Lebenslauf von Ernst Toch

Bild von Ernst Toch 7.12.1887 Wien - 1.10.1964 Santa Monica (Kalifornien, USA)

Ernst Toch wuchs in Wien auf und studierte zunächst Philosophie und Medizin in Wien und Heidelberg. Als Komponist Autodidakt begann er mit Klavierstücken im spätromantischen Stil (Stammbuchverse für Klavier, 1905) und Streichquartetten nach seinem großen Vorbild Mozart. Sein 6. Streichquartett op. 12 (1905) wurde 1909 vom Rosé-Quartett uraufgeführt. Seine Kammersymphonie F-Dur (1906) wurde 1909 mit dem Mozart-Preis der Stadt Frankfurt / Main ausgezeichnet. Von da ab widmete er sich ausschließlich nur mehr der Musik. Er studierte am Hoch?schen Konservatorium bei Willi Rehberg (Klavier) und Iwan Knorr (Komposition) und erhielt 1913 eine Professur für Klavier und Komposition an der Mannheimer Musikhochschule. 1910 erhielt er den Mendelssohn-Preis und 1910-13 viermal den österreichischen Staatspreis für Musik. 1914-18 diente er in der k.u.k. Armee an der Italienfront. Während eines Heimaturlaubes 1916 heiratete er die Bankierstochter Lilly Zwack. Nach dem Krieg kehrte er nach Mannheim zurück, wo er weitere 10 Jahre an der Musikhochschule unterrichtete.

Mit dem 9. Streichquartett op. 26 (1919) fand er zu einem neuen Stil, der zunächst durch erweiterte Tonalität und kunstvolle Polyphonie geprägt war. Er widmete sich auch dem neuen Medium Rundfunk (z.B. Musik mit Paul Hindemith) und schuf mit der "Fuge aus der Geographie" das erste Stück für Sprechchor (1930). Ab 1922 war Toch regelmäßig in Donaueschingen vertreten, 1926 z.B. mit den Drei Stücken für Welte-Mignon-Klavier. Ein langfristiger Vertrag mit dem Verlag Schott bot ihm ein gesichertes Leben als freier Komponist. Es entstanden die Klavierstücke Burlesken (1923), Fünf Capricetti (1925) sowie das Konzert für Klavier und Orchester op. 38 (1926). Dieses Werk erlebte damals zahlreiche Aufführungen mit den bedeutendsten Interpreten und Dirigenten (W. Gieseking, E. Ney, W. Furtwängler, W. Steinberg, P. Monteux u.a.); 1932 ging er damit auf seine erste große USA-Tournee. 1928 übersiedelte er mit seiner Familie nach Berlin. Hier entstanden Bühnenwerke wie "Die Prinzessin auf der Erbse" (H.C. Andersen, 1927) und "Egon und Emilie" (C. Morgenstern, 1928) und das Opern-Capriccio "Der Fächer" (Ferdinand Lion, 1930).

Nach Hitlers Machtergreifung musste auch er sein Heil im Exil suchen: im April 1933 war er in Paris, im Herbst dann in London, wo er Filmmusiken (u.a. Katherina die Große, Regie P. Czinner) schrieb. 1935 folgte er einer Einladung der New School for Social Research in New York, während der Atlantiküberquerung entstanden die Big Ben-Variationen für Orchester. Mit Filmkompositionen für Hollywood begann der Komponist seine Existenz im Exil aufzubauen. Seine neue Heimat wurde Kalifornien, wo er an der University of Southern California Professor für Komposition und Philosophie war. Seine Gastvorlesungen an der Harvard University fasste er in der Schrift "The Shaping Forces in Music" (1948) zusammen. Nach 1950 entstanden sieben große Symphonien, von denen die 3. Symphonie op. 75 (1954) den Pulitzer-Preis 1957 erhielt. Mit dieser Musik kehrte er wieder zum spätromantischen Stil seiner Jugend zurück. 1960 wurde ihm der Grammy Award verliehen.

In seinen letzten Lebensjahren beschrieb er sich oft mit den Worten: "The world's most forgotten composer of the 20th century". Er war und ist leider nicht der Einzige ...

[Beitrag von Andreas Sperlich]
Letzte Änderung am 12. Januar 2013