Giuseppe Verdi (1813-1901)

Ernani

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Ernani
Entstehungszeit: 1844
Uraufführung: 9. März 1844 in Venedig (Teatro La Fenice)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 135 Minuten
Erstdruck: Mailand: Ricordi, 1844 (Klavierauszug)
Verlag: Mailand: Ricordi, 19xx
Zusatzinformationen: Bildergalerie
Libretto

Kaufempfehlung:

CD: Klassika CD-Kaufempfehlung bei jpc
[Details]
Ernani (Coviello, DDD, 2018)
Giuseppe Verdi (1813-1901)

»Marcus Bosch, der Tschechische Philharmonische Chor Brünn und die Cappella Aquileia machen in bewährter Präzision und gemeinsam mit einem handverlesenen Sänger-Ensemble das erste große Stück vertonter Weltliteratur aus Verdis Feder zum intensiven Musik-Drama-Erlebnis.« (CLASS: aktuell)

»... hört man diese Aufnahme gerne, weil Bosch durch flexible Tempi aus Verdis Frühwerk ein packendes Ganzes macht.« (Fono Forum, Mai 2020)

weitere ...

Zur Oper:

Art: Dramma lirico in vier Akten
Libretto: Francesco Maria Piave nach Victor Hugos Schauspiel „Hernani“ von 1830
Sprache: italienisch
Ort: Spanien und Aachen
Zeit: 1519

Personen:

Ernani: zunächst ein Bandit, später Herzog von Aragon (Tenor)
Don Carlos: zunächst König von Spanien, später als Karl V. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (Bariton)
Don Ruy Gómez de Silva: Grande von Spanien (Bass)
Elvira: seine Nichte und zunächst seine Verlobte (Sopran)
Giovanna: Elviras Amme (Sopran)
Don Riccardo: Waffenträger des Königs (Tenor)
Jago: Waffenträger Don Silvas (Bass)
Weitere: Banditen, Ritter, Gefolgsmänner, Höflinge, Pagen und Hofdamen

Handlung:

1. Akt: DER BANDIT (IL BANDITO)

In den Bergen von Aragon lagert eine Räuberbande. Sie fühlt sich vom Leben enttäuscht und sucht Abwechslung bei Wein und Würfelspiel. Das Gold ist ein eitler Schatz, der immerzu den Besitzer wechselt. Die Gelangweilten wollen spielen, weil ihnen das Leben keine anderen Annehmlichkeiten zu bieten hat. Im Dickicht am Bergeshang sind der Dolch und die Muskete ihr einziger Freund. Wenn die Nacht hereinbricht sind schreckliche Höhlen ihr Kissen. Das Leben hat nicht viel zu bieten, deshalb wollen die Bergbewohner wenigsten im Wein Freunde finden, denn im Vollrausch ist das Leben am ehesten zu ertragen.

Man stellt fest, dass Ernani traurig und sorgenschwer ist. Warum ist das Gesicht des heldenhaften Mannes so blass? Man hat sich vorgenommen, das Schicksal mit dem charismatischen Mann im Leben und im Tode zu teilen, obwohl man nicht genau weiß, wer er eigentlich ist. Ihr Herz haben sie ihm geschenkt und ihren Arm haben sie ihm geliehen. Ihr Selbstbewusstsein ist grenzenlos: Es gibt keinen Sterblichen, den ihr Dolch nicht verwunden könnte und der Pfeil trifft sicher sein Ziel.

Ernani bedankt sich bei seinen Freunden für ihre große Liebe. Sie sollen die Besorgnis seines Herzens hören und, wenn ihm Hilfe verweigert wird, ist Ernani vielleicht für immer verloren. Wie der Tau auf eine vertrocknete Blume fällt, so rührte eine aragonesische Jungfrau sein Herz. Die erste Regung der Liebe seit langer Zeit hat ihn trunken gemacht. Ausgerechnet der alte Silva, dem das Schloss in der Ferne gehört, wagt es, ihr seine Hand anzutragen und schon morgen hofft er, seine Nichte auf unmenschliche Art ins Hochzeitsbett zu zerren. Ihm hat man sie entrissen und ohne sie stirbt er vor Gram. Der Chor schafft Abhilfe: Man könnte sie entführen, aber wird sie auch mitkommen? Ernani ist sich sicher. Man will warten, bis dunkle Nacht den Himmel bedeckt, und dann Gefährten der Tat sein. Gegen die Henkersknechte des Nebenbuhlers werden ihre Dolche ihn schützen. Die schöne Liebste soll ihnen als Stern leuchten und der Preis seines Heldentums soll die Süße der Liebe sein. Im Schmerz der Verbannung soll ein Engel ihn trösten. Wenn auf ihrem Antlitz das Lächeln erstrahlt, vergisst Ernani seine Qualen.

SZENENWECHSEL

Elvira befindet sich in ihrem Gemach in der Burg und schaut grübelnd in die Nacht hinaus. Silva ist nicht zurückgekehrt und sie wünscht sich, dass er niemals zurückkehren werde. Die unreine Seele des alten Mannes verfolgt sie ständig. Er will immerzu über Liebe mit ihr sprechen, obwohl doch ihr Herz einem anderen gehört.

„Ernani, Ernani involami“ ist die schönste Kavantine, die Giuseppe Verdi für die Oper „Ernani“ komponiert hat. Er soll kommen und sie aus der verhassten Umarmung befreien und mit ihr fliehen. Dienerinnen tragen Hochzeitsgeschenke herein und sind der Ansicht, dass die jungen Männer Iberias sie beneiden werden. Teure Juwelen sendet ihr der Bräutigam. Die Edelsteine werden ihre Schönheit noch betonen und wie eine Königin wird sie ausschauen. Morgen wird sie jeder beglückwünschen. Doch Elvira schüttelt den Kopf. Es gibt keinen Edelstein, der ihren Hass in Liebe umwandeln könnte. Die Dienerinnen quittieren, dass Elvira zwar die Braut, aber nicht verliebt ist, weil sie keine Freude zeigt.

Es gibt noch jemanden, der Elvira besitzen möchte und einen Tag vor ihrer Hochzeit mit Hilfe Giovannas in ihr Gemach eindringt. Es ist Don Carlos, seines Ranges König von Spanien. Warum hat Elvira ihm den Frieden geraubt? Seine Liebe und seine Macht verfängt bei der Edeldame nicht. Wie er in Erfahrung gebracht hat, bevorzugt sie einen Räuber. Einen letzten Versuch will er noch wagen.

Elvira begegnet dem Verehrer förmlich: „Sire, ist es wahr, Sie persönlich, dazu noch zu dieser Stunde?“ Eine gewaltige Liebe zog ihn her. Elvira bezichtigt ihn der Lüge, doch Carlos bestreitet und behauptet, dass ein König nicht lügt. Er drängt Elvira, mitzukommen. Zur Zierde seines Hofes will er sie machen. Doch Elvira fürchtet um ihre Ehre. Ein Räuber habe ihr Herz hochmütig gemacht. Jedes Herz bewahrt ein Geheimnis. Seit dem Tag, als Carlos sie zum ersten Mal erblickte, war es mit seinem Frieden aus. Nun soll sie mitkommen und ihres Königs Freude und Leben sein. Jedoch fließt in ihren Adern stolzes aragonisches Blut. Das Strahlen der Krone kann man nicht über die Gesetze des Herzens heben. Elvira versucht, den Dialog abzubrechen und behauptet, dass die Liebe eines Königs ein zu großes Geschenk ist, dessen sie sich nicht würdig fühlt. Carlos ist es nicht gewohnt, abgewiesen zu werden. Elvira kennt den König nicht mehr. Sie wird es schon erfahren. Oh, welches Grauen. Elvira fürchtet sich.

Jetzt wird es aber endlich Zeit, dass Ernani kommt und die Fronten klärt. Der König ist maßlos erbost über den Störenfried. Die Empörung seiner Seele sagt ihm, dass er seinen Erzfeind vor sich hat. Er beschimpft ihn als Bandit und albernen Majestätsbeleidiger, muss sich aber zügeln, um es sich mit Elvira nicht restlos zu verderben. Von seinen Machtmitteln macht er keinen Gebrauch und begnadigt den Rivalen hochmütig. Ernani hält dem König vor, dass er ihn seiner Ehre und seiner Güter beraubt habe. Nur in ihrem Hass und in ihrer Liebe zu Elvira empfinden sie gemeinsam.

Dem Hausherrn bleibt der Tumult in seiner Burg nicht verborgen. Eingedrungen in den heiligsten Teil seines Hauses, neben ihr, die eines Silvas Gemahlin wird, sieht er zwei Betrüger. Er ruft die Dienerschaft herbei, die Zeuge der Schmach und der Schande werden sollen, die des Herren Haus traf. Silva bedauert sich selbst, dass er seiner schönen unschuldigen Lilie geglaubt habe. Nun lastet Schande auf seinem grauen Haupt. Warum hat er sich nur ein junges Herz in seiner Brust bewahrt? An die beiden jungen Hähne gewandt, verkündet der Alte, dass die Verletzung seiner Ehre nicht ungerächt bleiben soll. Er ruft nach seinem Waffenträger, er soll ihm eine Axt und ein Schwert bringen, weil die erlittene Schmach auf der Stelle getilgt werden soll. Der Opernchor stellt fest, dass das edle Herz des Schlossherrn nicht fähig ist, seinen Zorn zu verbergen. Ernani und Carlos versuchen vergeblich, den Rasenden mit Worten zu beschwichtigen. Don Riccardo, der Waffenträger des Königs, sorgt dafür, dass die Situation nicht ausufert.

Ernani will seinen Dialog mit Carlos noch zu Ende führen. Er erklärt, dass er immer ein Anhänger des Königs war, nun wird er in jeder Stunde die Rute der Rache sein. Nur durch einen Mord wird sich die zürnende Seele seines toten Vaters besänftigen lassen. Die Flamme des Hasses, die in seiner Seele brennt, soll auf diese Weise zum Erlöschen gebracht werden. Klugerweise rät Elvira zur unverzüglichen Flucht. Sie versichert ihm, dass sie ihm Liebe und Treue bewahren wird. Carlos sonnt sich im Glanz der Kaiserkrone, die man ihm bald auf das Haupt setzen wird. Silva und Jago ist endlich klar geworden, dass der Aufenthalt des zukünftigen Kaisers in der Burg doch eigentlich eine Ehre bedeutet. Der König sei eigentlich hergekommen, um sich mit dem Alten über das Protokoll anlässlich seiner Kaiserkrönung in Aachen zu unterhalten. In der Burg habe er sich verlaufen und sei versehentlich im Brautgemach gelandet. Der Zorn ist vergessen und die Ruhe des Meeres kehrt zurück. Einem glänzenderen Haupt hat man noch niemals die Krone aufs Haupt gesetzt. Carlos, dem die Liebe Spaniens gehört, verdient die ganze Welt. Er bekommt ein Nachtquartier, allerdings nicht im Brautgemach.
2. Akt: DER GAST (L'OSPITE)

Der herrlichste Saal in der Burg Silvas ist gleichzeitig auch die Ahnengalerie. Der Opernchor fordert die Anwesenden auf, sich zu freuen und Fröhlichkeit zu verströmen. Kein schönerer Tag als dieser schien je auf sie hernieder. Eine Blume, welche die Zierde des Gartens ist, duftet vom unberührten Stiele. Diese schöne duftende Blume bricht und riecht der edle und liebenswürdigste Ritter, der jetzt mit seiner Weisheit siegt wie einst mit seiner alles überschattenden Heldenhaftigkeit. Sei diese Ehe, wie sie es verdient, glücklich. Die Freude an den Kindern soll nicht ausbleiben. Klugheit und Schönheit der Eltern werden sie besitzen.

Silva hat sich prachtvoll hergerichtet und erscheint im Aufzug eines spanischen Granden. Jago führt einen Pilger herein, der um Gastfreundschaft nachsucht, die er auch sofort erhält. Gastfreundschaft war den Silvas immer heilig und wird es auch bleiben. Wer er ist und woher er kommt, will Silva gar nicht wissen, weil Gott ihn gesandt hat. Näher hingeschaut würde er seinen Nebenbuhler erkennen. Eine Tür öffnet sich und Elvira mit Pagen und Schleppenträgerinnen tritt ein. Silva stellt sie als seine Braut vor. Warum hat Elvira sich nicht mit der Herzogskrone und dem Ring geschmückt?

Ernani hat ein ungewöhnliches Hochzeitsgeschenk anzubieten: seinen Kopf. Elvira ist zu Tode erschrocken. Silva stellt völlig korrekt fest, dass Ernani, der darum bittet, dem König ausgeliefert zu werden, seinen Verstand verloren haben muss. Nun, Ernani genießt Gastrecht und dem Alten würde es niemals einfallen, ihn auszuliefern - er schwört es. Diese großzügige Geste weiß Ernani überhaupt nicht zu schätzen. Er vergisst völlig, an welchem Ort er sich befindet, stößt Elvira verachtungsvoll von sich und beginnt zu lamentieren. Elvira hält es nicht unter ihrer Würde, sich zu rechtfertigen. Sie habe nur deshalb der Hochzeit zugestimmt, weil sich die Nachricht verbreitet habe, er sei ums Leben gekommen. Sie sei nicht so sündhaft, wie er grausam ist. Einen Dolch hält sie in ihren Kleidern verborgen, mit dem sie getreu ihrem Schwur sich am Altar entleiben wolle. Ernani entschuldigt sich - wenigstens etwas - und bittet Elvira, ihre Tränen zu trocknen. Ihre liebe Stimme klingt in seinem Herzen gewaltiger als der Schmerz. Beide haben jetzt nur noch einen Wunsch - in gegenseitiger Umarmung zu sterben, um himmlische Wonnen schon im voraus zu kosten. Im Himmel können sie ihren Gefühlen, die ihnen auf Erden nur Unheil gebracht haben, ungestört nachgehen.

Gestört wird die Situation durch Jago, der die Meldung bringt, dass der König mit seiner Truppe am Burgtor steht und Einlass begehrt. Nach kurzem Nachdenken befiehlt Silva, das Tor zu öffnen. Ernani fleht, ihn zu töten. Silva lehnt ab. Um seine grausame Schmach zu rächen, braucht er keinen König. Er möchte sich hierzu etwas besonderes ausdenken. Vorerst gilt es, den Gast in der Burg zu verstecken. Die Geheimtür befindet sich hinter seinem Porträt, hinter dem der Eindringling nun verschwindet. Ernani bittet darum, Elvira zu schonen und Rache nur an ihm zu nehmen.

Die Sprache von König Carlos ist sehr direkt, was ihn sympathisch macht. Barsch will er von seinem
Vetter wissen, weshalb der Saal so festlich gerüstet sei. Schwatzhafte Grafen und Herzöge haben ihn aufgeweckt. Für ihn sei es eine Kleinigkeit, Nattern in ihren Felsenhöhlen ausfindig zu machen und zu erwürgen. Silva verbeugt sich und beteuert seine Loyalität. Der König erklärt, dass er die Aufrührer auseinander gejagt hat, doch es geht das Gerücht, dass einer der letzten in seiner Burg Zuflucht gefunden habe. Er soll ihm Ernani unverzüglich übergeben oder - Carlos verspricht es - das Feuer wird hier alles verzehren. Er weiß sehr wohl, dass der König sein Wort hält.

Silva ist zu stolz, um zu leugnen, und erklärt seine Moral. Ein Pilger sei hergekommen und habe in Gottes Namen um Obdach gebeten und es erhalten. Er mag nicht sein Verräter sein. Will der Ruchlose nun etwa seinen König verraten? Die Silvas sind keine Verräter! Der König bietet die Wahl zwischen zwei Köpfen, den Ernanis oder den des Hausherrn. Ob er versteht? Don Riccardo nimmt ihm das Schwert ab. Seine Begleiter sollen jeden Winkel der Burg durchsuchen und den Verräter finden. Treu ist dieser Fels, wie sein Herr. Der König macht ihm weiterhin Angst, doch der Alte ist zuversichtlich, denn der König kann nicht die Unehre des Herzogs wünschen. Der Opernchor hat die Burg durchsucht und eine Anwesenheit des Gesuchten nicht feststellen können. Die Wachen werden entwaffnet. Ewig wankelmütig, rät der Chor gegen den Widerspenstigen keine Gnade walten zu lassen. Folter wird nun angekündigt. In höchster Not erscheint Elvira, wirft sich dem König zu Füßen, und bittet, das Herz des Königs rühren zu dürfen. Das Gockelsyndrom erwacht in Carlos. Zärtlich hebt er Elvira auf. Als Unterpfand von Silvas Loyalität wird er sie als Geisel mitnehmen. Silva verlegt sich auf Bitten. Der König kann ihn nicht in den Tiefen seiner Seele verletzen und ihm die Braut entführen. Er liebe sie und im Alter sei sie seine einzige Stütze auf Erden. Elvira soll er ihm nicht wegnehmen, seinen Kopf kann er dagegen bekommen. Was ist mit Ernani? Silva wird nicht treubrüchig! Carlos wendet sich an Elvira, dass sie ihm folgen soll. Er will ihr Leben mit Rosen bestreuen. Die schmerzhaften Stunden werden mit der Zeit vergehen. Deshalb soll sie ihre Tränen von ihrem blassen Gesicht trocknen, ihr Glück ist sichergestellt und Annehmlichkeiten werden in Zukunft auf sie niederprasseln. Elvira bleibt uneinsichtig. Genetisch bedingt ist sie offenbar genau so verstockt wie der Alte. Sie meint, dass das grausame Schicksal ihre Qualen verlängern würde. Giovanna und der Frauenchor orakeln, dass es den Tod Silvas beschleunigen würde, wenn Elvira ihm entrückt wird. Der Herzog selbst sieht die Situation völlig anders. Der brennende Durst nach Rache wird ihn nicht zur Ruhe kommen lassen und seinen Tatendrang anstacheln. Der König findet es müßig, noch länger zu verhandeln, und zieht Elvira mit sich fort. Die treue Giovanna darf auch mitkommen.

Silva schaut unbewegt zu, wie der König und sein Gefolge sich mit Elvira entfernen, doch dann erwacht ihn ihm Handlungsbedarf. Er begibt sich zu Ernanis Schlupfwinkel und fordert ihn auf, ihm auf das freie Feld zu folgen. Zwei Schwerter hält der in der Hand und lässt Ernani wählen, weil er sich mit ihm duellieren will. Der Geforderte verweist altersbedingt auf die ungleichen Chancen und hat keinen Einwand, sich einfach erstechen zu lassen, nur Elvira möchte er noch einmal sehen. Ernani ist entsetzt, als er hört, dass der König seine Liebste mitgeschleppt hat. Es bricht aus ihm heraus, dass es dem König nicht um ein Pfand geht, sondern dass er Elvira als Mätresse besitzen möchte. Silva ist außer sich und ruft zu den Waffen. Ernani kann dem Alten klar machen, dass es unpraktisch wäre, ihn jetzt zu töten - man könne die Sache auch vertagen. In Zusammenarbeit ließe sich der unerwünschte Nebenbuhler besser erledigen. Gelobt Ernani Treue? Er gelobt nicht nur, sondern gibt auch eine Zusicherung. Dem Alten überreicht er sein Jagdhorn als Unterpfand. Wenn er zu einer von ihm gewählten Zeit in das Horn stößt, wird Ernani sich selbst den Tod geben. Hass und Rache vernebeln beiden die Sinne. Mit ihren Kampfgefährten reiten sie dem König und seinem Tross hinterher. Wer Widerstand leistet, stirbt früher.
3. Akt: DIE GNADE (LA CLEMENZA)

Die Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs findet in Aachen statt. Carlos ist sich sicher, dass man ihn wählen wird. Mit seinem Waffenträger Riccardo nimmt er zunächst eine Ortsbesichtigung der Krypta vor, dort werden angeblich Verschwörer auf ihn lauern. Während der Wartezeit, bis entschieden ist, wem die schönste Krone der Welt gehören wird, will er sich im Grabmal Kaiser Karls einschließen. Aus dem Versteck will er beobachten, wer die Verschwörer sind. Elvira an der Seite Riccardos soll ihm die positive Nachricht seiner Wahl überbringen.

Die Liga der Verschwörer, in dunkle Umhänge eingehüllt, treten durch Seiteneingänge in die Krypta ein. Die Parole heißt „ad augusta“. Silva hat sich zum Anführer der Liga gemacht. Er stellt zunächst fest, dass alle Geladenen gekommen sind und kein Feigling unter ihnen ist. Anschließend verkündet er, dass Carlos sich nach dem heiligen Kaisertum sehnt, was es zu verhindern gilt, denn er hat die Rechte und Bräuche Iberias verletzt. Viele möchten den Dolchstoß gern ausführen - die Mordwaffe wurde zuvor an den Grabsteinen gewetzt - entscheiden wird das Los. Auf umgedrehten Täfelchen steht der Name „Ernani“, der befugt ist, die Mordwaffe zu führen. Dieser ist über die Legitimation erfreut. Silva will ihm die Ehre abschwatzen und drängt ihm seine Immobilien auf. Als letztes Mittel, seinen Willen durchzusetzen, zeigt er auf das Horn, welches sein Leben augenblicklich beenden könnte. Ernani nimmt die Drohung nicht ernst und ist nicht bereit, der Nötigung nachzugeben. Jeder Berg Kastiliens soll von dem schrecklichen Aufschrei des Kaisers widerhallen. Hierzu kommt es aber nicht, denn die Kanonen bestätigen bereits die im Eiltempo abgeschlossene Kaiserwahl.

Plötzlich öffnet sich das Tor zum Grabmal und alle denken, es sei Karl der Große, der aus seinem Todesschlaf nun furchtbares Gericht über die Verschwörer abhalten will. Die Verwirrung ist grenzenlos. Nun öffnet sich auch das Haupttor und die Kurfürsten und spanischen Würdenträger treten ein. Auf einem Kissen tragen sie die Krone und die Insignien des Reichs herein. Riccardo erklärt laut, dass Karl der Fünfte einstimmig zum Kaiser gewählt wurde. Das Purpurkissen wird entlastet und die Utensilien verteilen sich auf Haupt und Hände des Gewählten.

Carlos hält eine Ansprache und beginnt mit dem, was ihn am meisten bewegt. Er identifiziert sich mit dem Willen des Himmels und dieser will, dass die Verschwörer hart bestraft werden. Zum Zittern ist es jetzt zu spät. Die Adeligen werden vom gemeinen Volk getrennt. Auf sie wartet das Beil des Henkers, während für die zum Gehorsam verpflichteten nur an Kerker gedacht ist. Ernani zählt man zum gemeinen Volk, was diesem gar nicht passt. Er tritt vor und bittet, ihn allein zum Tode zu verurteilen, weil er allein die Verantwortung übernimmt. Er begibt sich zu den Adligen und stellt sich der Versammlung als Herzog von Segovia und Cardona vor. Don Juan von Aragon soll man in ihm erkennen. Sein Anliegen sei es, der Rächer seiner Heimat und seiner Eltern zu werden. Er bittet den König, ihm das Haupt abzuschlagen zu lassen. Der Angesprochene versichert, dass diese Prozedur für ihn kein Problem sei.

Doch niemand hat mit dem Einschreiten Elviras gerechnet. Sie wirft sich dem Imperator vor die Füße und bittet, dem unbedeutenden Staubkorn, welches der vorlaute Herzog doch letzten Endes sei, zu vergeben. Es sei der Himmel, der durch sie zu ihm spricht. Welcher Kaiser hört es nicht gern, wenn der Himmel in aller Öffentlichkeit sich ihm zuwendet? Ein kurzes Zwiegespräch mit Karl dem Großen, dessen Großzügigkeit er nachahmen will, bringt die Wende. Er verzeiht allen, die sich gegen ihn vergehen wollten, und führt Elvira kurz und bündig in die Arme Ernanis, weil sie ihm jetzt nicht mehr ins Konzept passt. Brautleute sollen die beiden sein und sich für immer lieben.

Ruhm und Ehre sei Karl dem Großen. Von den Versammelten wird diese Ehre auch auf Kaiser Karl den Fünften übertragen. Ernani und Elvira finden, dass die kaiserliche Krone auf den Haaren von Carlos in einem neuen ungewöhnlichen Licht glänzt.

Don Ruy Gómez de Silva fällt die Kinnlade herunter. Seine Locken haben die Haare weiß gefärbt, doch sein Hass ist unaussprechlich. Nur des Hasses wegen lebt sein Herz noch in seiner Brust. Nach Rache schreit die verletzte Ehre.
4. Akt: DIE MASKE (LA MASCHERA)

Der prächtige Palast von Don Juan d'Aragon befindet sich in Saragossa. Nachdem der König selbst Elvira mit Ernani zusammengeführt hat, scheint einer Vermählung nichts im Wege zu stehen. Erneut wurden Vorbereitungen zur Hochzeit getroffen und Gäste eingeladen. Ernani befürchtet, dass ein ungebetener Gast erscheinen wird, und auch Elvira rechnet insgeheim mit dem Erscheinen des Onkels. Zu schwer lastet auf diesem die Schmach, die man ihm wiederholt angetan hat. Der Opernbesucher wird es vielleicht nicht gutheißen, aber Verständnis aufbringen, wenn Silva die legalen Mittel seiner Möglichkeiten nach Rache voll ausschöpft.

Man erinnere sich an das Horn, welches Ernani dem Alten einst in einem Anfall von Aberwitz gegeben und die Zusicherung daran geknüpft hat, sich unverzüglich selbst zu töten, wenn es erschallt. In einem völlig unpassenden Augenblick macht der zynische Alte von seiner Macht Gebrauch. Elvira kann sich die Unruhe ihres Gatten, die diesen plötzlich überfällt, nicht erklären, als aus der Ferne ein Hornruf ertönt. Das Jagdhorn ertönt nachdrücklich ein zweites Mal. Beim dritten Mal steht Herzog Don Ruy Gómez de Silva in eine schwarze Kapuze gehüllt wie ein Todesengel auf der obersten Stufe. Er wirft seinen Umhang ab und hält Mordutensilien in den Händen: Dolch und Gift.

Auch Elviras Bitten und Flehen, vom Bräutigam notdürftig aufgeklärt, hilft diesmal nicht. Der Betrogene, seiner Braut und seiner spanischen Ehre beraubt, bleibt unerbittlich. Er will Ernanis Tod und bezeichnet ihn als eidbrüchigen Lügner. Was ist nun wertvoller, das Leben oder die Ehre? Ernani wäre nicht Spanier, wenn er sich nicht für das zweite entscheiden würde. Nun darf er noch die Prozedur des Ablebens wählen. Nachvollziehbar entscheidet er sich für den Stahl. Der Tod ist kurz und schmerzhaft, aber klinisch sauber im Gegensatz zum Gift. Bevor es zu Ende geht, werden zwischen den Liebenden noch Betrachtungen angestellt - der Opernchor hält sich ausnahmsweise pietätvoll zurück - über die Unüberlegtheit, die zu dieser Situation geführt hat, und über die schrecklichen Auswirkungen. Mit dem letzten Atemzug des Geliebten bricht Elvira über seiner Leiche leblos zusammen. Todessehnsucht ist typisch romantisches Gedankengut: Was auf Erden nicht hat sollen sein, kann man im Himmel verwirklichen. Man tauscht lediglich die Gefilde.
Letzte Änderung am 15. März 2010
Beitrag von Engelbert Hellen

Suche bei den Klassika-Partnern:
Benutzerdefinierte Suche
jpc Über 1,5 Mio. Produkte
CDs, DVDs und Bücher.
Go
Suchbegriffe:
In Partnerschaft mit Amazon.de