Lebenslauf von Félicien-César David

Bild von Félicien-César David Félicien-César David wurde am 13. April 1810 in Cadenet (Frankreich), das damals ca. zweitausend Einwohner zählte, geboren. Seine Eltern starben als er fünf Jahre alt war und hinterließen vier Kinder, von denen Félicien der jüngste war. Mit acht Jahren wurde er nach Aix-en-Provence geschickt, um dort Chorknabe zu werden. Zu dieser Zeit komponierte er bereits. Mit dreizehn Jahren schrieb er sein erstes Streichquartett. Zwei Jahre später, 1825, trat er ins Jesuitenkolleg von Saint-Louis ein. So ist es nur natürlich, daß er vornehmlich mit geistlicher Musik in Berührung kam, besonders wohl mit den Werken Haydns, Mozarts und Cherubinis.

Mit achtzehn Jahren verließ er jedoch wieder das Kolleg, um in der Kanzlei seines Schwagers zu arbeiten. Er sah hierin die einzige Möglichkeit, sich vorerst sein Leben zu finanzieren. Gleichzeitig hatte er aber das Glück, als Assistenz-Dirigent am Theater in Aix-en-Provence angestellt zu werden. Allerdings blieb er nicht lange dort, denn schon zwei Jahre später, also im Jahre 1830 brach er nach Paris auf, um dort am Conservatorium (Luigi Cherubini war damals Direktor) zu studieren. Zu seinen Lehrern zählten u.a. M.M. Fétis, Benoist und Reber. Anfangs bekam David etwas Geld von seinem Onkel, doch es war gerade so viel, um überleben zu können. Und nach einiger Zeit versiegte auch diese Quelle, so dass er Musikunterricht geben musste, um nicht hungern zu müssen.

Eventuell war seine schwierige finanzielle Lage mit ein Grund, weshalb er Saint-Simons utopische Lehre von einer gerechteren Gesellschaft mit offenen Ohren aufnahm, aber auch seine Erziehung bei den Jesuiten mag dazu beigetragen haben, denn Saint-Simons Lehre entwickelte sich damals mehr und mehr zu einer religiösen Bewegung. Jedenfalls schloss sich David 1832 einer Gruppe der Saint-Simonisten an, die in Ménilmontant - außerhalb von Paris - lebten. Er komponiert nun Musik für die täglichen Tempel-Rituale, trägt die Kleidung der Saint-Simonisten und lebt im Zölibat.

Die Ideale der Saint-Simonisten waren damals (30 Jahre nach der Französischen Revolution) weit verbreitet und auch Persönlichkeiten wie Hector Berlioz oder Franz Liszt zeigten vorübergehend Interesse für sie. Nachdem sich B.-P. Enfantin im Jahre 1825 zum obersten Priester ernannte, entwickelte sich der Saint-Simonismus schnell zu einer obskuren Sekte, von der sich auch der Staat bedroht fühlte. Enfantin wurde ins Gefängnis geworfen und die Gruppe für aufgelöst erklärt. Enfantin hatte das Erscheinen eines weiblichen Messias angekündigt, und so brachen 24 Mitglieder unter der Führung von Émile Barrault nach Ägypten auf, um dort nach ihm (bzw. ihr) zu suchen. David gehörte zu der Gruppe (angeblich hatte er sein Klavier im Reisegepäck), die jedoch auseinander brach, nachdem sie unerwarteten Schwierigkeiten begegnete. Die Saint-Simonisten wurden zunächst vom Sultan von Konstantinopel verhaftet, dann aus der Stadt verwiesen. Sie wurden von den Franziskanern in Jerusalem mit Misstrauen betrachtet und die Cholera stellte eine ständige Bedrohung dar. Trotzdem (oder gerade deswegen?) machte die Reise einen tiefen Eindruck auf David. Er besuchte neben Konstantinopel und Jerusalem auch Zypern, Smyrna, Jaffa, Kairo und Alexandria. Dort, in Alexandria bietet ihm der Pascha sogar an, für immer als Freund in seinem Palast zu leben, was David jedoch ablehnt. Vielleicht konnte er sich ein Leben in einer für ihn so fremden Umgebung nicht vorstellen, vielleicht erschreckte ihn aber auch die damals (1835) in Alexandria wütende Pest, die täglich zweihundert Tote forderte.

Nach fast zwei Jahren in Ägypten kehrte David nach Paris zurück, wo er seine Reiseeindrücke in Kompositionen umsetzte. Zunächst brachte dies ihm keinen großen Erfolg. Das änderte sich erst im Jahre 1844, in dem "Le Désert", eine Mischung aus Programmsymphonie, Oratorium und Melodram, welche Davids Reise durch die Wüste schildert, erschien. "Le Désert" hatte bei der Uraufführung am 8. Dezember einen sensationellen Erfolg und wurde dann in vielen anderen europäischen Städten aufgeführt. David war nun eine bekannte Persönlichkeit, was seinen folgenden Werken, die zunächst auch meist orientalisches Kolorit aufwiesen, zugute kam. Sein vielleicht größter Erfolg folgte 1862 mit der Oper "Lalla Roukh" (nach dem gleichnamigen Versepos von Thomas Moore - 1817). So war David ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Verbreitung eines romantischen Orientbildes, das in dieser Zeit Europa beherrschte. Gounod, Saint-Saëns, Koechlin, Bizet, Delibes, Lalo, aber auch Verdi, Balakirev und später Arensky komponieren Werke mit orientalischen Themen. Diese Entwicklung ist von erstaunlicher Dauer und findet ihre Fortsetzung sogar bei Carl Nielsen (Aladdin Suite - 1919) und Ottorino Respighi (Belkis, Queen of Sheeba - 1932). Aber nicht nur in der Musik lässt sich diese Strömung nachweisen, auch in fast allen anderen Kunstformen, man denke nur an Delacroixs Gemälde oder Flauberts Roman "Salammbô" (1862).

David schrieb recht viele Werke mit orientalischen Themen. Zu nennen sind u.a. "Les Brises d'Orient" und "Les Minarets" (beide für Klavier) oder das Oratorium "Moïse au Sinai". Aber auch seine Werke, die nicht im Zusammenhang mit orientalischen Themen stehen, sollten nicht vergessen werden: seine Klaviertrios, seine Symphonien, die Oden-Symphonie "Christophe Colombe" oder die Oper "Le Perle du Brésil". Doch genau dies geschah sehr schnell nach Davids Tod. Er starb am 29. August 1876 in St. Germain-en-Laye, wahrscheinlich an der Schwindsucht. Er erreichte zu seinen Lebzeiten beachtlichen Ruhm und dadurch auch finanzielle Unabhängigkeit. Doch seine Werke haben es verdient, auch heute noch gehört zu werden, denn sie üben eine eigenartige Faszination auf den aus, der bereit ist, sich dem zu öffnen, was David uns zu sagen hat.
Letzte Änderung am 1. Mai 2004