Heitor Villa-Lobos (1887-1959)

The Emperor Jones

(Kaiser Jones)

Allgemeine Angaben zum Ballett:

Titel: The Emperor Jones
Titel deutsch: Kaiser Jones
Anlass: Auftrag von José Limon (1908-72)
Entstehungszeit: 1956
Uraufführung: 13. März 1957 für das amerikanische Fernsehen
Besetzung: Orchester
Spieldauer: ca. 20 Minuten

Zum Ballett:

Art: Ballett in einem Akt nach dem Drama von Eugene O’Neill
Ort: Karibik
Zeit: 19. Jahrhundert

Personen:

Brutus Jones
Weitere: Berater und Revolutionäre

Handlung:

Eigentlich ist Brutus von Beruf Bahnschaffner, aber widrige Umstände nötigten ihn, aus den Staaten zu fliehen. Und nun ist er auf einer kleinen Karibik-Insel angekommen. Bullig von Gestalt und bauernschlau im Kopf, gelingt es dem Wagemutigen und Prahler, sich zum Herrscher der Insel aufzuschwingen. Eine schmucke Operettenuniform und ein schneeweißer Palast sind die äußeren Attribute seiner Machtentfaltung. Der Weg zur Macht ist mit Leichen gepflastert, und die Zustände auf der Insel ähneln denen Haitis. Kaiser Jones tyrannisiert seine Umwelt und hat seine Leibwache bereits soweit gebracht, sich gegen ihn zu stellen. Diese bilden nun eine Opposition und Brutus Jones ist sich nicht schlüssig, ob er verharren soll oder sich verstecken muss. In seinem hellhäutigen Berater hat er einen geduldigen Zuhörer seiner Prahlereien, die sich auf seine angeblich erfolgreiche Herrschaft oder seine gefüllten Auslandskonten beziehen. Unbeständigen Charakters möchte er Smithers entweder umarmen oder erschießen. Am liebsten wäre Brutus selbst Europäer hasst seine Landsleute und sein afroamerikanisches Erbe.

Die Lage spitzt sich zu, und Brutus entschließt sich zur Flucht auf sicheren Wegen durch den nächtlichen Dschungel - einer besseren Zukunft entgegen.

Konkreten Gefahren konnte er stets begegnen, aber was nun auf ihn einstürzt, ist ein mörderischer Albtraum. Urängste steigen in ihm auf. Die Laute des Dschungels, die Trommeln in der Ferne, kreischende Tierlaute mischen sich zu einem Sound, der das längst tot geglaubte Gewissen wachrüttelt. Er fürchtet die Rache seiner Opfer, die sich in jeglicher Gestalt verbergen und auf ihn eindringen. Die Hitze der Nacht, die alten Rituale lassen ihn innerlich nicht zur Ruhe kommen. Das nackte Entsetzen erfasst ihn, und er beichtet seine Morde Erlösung suchend dem Gott, den er vorher verachtet hatte. Halluzinationen lassen seine Opfer vor ihm auftauchen, und innerlich bereits aufgelöst bricht er vollends zusammen. Seine Widersacher greifen und erschießen ihn.

Beschreibung:

Das Szenario von „The Emperor Jones“ stützt sich auf das berühmte Drama von Eugene O’Neil, welches bei seinem Erscheinen in den USA im Jahre 1920 eine Sensation auslöste. Die turbulenten Zustände Haitis standen offenbar Pate, als der Dramatiker seine Geschichte vom schwarzen amerikanischen Flüchtling, der auf einer kleinen Karibik-Insel Fuß fasste und zum Tyrannen aufstieg und scheiterte, konzipierte.

Eine Revolte brach aus, und Brutus musste in den Dschungel flüchten. Hier erreichten ihn seine tiefeingewurzelten Ängste und gewannen die Oberhand. Seine Opfer, gegen die seine Pistole machtlos war, verbargen sich in jeglicher Gestalt, um Rache zu üben. Seinen Halluzinationen erlegen, sammelten seine Widersacher den seelisch Aufgelösten ein und richteten ihn hin.

O’Neill wusste um die musikalischen Möglichkeiten seines Psychodrams und fand in dem Komponisten Villa-Lobos und dem Tänzer Limón die idealen Partner, seine Vorstellungen umzusetzen. Das Duo drang zum Herzen des Dramas weitaus tiefer vor, als es Louis Grünberg gelingen konnte, der im Jahre 1933 das Stück als Oper vertont hatte.

Der Dschungel ist das geistige Terrain, in dem Villa-Lobos seine musikalischen Erfolge sammelte und dessen Atmosphäre er in feinsten Nuancierungen wie kein anderer wiederzugeben vermochte. Im Alter von 69 Jahren komponiert, verkörpert „Kaiser Jones“ sein letztes Ballett. Von mexikanisch-amerikanischer Abstammung, war José Limon der ideale Interpret des von seinen Urängsten zu Tode gepeinigten Tyrannen.

Die Partitur galt als verloren, bis der Dirigent Jan Wagner, geboren in Caracas, diese im Archiv des Limon-Institutes in New York wiederfand und es mit dem Odense Symphonie Orchester im Jahre 1999 erneut aus der Taufe hob.
Letzte Änderung am 28. Juli 2006
Beitrag von Engelbert Hellen

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