ERSTER TEIL

Es ist dunkle Nacht. Ein Phantom kann nicht schlafen und beschwört durch einen Riss im Straßenasphalt den geliebten Geist Marias herauf, deren Los es sein wird, die Straßen von Buenos Aires zu durchstreifen. Ein junger Mann verliebt sich in das unstete Wesen, wird aber von ihr zurückgewiesen. Er ist betrübt, weil er - aus den unteren Schichten kommend - ihren Ansprüchen nicht genügt und erklärt, dass sie sich eines Tages nach ihm sehnen wird. Maria macht sich auf den Weg in die große Stadt. Hier ist es ihr erlaubt, sie selbst sein zu dürfen und plaudert ununterbrochen über ihre Kindheit. Verführt durch das satanische Bandonéon, gibt sie sich den Klängen der Tangomusik hin. Unbewusst bewegt sie sich hinab in die Unterwelt zu den Dieben und Zuhältern, welche mit ihr nichts anzufangen wissen und gemäß heidnischem Vorbild einen Ritualmord an Maria verüben. Die Hurenmütter horchen ihren Körper ab und stellen fest, dass das Herz nicht mehr schlägt. Das Phantom beschuldigt das Bandonéon, Marias Tod verursacht zu haben und zerschlägt es in zwei Teile.

ZWEITER TEIL

Maria wird im Kaffeesatz vieler Espressos beerdigt. Ihr Grab schmücken künstliche Blumen. Eingeschlossen in ihre Identität und gebunden an die Erinnerung, vagabundiert sie als Schatten rastlos durch die Straßen der Stadt. In der Befürchtung, als reale Person vergessen werden zu können, ritzt sie Botschaften an Bäume und Schornsteine.

Eine Gruppe von Psychoanalytikern fühlt sich berufen, ihren mentalen Status zu prüfen und befragt sie nach ihrer Beschaffenheit. Aber Maria hat nicht viel zu erzählen. Es ist ihr bekannt, dass sie kein Herz hat! Sie arbeitet in einem Recycling-Geschäft und näht hin und wieder an ihren Kleidern. Sie behauptet, ein Geist zu sein - ein Schatten, eine Jungfrau. Das Phantom hört ihre Klage, empfindet Bedauern mit Maria und schickt ihr drei betrunkene Pimpfe, welche ihr die Neuigkeit über das Wunder ihrer Fruchtbarkeit bringen sollen. Die Prozedur der Zeugung ist kompliziert. Man stopft der Ungläubigen ein Veilchen in den Mund und Makkaroni-Kuchen unter den Rock. Eines Sonntags ist es soweit. O Schreck, lass nach! Der Ankömmling ist ein Mädchen. Hat etwa der Schatten Marias sich selbst wiedergeboren?

Beschreibung:

„María de Buenos Aires“ ist keine Oper im konventionellen Sinn. Die beiden Autoren nennen sie Operita, das heißt: Kleine Oper. Auf belcantogeschulte Stimmen wird verzichtet, und Austragungsort der Handlung ist nicht das große Opernhaus, sondern das kleine intime Theater. Das klassische Sinfonie-Orchester wird durch ein kleines Instrumental-Ensemble ersetzt. Die Aufführungspraxis und die Wahl der Stimmfächer variiert.

Es wird keine reale Geschichte erzählt. Eine Kette von Situationen vereinigt sich zu einem Stimmungsgemälde ohne große szenische Aktion. Nichtsdestoweniger ist das Stück effektiv und in seiner intensiven Atmosphäre fesselt es den Besucher bis zum dramatischen Ende.

Maria de Buenos Aires ist die Personifizierung des Tangos in seiner Geschichte, in seiner Entwicklung und in seinem Schicksal. Hält man an dieser Einsicht fest, gewinnt der surrealistische Handlungsablauf an Logik und Nachvollziehbarkeit.

An der „Tango Operita“ hat die Musik, dominiert durch das Bandonéon, mal rasant, dann wieder melancholisch, den Hauptanteil. Sie entwirft die Ära und den Flair von Buenos Aires um 1800. Zahlreiche Emigranten, besonders aus Italien, ließen sich nieder und bauten in den Außenbezirken ihre Hütten. Die ländliche Population drängte in die Stadt und verstrickte sich in Bedürfnislosigkeit und Armut. Gewaltsame Entwicklungsprozesse gaben die Impulse für die Entstehung des Tangos, der dem täglichen Leben einen Hauch von Stimmung verlieh
und ihm die frohen Seiten abgewann.

Piazolla ging das Wagnis ein, durch Hinzufügen von Elementen des Jazz, der ihm aus seiner frühen Kindheit in den USA vertraut war, dem Tango ein neues Gesicht zu verleihen. Er zwängte ihn in das Korsett klassischer Strukturen und machte ihn hoffähig für den Konzertsaal. Die Anfeindung war groß und der Weg dornenreich, bis der Schüler von Alberto Ginastera zum neuen nationalen Idol emporstieg.
Letzte Änderung am 25. Juni 2006
Beitrag von Engelbert Hellen

Suche bei den Klassika-Partnern:
Benutzerdefinierte Suche
jpc Über 1,5 Mio. Produkte
CDs, DVDs und Bücher.
Go
Suchbegriffe:
In Partnerschaft mit Amazon.de