Lebenslauf von Georg Schumann

Bild von Georg Schumann Georg Alfred Schumann (* 25.10.1866 in Königstein/Sachsen; † 23.5.1952 in Berlin) kam als zweites von zwölf Kindern des Stadtmusikdirektors Clemens Schumann zur Welt. Der Vater war sein erster Musiklehrer, und mit ihm trat er eines Tages in Stücken für zwei Violinen und Orchester auf, auch in den beliebten »Waldkonzerten« der Stadtkapelle auf der Festung Königstein. Der Großvater mütterlicherseits, Kantor Friedrich Wilhelm Müller, unterrichtete ihn im Orgelspiel. Nach dessen Tod übernahm der zwölfjährige(!) sogar vorübergehend den kirchenmusikalischen Dienst. Das sogenannte »Schumann-Haus« in Königstein wurde ab 1868 zu seiner Kindheitsstätte und zum Geburtshaus der später ebenfalls berühmten Brüder, dem Organisten und Komponisten Camillo Schumann (1872-1946) und der beiden Geiger Konzertmeister Alfred Schumann (1868-1891) und Kammermusiker der Staatskapelle Dresden Clemens Schumann jun. (1876-1938).

Während Georg dann in Dresden nacheinander von dem sächsischen »Orgelkönig« Carl August Fischer und dem einstigen Julius-Otto-Schüler Friedrich Baumfelder weiter ausgebildet wurde, trat er schon als Solist mit Hummels Klavierkonzert a-Moll auf und erweckte durch eine selbst komponierte Klaviersonate die Aufmerksamkeit des Komponisten und Dozenten Carl Reinecke. Der vermittelte ihm eine Freistelle am Leipziger Konservatorium, wo er von 1882-1888 vor allem bei ihm studierte. In dieser Zeit trat er als Pianist und Komponist erfolgreich in Erscheinung. Begegnungen mit Franz Liszt, Anton Rubinstein, Johannes Brahms, Arthur Nikisch, Gustav Mahler, Joseph Joachim und Max Bruch befruchteten nach und nach Schumanns künstlerische Entwicklung.

Seine im Rahmen eines Kompositionswettbewerbs des Berliner Konzerthauses preisgekrönte »h-Moll-Sinfonie«, die unter 57 eingereichten Werken ausgewählt worden war sowie das Chorwerk »Amor und Psyche« op. 3, 1888, machten ihn schlagartig als formgewandten Komponisten in Deutschland bekannt. Über die schon beachtlichen Stationen des Dirigenten des Danziger Konzertvereines -gerade einmal 24jährig - und 1896 des Philharmonischen Chores und Orchesters in Bremen, gelangte Georg Schumann schließlich 1900 als Nachfolger Martin Blumners zu dem Amt, in dem er wie kein anderer ein halbes Jahrhundert prägendes leisten sollte - seine Berufung im Jahre1900 zum Direktor (1950 Ehrendirektor) der Sing-Akademie zu Berlin.

1907 wurde er Mitglied, 1918 Vizepräsident und 1934 Präsident der Preußischen Akademie der Künste, deren Meisterschule für Komposition er als Nachfolger von Max Bruch von 1913 bis 1945 leitete. Von diesen Positionen aus hat Georg Schumann das Deutsche und insbesondere das Berliner Musikleben entscheidend mit beeinflusst: Gemeinsam mit Richard Strauss und anderen gründete er die Genossenschaft deutscher Tonsetzer - die heutige GEMA -, deren Ehrenmitglied er ist. Er war Mitbegründer des Verbandes Deutscher Konzertchöre, setzte sich im "Hilfsbund für deutsche Musikpflege" für notleidende Künstler ein und holte u. a. Musiker wie Arnold Schönberg an die Akademie der Künste.

Georg Schumann und Johann Sebastian Bach Gegen den Trend der Zeit rang Georg Schumann zeitlebens um eine authentische Wiedergabe der Bachschen Werke. Ohne ihn gäbe es wohl nicht mehr das "Bachhaus" in Eisenach. Er war es auch, der sich durch eine persönliche Bürgschaft für den Erwerb und Erhalt dieses Hauses einsetzte und das Bach-Museum durch Benefizkonzerte und eine rege Sammeltätigkeit förderte. Georg Schumann editierte Werke von Johann Sebastian Bach und seinem Sohn Carl Philipp Emanuel Bach.

52 Jahre Direktor der Sing-Akademie Seit 1900 leitete Georg Schumann die Sing-Akademie zu Berlin. Diese Tätigkeit wurde zu seiner Lebensaufgabe. Ohne die traditionelle Bachpflege zu vernachlässigen, führte er den Chor in dem halben Jahrhundert seines Direktorats an die Moderne heran. Werke von Elgar, César Franck, Verdi, Liszt, Bruckner und Reger sowie zahlreiche zeitgenössische Kompositionen wurden von der Sing-Akademie unter seiner Leitung, oft als Uraufführungen, zu Gehör gebracht. Mit dem auf 600 Mitglieder angewachsenen Chor begann G. Schumann mit Reisen nach Italien, Osteuropa und Skandinavien über Berlin hinaus zu wirken.

  • April/ Mai 1913: Konzertreise der SING-AKADEMIE zu BERLIN nach Mailand, Turin und Bologna; Aufführungen der J. S. Bachschen Passionen sowie des Deutschen Requiems von J. Brahms; Erstaufführungen in Italien
  • Oktober 1926: Konzertreise nach Osteuropa; Prag, Brünn, Wien und Budapest; J. S. Bach, h-Moll-Messe; L. van Beethoven, Missa Solemnis; G. F. Händel, Israel in Ägypten
  • Mai 1927: Konzert in der Mailänder Scala; J. S. Bach, h-Moll-Messe; G. F. Händel, Israel in Ägypten
  • Oktober 1930: Konzertreise nach Stockholm, Oslo, Göteborg und Kopenhagen; J. S. Bach, h-Moll-Messe; G. F. Händel, Israel in Ägypten
  • April 1935: Konzertreise nach Kopenhagen; J. S. Bach, Johannes-Passion; G. F. Händel, Israel in Ägypten
  • März 1939: Konzertreise nach Rom, Neapel, Venedig (Teatro La Fenice), Florenz (Palazzo Vecchio), Bologna; J. S. Bach, h-Moll-Messe, Matthäus-Passion; J. Haydn, Die Jahreszeiten (6 Konzerte in 12 Tagen)


Neben dem Berliner Philharmonischen Orchester, mit dem der Chor regelmäßig musizierte, wurde die Sing-Akademie zu Berlin zum wichtigsten musikalischen Botschafter der Stadt im Ausland. G. Schumann litt wie viele seiner Kollegen unter den politischen Zuständen des III. Reiches, aber trotz zahlreicher Angebote aus dem Ausland hat er "seine Lebensaufgabe" - die Sing-Akademie zu Berlin - nicht im Stich gelassen. Seiner Voraussicht ist es zu verdanken, dass das für die Musikwelt unersetzbare Notenarchiv der Sing-Akademie (1999 in Kiew / Ukraine wieder aufgefunden und 2001 nach Berlin an die Sing-Akademie zu Berlin zurück gegeben) rechtzeitig ausgelagert wurde, bevor Brandbomben das Haus am Festungsgraben zerstörten.

Ebenso gelang es Georg Schumann, die Sing-Akademie zu Berlin dem Zugriff des Propaganda-Ministeriums zu entziehen, indem er sie unter Wahrung ihrer rechtlichen Selbständigkeit der Preußischen Akademie der Künste anschloss. Dies verhinderte ein Verbot nach Kriegsende und sicherte ihr unter alliierter Besatzung das Überleben. Zusammen mit Sergiu Celibidache, dem damaligen Leiter des Berliner Philharmonischen Orchesters, und Hans Chemin-Petit, Komponist und Leiter des Philharmonischen Chores, begann er trotz seines hohen Alters bereits 1945 das Berliner Musikleben wieder zu beleben. Für seine Lebensleistung erhielt er 1951 aus der Hand von Bundespräsident Dr. Theodor Heuss als erster Deutscher das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.



Quellen: Georg-Schumann-Gesellschaft e.V. und Sing-Akademie zu Berlin

Letzte Änderung am 2. Juni 2004