Lebenslauf von Agathe Backer-Grøndahl

Bild von Agathe Backer-Grøndahl Agathe Ursula Backer-Grøndahl wurde am 1. Dezember 1847 als dritte von vier Töchtern des Reeders und Konsuls Nils Backer (1815-1877) und seiner Frau Sophie, geb. Smith-Petersen (1819-1882), in Holmestrand/Norwegen geboren. Die Eltern erkannten früh das große musikalische Talent der Tochter und zogen, um ihr eine bestmögliche Ausbildung angedeihen zu lassen, nach Christiania (Oslo). Dort wurden u. a. Otto Winter-Hjelm (1837-1931) und Halfdan Kjerulf (1815-1868) ihre Klavierlehrer, von Ludvig Mathias Lindeman (1812-1887) erhielt sie Unterricht in Musiktheorie und Komposition.

Gegen den Willen ihrer Eltern studierte sie dann zwischen 1865-1869 in Berlin an der Neuen Akademie der Tonkunst - einem Privatinstitut, das auf die Pianistenausbildung spezialisiert war - Klavier bei Theodor Kullak (1818-1882) sowie Harmonielehre und Komposition bei dem Mendelssohn-Schüler Richard Ferdinand Würst (1824-1881). In diesen Berliner Ausbildungsjahren hatte sie ihre ersten Konzertauftritte; auch entstanden in dieser Zeit ihre ersten Werke - ein Andante für Klavier und Orchester sowie ein Scherzo für Orchester.

1868 debütierte Agathe Backer-Grøndahl in Christiania als Pianistin unter dem Dirigat von Edvard Grieg (1843-1907) erfolgreich mit Beethovens 5. Klavierkonzert; Konzertauftritte als Pianistin und Kammermusikerin in allen skandinavischen Ländern sowie England, Frankreich, Polen und Deutschland folgten in den nächsten Jahren. Parallel dazu nahm sie einige Monate weiteren Klavierunterricht bei Hans von Bülow (1830-1894) in Florenz und besuchte einige Klavier-Meisterkurse bei Franz Liszt (1811-1886) in Weimar.

1875 heiratete Agathe Backer-Grøndahl den Gesangslehrer und Chordirigenten Olaus Andreas Grøndahl (1827-1923), mit dem sie nach Christiania zog, wo ihre vier Kinder zur Welt kamen, von denen das erste einige Monate nach der Geburt starb. Da die finanzielle Lage der Familie nicht sehr gut war, unterrichtete sie weiter täglich und fand kaum noch Zeit zum Komponieren. Angebote bezüglich einer Professur für Klavier am Peabody Conservatory of Music in Baltimore/USA (1875) sowie einer Klavierdozentur am Musikkonservatorium in Helsinki/Finnland schlug sie aus, um sich mit ihrer Familie in Oslo ein gemeinsames Leben aufbauen zu können.

Ihre Konzerttätigkeit gab Agathe Backer-Grøndahl aber auch in dieser – für sie als Mutter, Ehefrau, Pädagogin und Künstlerin - schwierigen Zeit niemals auf. So spielte sie 1885 in Stockholm Schumanns Klavierquintett Es-Dur und 1889 bei der Weltausstellung in Paris unter dem Dirigat ihres Mannes Edvard Griegs Klavierkonzert a-Moll. Im selben Jahr bat Grieg sie, diese Komposition noch einmal in Bergen / Norwegen unter seiner Leitung zu spielen, was sie mit großem Erfolg tat. Anlässlich eines ihrer Konzerte 1889 in London bezeichnete der Musikkritiker George Bernhard Shaw sie enthusiastisch als „one of the greatest pianists in Europe“ (Nils Grinde, Agathe Backer-Grøndahl, in: Clara Mayer (Hrsg.), Annäherung XIII - an sieben Komponistinnen, Kassel 2003, S. 119).

Ab ca. 1900 gab Agathe Backer-Grøndahl - infolge ihrer zunehmenden Taubheit und stetig abnehmenden gesundheitlichen Konstitution - das öffentliche Konzertieren mehr und mehr auf und widmete sich nur noch dem Unterrichten und dem Komponieren. Am 4. Juni 1907 starb sie auf der Insel Ormöya im Oslofjord – ihrem hauptsächlichen Wohnsitz in den letzten Lebensjahren.

Agathe Backer-Grøndahl ist in ihrer Zeit nicht nur als exzellente Konzertpianistin und Kammermusikerin, sondern auch als herausragende Komponistin bekannt gewesen. 1875 wird sie zum Mitglied der Kungliga Musikaliska Akademien ernannt und 1885 erhält sie vom schwedischen König Oskar II. - als eine weitere Anerkennung ihrer musikalischen Leitungen - die Medaille „Pro liberis et artibus“. Ihr reiches musikalisches Schaffen umfasst - neben zwei Orchesterkompositionen aus den Berliner Studienzeit - ca. 120 Klavierstücke, 180 Liedkompositionen (darunter viele Volkslied-Bearbeitungen) sowie zahlreiche Chorwerke, von denen die meisten noch ihren Lebzeiten im Druck erschienen sind.



Dieter Michael Backes
Letzte Änderung am 9. Februar 2014