Louis Spohr (1784-1859)

Der Alchymist

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Der Alchymist
Entstehungszeit: 1829/30
Uraufführung: 28. Juli 1830 in Kassel (Hoftheater)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 130 Minuten
Erstdruck: Kassel: Estienne, 1830
Verlag: Berlin: Schlesinger, 1831
New York: Garland, 1985
Opus: WoO 57

Zur Oper:

Art: Romantische Oper in drei Akten
Libretto: Karl Pfeiffer nach einer Vorlage von Washington Irving
Sprache: deutsch
Ort: Granada (Spanien)
Zeit: im Mittelalter

Personen:

Don Felix de Vasquez: der Alchimist (Bariton)
Inez: seine Tochter (Sopran)
Don Alonzo de Castros: ihr Geliebter (Tenor)
Don Ramiro de Loxa: der Nebenbuhler (Bariton)
Paola: Freundin von Inez (Sopran)
Lopez: Spießgeselle von Ramiro
Weitere: Zigeuner, Soldaten, Volk

Handlung:

1. Akt: Geben wir dem Bösewicht den Vortritt, das Ränkespiel zu eröffnen! Er ist rasend verliebt in Inez, die schöne Tochter eines Alchimisten. Dieser hat sein Lager in Granada aufgeschlagen. „Seht dieser Säulen, dieser Hallen Pracht, nur halb besiegt durch der Zerstörung Macht! Ein stolzes Geschlecht mag hier versunken sein, wir setzen uns für heute als Erben ein. Die Sonne sinkt, der Abend winkt nach Tageslast zu süßer Rast.“

Ramiro selbst ist zu ungeschickt, um seine Werbung bei er begehrten Maid zünftig vorzutragen und er wendet sich an Lopez, ein Spitzbube wie er selbst, und bittet ihn um Unterstützung bei seiner Mission. Sie stoßen auf eine Schar Zigeuner - genau das richtige Völkchen, denn Zigeuner verstehen etwas von der Liebe und während des Zigeunerchors öffnet sich der Vorhang.

Er sucht ein Weib? Warum hat er das nicht gleich gesagt? Aus fernen Landen soeben eingetroffen: jung, frisch, üppig und kerngesund. Für hundert Zechinen darf er sich bedienen. Nur ein paar lausige Moneten und er darf kneten und auch treten. Nein, an Liebe pauschal und anonym ist er nicht interessiert. Ramiro jagt einer bestimmten Dame nach und nur diese gilt es voll Inbrunst zu erobern. Mit Sturm und Drang will er der Holden Herz gewinnen. Vereinsamt lebt sie, die bezaubernde Inez, weit oben im Turm, hinter dieses Schlosses Zinnen.

Ganz allein hinter diesem Gemäuer?“ Ach was, mit ihrem alten Vater teilt sie die Unterkunft. Ein Zauberer, Giftmischer, Scharlatan oder sonst etwas ist er. Nichts Genaues weiß man nicht, doch seine Tochter lässt er hier verdorren, der Grobian! Doch jetzt ist er da und er will sie erringen und ihr mitternächtlich ein Ständchen singen lassen.

Lopez gibt den Zigeunern Instruktionen, dass heute Nacht ein Minnelied gefragt ist. Er beschwichtigt den argwöhnischen Ramiro, dass von ihrem Gesang mehr zu halten ist als vom Aussehen dieser verkommenen Gestalten. „Zigeuner sind's und herzensgut. Das Singen und Tanzen steckt ihnen im Blut!“ Gut, Lopez darf ihm bei seiner Werbung behilflich sein, aber zuerst soll ihm daran gelegen sein, sich seiner verwanzten Kleider zu entledigen!

Paola schwelgt derweil in ihren Depressionen!

„So bin ich verraten, verstoßen, verlacht,
aus Träumen von Liebe verzweifelt erwacht;
mit neuen Empfindungen tändelt sein Herz,
und mir, der Betrogenen, bleibt nur der Schmerz.
Ich selbst musst es hören;
o Fluch dieser Nacht,
die mich zur Vertrauten
des Frevels gemacht!
Von ihm musst' ich's hören,
sein eigener Mund
tat laut meine Schmach,
seine Untreue kund!
Und sie, die er liebt, die sein Herz mir entrissen,
wer ist die? Ich muss den Namen der Glücklichen wissen.
Erhört sie ihn, teilt sie des Falschen Verbrechen,
denn wehe ihr, Paola wird schrecklich sich rächen.“

Inez tritt auf und gibt sich ihrer lyrischen Stimmung hin. Paola zieht in ihrer Verblendung den falschen Schluss, dass mit ihrem Sirenenlied ihr Ramiro gemeint ist. In Liebesträumen wiegt sie sich. Doch es kommt jemand und Paola versteckt sich.


Vasquez sieht Licht, welches endlich in klarem Schimmer durch den Dunst bricht. Vor seinem Geist muss die Wolke jetzt endlich schwinden. Das Ziel ist nicht mehr fern, welches er so heiß erstrebt, nun weiß er, dass er nicht umsonst gelebt hat. Die dunkle Schrift, die einst der Vorzeit Wissen schrieb und der ganzen Welt bisher ein Rätsel blieb, ihm gab sie heute geheimnisvolle Zeichen. Doch dem geweihten Blick wird bald der Schleier weichen. Endlich kann der Wissenschaftler einen Erfolg vermelden.


Alonzo, welcher hinter seiner Tochter her ist, umklammern ganz andere Gedanken. Befällt Inez keine Ahnung, die ihr im Busen blüht, dass hier ein Herz für sie erglüht? Hat die Liebe keine Sprache, die auch nur stumm zur Seele dringt und keine Saite, die empfindend widerklingt? Darf ein Traumgebild' ihr nahen, das Alonzos Züge trägt? Ja, er fühlt in seinem Herzen: Inez wird nun sein. Mögen alle ihn verlassen, jeder andre Stern verblassen. Inez wird sein Sternbild sein.


Paola macht sich bemerkbar. Ein Wink des Himmels schickt ihr diesen Laffen. Leicht lässt sich mit dem Geck die Nebenbuhlerin vom Hals ihr schaffen. Sie denkt nämlich völlig falsch, dass es Inez ist, die ihrem Ramiro nachjagt und spricht Alonzo an: „Auf ein Wort, mein schöner Edelmann.“ Sie sei ihm wohl gesonnen und sie weiß, er liebt Inez voller Wonnen. „Wie konnte sie das erraten?“ Doch sein Täubchen dort oben im Schlafgemach schwebt in Gefahr, setzt Paola ihre Warnung in Umlauf. „Wie, nein! Wieso? Warum? Wär's wahr?“ Paola bekräftigt, dass ein gieriger Geier seiner Liebsten nachstellt. Dem Schurken bricht Alonzo noch das Genick. O, geplant ist also ein Missgeschick!


Um Mitternacht will Ramiro Inez ein Ständchen bringen, hat aber offenbar keinen günstigen Zeitpunkt gewählt. Oben am Fenster fackelt ein Licht. Es brodelt, zündelt und qualmt. Dann gibt es eine kleine Explosion. Was macht der Mystiker da oben? Welchen Mummenschanz treibt er? Wo ist Lopez nur mit seinem Saiteninstrument? Da ist er schon, denn Lopez hilft, wenn es im Haus und Herzen brennt.

Der Zigeunerchor strengt sich an: „Die Zither klingt, der Ritter singt von Liebespein und Hoffnungsschein. Die Dame wacht in dunkler Nacht. Sie wacht und lauscht, was drunten rauscht.“

Ramiro ist enttäuscht, dass kein Zeichen kommt, welches Gewährung ihm verspricht. Alonzo bemerkt befriedigt: „Sie zeigt sich nicht! Wohl mir, sie liebt ihn nicht!“

Ramiro nimmt mit seiner Liebeswerbung einen neuen Anlauf: Es kümmert ihn nicht, dass es hinter dem alten Gemäuer brennt, denn er ist ganz mit seinen Gefühlen beschäftigt.

„Die Rosen blüh'n auf Deinen Wangen,
die Lilien Dir im Angesicht,
die Töne hält Dein Mund gefangen,
die Sterne Deiner Augen Licht.
Was mir nun übrig bliebe?
Nichts ohne Deine Liebe.
Du selbst o schöne Herrin, werde mein
und neu belebt wird mir die Erde sein.“

Die Zigeuner begutachten spöttisch: „Die Zither klang, der Ritter sang, doch schnöden Lohn trägt er davon. Sie löscht das Licht und dankt ihm nicht.“


Der Alte muss erst aus den Mauern, schimpft Ramiro, denn er stört. Wird nur erst die schöne Tochter sein. Der Vater mag zu Gottes Ehre brennen. Alonzo bekommt die letzten Worte noch mit. Nun hat er Gelegenheit, seine schwarzen Pläne noch zu durchkreuzen.

Wenden wir uns dem Schwelbrand zu! „Weh, alles hin“ tönt Vasquez' Stimme und meint damit bestimmt sein bisheriges Forschungsresultat. Was geschehen sei, will Alonzo wissen! Bei allem Liebesgetöse hat man den zündelnden Vater ganz vergessen. Es ist still geworden und drinnen schimmert es feurig rot. Ist er etwa tot? Umsonst, und niemand ist, der ihm Hilfe schafft.

„Er lebt, betäubt nur sank er nieder. Schnell! Frische Luft! Dann erwacht er wieder. Zerrüttet ist sein Geist. Was er er erstrebt, was er gewollt wird nimmer ihm erfüllt. Der Hoffnung Schein, der ihn belebte ist nun in tiefe Nacht gehüllt.

Inez' Hilferuf hatte Erfolg. Alonzo rettet ihren Vater aus der Bedrängnis. Allzu schwierig war es nicht, denn ein großes Flammenmeer, aus dem der Alte gerettet werden musste, hat es nicht gegeben. Das kalte Gemäuer hat sich widersetzt. Die Menschen nehmen sein Drama eingebildeter Natur gelassen.
2. Akt: „Es ist schon spät und Lopez noch nicht da!
Ich kann nicht ruh'n, seit ich das Mädchen sah!
Ist's Zauber, den ihr Auge an mir übte?
Sie ist doch nicht die erste, die ich liebte,
und sicher wird sie nicht die letzte sein,
und doch, noch nie empfand ich solche Pein,
solch ängstlich Sorgen, ob der Plan gelinge,
ob ich der Spröden Gunst erringe!
Wenn Lopez nur – doch ich darf ruhig sein,
es kann nicht schief gehen, heut noch wird sie mein.“

Endlich hört er den Riegel sich bewegen. Doch es ist nur Paola, die im Mienenspiel ihre Enttäuschung erkennen lässt, dass er nicht sie erwartet, obwohl er ihr tausendmal schwor, dass er ihr Herz erkoren hat. Was soll das jetzt? Wer ließ sie herein? Sieht sie nicht, dass er beschäftigt ist? Seine Geschäfte kennt sie. Der Falsche soll nicht hoffen, sie zu täuschen. Sie ist zwar nur ein Weib, doch weiß sie Schmach zu rächen. So wagt die Sklavin zu dem Herrn zu sprechen? Frei ist sie geboren und nur ihr Herz hat ihn zum Herrn erkoren.

Jetzt holt Paola zu einer Standpauke aus und hält ihm einen Vortrag über Kulturgeschichte. Die Hallen, in denen er sich bewegt, sind nicht für ihn gebaut worden! Es ist ihr Erbe und die Brüder trieb das Schwert der Christen hinaus. Ihr habt Euch geteilt, was ihr lächelnd uns geraubt. Die Mutter beugte sich dem christlichen Kreuz, um ihr Leben und das ihres Kindes zu retten. Doch fern von allem, was uns teuer war, bot jeder Tag uns neue Schmerzen. Ein Stern blickte freundlich auf sie nieder, in seiner Liebe fand sie alles wieder.

Doch heute weiß sie, dass sie sich getäuscht hat und alles nur freches Blendwerk war. In ihren Adern fließt das Blut des Volkes, das er ins Elend stieß. Noch einmal beuge sich der stolze Sinn, noch einmal sinkt sie flehend vor ihm hin und beschwört ihn: „Lass ab von ihr, die Deinen Sinn betört. Brich nicht ein Herz, dass ewig Dir gehört.“ Paola soll aufstehen! Wäre sie immer schön gewesen, so wie sie jetzt flehend vor ihm steht, wäre er ihr vielleicht treu geblieben. Doch es ist zu spät; er liebt sie nicht mehr. Mit dem giftigen Pfeil des Spottes durchbohrt er ihr betrogenes Herz. Doch ihn ereilt die Strafe Gottes, droht ihm Paola, aber sie wird blutiger Schmerz quälen.

„Der Traum der Liebe ist entschwunden,
kein Flehen ruft ihn mehr zurück.
Vergiss die Schwüre flücht'ger Stunden
und störe länger nicht mein Glück.“

Nicht länger fleht Paola um Erbarmen, doch eher will sie untergehen, als ihn in einer anderen Armen Paolas Schmerz verspottet sehen. Ihn konnten ihre Tränen rühren, doch ihrer Drohung lacht er nur. Was er gewollt wird er auch ausführen, trotz eines Weibes Racheschwur. Jetzt hat Paola genug davon, geschmäht und verhöhnt zu werden und wird sich nun der Rache widmen.

Ramiro verlangt von Lopez Auskunft, ob er seine Weisungen gewissenhaft ausgeführt hat. Er soll ihn immer brav bezahlen, dann wird er auch keinen Grund zu klagen haben. Don Vasquez und Töchterchen Inez habe er heimlich ausspioniert. Er wandelt im Garten der Generalife. Sein Turm, das Laboratorium, ist explodiert. Es scheint, als ob er von nun an im Garten schliefe. Es sei ein Leichtes, sein Töchterlein zu entführen. Ramiro bedankt sich, aber Lopez erkundigt sich, wie es um seinen Lohn bestellt sei.

Der findige Plan habe noch einen Haken. Alonzo, ein Jüngling, sei dem Fräulein sehr zugetan und weiche ihm nicht mehr von der Seite. Ramiro kennt den Schelm schon und er habe Vorsorge getroffen, dass er schnell beiseite geschaffen werde. Dem Vater, Don Castro de Valencia, hat er in unmissverständlichen Ton von des Sohnes Schattenseiten schon berichtet – von Unmoral und Triebe statt Liebe. Nun hat der stolze Vater ihn nach Hause beordert. Paola hat hinter dem Busch heimlich gelauscht und schimpft Ramiro einen Lumpen und Intriganten.

Lopez soll Ramiro verraten, wie das Spiel mit dem Alten stehe. Die Verschwörung ist nicht mehr aufzuhalten. Verkleidet und vermummt ging Lopez vor den Thron unserer alten Inquisition. Und hat er Don Vasquez an die Pfaffen verraten? Er erwähnte so – en passant – seine heimlichen Taten: Ewige Jugend, Stein der Weisen – wegen Gotteslästerung legt man ihn nun in Eisen. Paola, die heimliche Lauscherin hat alles mitbekommen, wie der Lump intrigiert hat.

Lopez versprach der Inquisition noch Zeugen, das kostet Geld und für ihn Provision. Ramiro gibt Lopez einen Beutel Zechinen. Er soll den Alten verhaften lassen: „Ihm blutet das Herz, der arme Alte.“ Bis ich sein Töchterchen in Händen halte, wird er die Folter schon verkraften.

Obwohl sie noch immer in ihn unrettbar verliebt ist, lässt Paola kein gutes Haar an Ramiro.

„Vor keinem Frevel scheut sich der Verräter.
Zum Meineid bahnt er sich durch Mord den Pfad.
Doch schwör' ich's bei den Seelen meiner Väter,
er freut sich nie der Früchte seiner Tat.“

Könnte sie Inez nur vor dem Abgrund warnen! Zu spät, sie wohnt nicht mehr in diesem Haus. Verkleidet wird sie sich den Räubern anschließen. Sie sträubt sich, in Ramiro einen Feind zu hassen, obwohl er sie betrogen und verlassen hat. An ferne schöne Tage träumt die Seele sich zurück und lauscht der Liebe süße Klagen, schwelgt in des Geliebten Blick.

Vasquez nennt Alonzo seinen Sohn! Dem wäre es lieber, wenn er ihn als seinen Schwiegersohn bezeichnen würde. Er ist jung und findet seinen Schatz und ewige Jugend findet seinen Platz. Wenn er von Inez spricht, soll er sich keine Sorgen machen - er wird immer für sie da sein. Die beiden reden aneinander vorbei, denn Vasquez will ihn als seinen Schüler anwerben und Alonzo denkt, er spricht von den Flitterwochen. Seine Sprache ist ihm zu abgehoben. Sein Mentor liebt das astrale Feuer und der Jüngling das irdische Abenteuer!

Inez soll ihre schönen Augenlider öffnen, damit er darin lesen kann, was sein Herz begehrt. „Geliebte sprich, willst Du die meine sein?“ „O lies in meinem Herzen, es ist Dein.“ Die gegenseitigen Liebesschwüre wollen kein Ende nehmen.

Inez wird entführt. Sie ruft nach Alonzo. Paola erregt sich: „Weh, es ist gescheh'n“. Alonzo wendet sich an Lopez: „Verräter, lass sie geh'n“ und erhält von ihm zur Antwort, er habe sie heute das letzte Mal geseh'n. An Vasquez gewandt erklärt er diesem, man lade ihn vor das heilige Gericht. „Hilfe, man hat mir sein Kind geraubt!“ „Alter, sorg' Dich um Dein eigenes Haupt.“ Ramiro freut sich: Der Plan gelang. Nun fort mit seinem schönen Fang.
3. Akt: Bevor Felix de Vasquez vor dem Inquisitionsgericht erscheint, hat er eine Vision. In seinem Kopf geht alles durcheinander. Was erblickt er? „Das Dunkel wird Licht! Himmlischer Adler – es rauscht Dein Gefieder. Löwe dein harrend – o senke Dich nieder! Alles vorbei. Höllische Geister – aus flammender Gruft, Hohngeschrei zischt durch die glühende Luft!“

Der Inquisitor eröffnet dem Sträfling, dass er vor dem Feuer nicht zu retten ist. „Der Traum hat Dir den Tod geweiht. Der Gott der niemals ihn verzeiht bis er sich dem Teufel abgewandt.“ Zu welchem Frevel, welcher Schuld soll er sich denn bekennen? „Mit Satan im Bund hat er sich verschworen und dabei des frommen Christen Seele verloren mit dunkler Magie, Du gotteslästerlicher Häretiker.“ Vasquez bestreitet, dass er sich böser Geister bedient habe, sein Werk erschuf er mit eigenen Händen. Vom Himmel erflehte er nur ein Licht.

Der Inquisitor bezweifelt, dass sich solchen Flehen die Himmelpforten öffnen. Stets hat er Luzifer gedient. „Im Feuerofen soll sein Leben enden. Spricht er sich etwa nicht frei, von Hexenkunst und Ketzerei?“ Vasquez zitiert Avicenna, der den Stein gefunden, und Aeneas von Gaza, der sich mit dem magischen Erz auskannte. Der Inquisitor bemüht sich nicht, etwas von seinen Ausführungen zu verstehen. Er sieht nur, dass er Mauren, Heiden und Christen miteinander vermengt. Vasquez ereifert sich, dass jene Meister aus den guten Quellen spiritueller Magie schöpften und Moses, der Erfinder der Alchemie, feinen Sand verrieb, um daraus das goldene Kalb zu schaffen. Jetzt hat er sich mit seinen Ausführungen im eigenen Netz gefangen und wird im Flammentod verderben. Moses war kein Christ, sondern Jud. An seinen Schriften klebt das Blut der verderblichen schwarzen Magie. Was verstehen die Franziskaner schon Alchemie und von theosophischer Terminologie? Er unterwirft sich nur der Gnade Gottes. Dem Abtrünnigen winkt niemals das Paradies und er sieht keine Bereitschaft zur Buße. Der nächste Schritt ist das Autodafé.

Doch Vasquez fragt sich, was aus Inez, seiner Tochter werden wird? Er stellt Betrachtungen an, dass er bald vor seinen Richter geführt wird und auf dem Holzstoß sein Leben enden soll. Der Unschuld Sprache hat die Justiz nicht gerührt und keine Macht löst ihn aus ihren Händen. Wenn er sein Haupt dem Flammentode auch gern entgegen trägt, so lässt er sein Kind auf der sturmbewegten Erde allein zurück. Was wird ihr Los sein, wenn der teuren Inez der Vater entrissen wird? Im Himmel auf alle Fälle werden sie einst wieder vereint.

Inez macht Ramiro schwere Vorwürfe, weil er ihn der Inquisition ausgeliefert hat, obwohl der alte Mann ihm nichts getan hat. Hilflos ist sie nun in des Verräters Händen. Sie möge ihm bitte vergeben. Liebe war die Kraft, die ihn trieb. Aber er kann des Vaters Schicksal noch umlenken. Wenn es noch möglich wäre, soll er den Vater nicht in den Flammen untergehen lassen, bittet Inez. Wird sie ihm als Preis dafür ihre Liebe geben? Er spottet ihrer Tränen, die letzte Hoffnung schwindet dahin. Er will ihn töten. Hat sie es wohl bedacht? So sei dies seine letzte Nacht. Die heilige Jungfrau soll ihr Herz nicht wanken lassen und sie von dieser Höllenpein befreien. Der Bösewicht malt Inez das Ende des Vaters aus:

„Noch eh der Morgen graut
ist schon der Scheiterhaufen ihm erbaut.
Du siehst das Volk zu seinem Richtplatz wallen.
Du hörst die dumpfe Todesglocke schallen.
Die Flamme schlägt in wilder Wut empor.
Es hallt sein letzter Schrei zu Deinem Ohr.“

Wird ihr Herz den falschen Stolz nicht bereuen, der sie zum Vatermörder macht? Inez rechnet damit, dass mit ihrem Tod auch ihre Qual endet. Sie soll sich entschließen, denn noch hat sie die freie Wahl. Hier
winkt der Liebe Glück in seinen Armen und dort der Reue ewig neuer Schmerz. Inez fleht, er soll ihr den Dolch ins qualzerissene Herz stoßen.

„Doch dies stolze Widerstreben regt zu neuer Glut mich an.
Sie muss sich mir ergeben, selbst das Leben setzt' ich dran.
Ja, ich will mein Werk vollenden,
wie sie sich auch sträuben mag.
Ließ ich sie aus meinen Händen,
träf' mich ewig Hohn und Schmach.“

Der Kerl ist fort. Paola kommt und will Inez behilflich sein, den Vater aus seinen Ketten zu befreien, doch Inez will in ihrem Schmerz allein gelassen werden. Auf Alonzo soll sie nicht hoffen, er ist nach Valencia gereist. Sie kluge Retterin hat herausgefunden, dass es zu des Vaters Verlies einen Geheimgang gibt. Er war das Opfer von Ramiros Ränken. Inez schuldet Paola für ihre Befreiung ewig Dank. Jetzt aber schnell zu des Vaters Folterbank!

Der Käfig ist leer, das Vögelchen fort. Ramiro reckt den Hals nach Inez. Hat der Schurke Lopez ihn etwa verraten? Was sollte ihn verleiten zu solch billigen Taten? Er soll die Spur aufnehmen.

FINALE

Das Volk ist zu Hinrichtung erschienen.

„Auf gold'nen Wolken naht der Morgen,
der Sonne erster Strahl erglüht.
Heil dem, der ohne Schuld und Sorgen
dem jungen Tag entgegen sieht.
Doch wehe, wer im Grau'n der Nächte
die schwere Schuld zu bergen strebt,
und mit der Hilfe finstrer Mächte
vom Heiligtum den Schleier hebt!
In Flammen muss er untergehen,
verdammt vom heiligen Gericht!
Des Zaubrers Todesqual zu sehen
ist guter Christen fromme Pflicht.“

Alonzo ist noch rechtzeitig von Valencia zurückgekehrt. Er bittet vor dem Volk, eingelassen zu werden. Es gilt ein Menschenleben zu retten. Der Verurteilte sei kein Zauberer. Sie sollen nicht säumen, ihm öffnen und zu seinen Richtern zu lassen. „Freunde lasst mich ein. Für seine Unschuld will ich Bürge sein.“

„Die Zeit rückt vor, die Glocken tönen. Der Holzstoß ist für ihn bereit. Möge er sich erst mit Gott versöhnen beim Eintritt in die Ewigkeit. Inez bittet, den Eingang freizugeben und die Angst der Tochter zu respektieren. An seinem Wort hängt das Glück ihres Lebens. Die Soldaten bedauern, denn sie sind an ihre Pflicht gebunden. Inez bittet darum, sich ihrer Pein zu erbarmen. Das Volk weist darauf hin, dass das Mädchen jung und schön ist, und dass man es nicht vergebens flehen lassen soll. Die Soldaten bewegt Mitleid und sie lassen sich überreden.

Ramiro taucht auf und gibt sich zufrieden, dass er noch rechtzeitig gekommen ist. Inez sieht schwarz. Wer rettet sie aus seinen Händen? Sie fleht zu tauben Wänden. Doch unerwartet erhält sie Schützenhilfe von Lopez. Dem hilflosen Mädchen soll sich keiner nahen. Ramiro warnt ihn, Freunden soll man nicht in den Rücken fallen. Weiß er nicht, dass das Mädchen seine geistig behinderte Schwester ist? Inez klagt, dass er auch sie wie ihren Vater auch ermorden will. Doch Ramiro versucht die Oberhand zu behalten.

„Durch schwere Krankheit ist ihr Geist verwirrt,
so hat sie träumend sich hierher verirrt.
Von Feinden wähnt sie immer sich bedroht.
Selbst von dem Bruder fürchtet sie den Tod.“

Inez wehrt sich. Auch wenn Leid und Angst ihr das Herz zerreißen, sei ihr Geist nicht zerrüttet. Die Leute sollen sich durch eines Räubers Lügen nicht betören lassen. Ramiro will Inez mit sich fortzerren, da tauchen Alonzo und Vasquez auf. Die Schwerter klirren aufeinander. Es kommt zum Zweikampf zwischen den beiden Rivalen und das Volk schaut begierig zu. Vasquez versucht Frieden zu stiften, aber Ramiro fällt. Das Volk kommentiert: „Ohne Beichte muss er sterben und in der Sündenlast verderben!“ Zu Inez gewandt, bemerkt Alonzo, dass sie jetzt ihm gehöre. Paola sieht Ramiro in seinem Blut liegen und durch die offene Wunde das Leben entfliehen. Sie macht dem Paar Vorwürfe, denn an den Toten war ihr Herz gebannt. Ganz tot ist Ramiro aber nicht, denn er machte den Mund auf und bittet Paola um Verzeihung. Aufs Neue will sie ihm ihr Leben weihen, ihn gesund pflegen und anschließend in Kloster gehen.

„Über tief gebeugte Herzen steigt der junge Tag empor,
doch die Tränen, doch die Schmerzen wandeln sich zum Freudenchor.“
Letzte Änderung am 23. August 2015
Beitrag von Engelbert Hellen

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