Lebenslauf von Jacqueline Fontyn

Bild von Jacqueline Fontyn Am 27. Dezember 1930 wurde Jacqueline Fontyn in Antwerpen geboren. Sie hatte zwei ältere Schwestern, Henriette (Yetty) und Denise. Ihre Mutter sang und spielte Klavier, wodurch in Jacquelines Elterhaus viel musizierte wurde. Als dreijähriges Kind war Jacqueline schon so von der Musik fasziniert, dass sie kleine Melodien auf dem Klavier erfand und spielte. Mit fünf Jahren erhielt sie den ersten Klavierunterricht bei Ignace Bolotine. Bei ihm lernte sie die Klavierliteratur kennen und es wurde in jeder Unterrichtsstunde improvisiert. Erst mit acht Jahren ging sie, nach zwei Jahren Privatunterricht, in eine öffentliche Schule. Die Musik füllte das Leben des Kindes so aus und nahm so viel Zeit in Anspruch, dass für außermusikalische Aktivitäten wenig Zeit blieb.

Mit sechs Jahren komponierte sie bereits ihre ersten Stückchen. Mit 14 Jahren entschied sich die junge Jaqueline Komponistin zu werden. Als 16-Jährige nahm sie privaten Kompositionsunterricht bei Marcel Quinet, der ihr nach acht Jahren empfahl, in Paris weiter zu studieren. In Paris studierte sie ab 1953 bei Max Deutsch und hatte bei ihm die erste Begegnung mit der Zwölftonmusik. In Antwerpen lernte sie Denys Dille kennen, ein großer Kenner der Werke von Bela Bartok, durch welchen sie mit der Musik des 20. Jahrhunderts vertraut gemacht wurde.

Der Komponist Goffredo Petrassi trug maßgeblich dazu bei, dass die junge Komponistin sich ermutigt fühlte, ihren Weg weiter zu beschreiten. 1954, beide Eltern waren gestorben und auch eine ihrer älteren Schwestern lebte nicht mehr, stand Jaqueline Fontyn allein im Leben. So entschied sie sich 1956, in Wien bei Hans Swarowaki dirigieren zu studieren. Im Oktober desselben Jahres ging sie zur Chapelle Musicale Reine Elisabeth in Brüssel, wo sie 1959 ihr Diplom erhielt.

1957 erhielt sie eine Einladung nach Moskau, wo ihr die Silbermedaille des Internationalen Kompositionswettbewerb für ihr Klaviertrio verliehen wurde. Es folgte 1959 der 3. Preis des internationalen Kompositionswettbewerbs in Liège. 1961 folgten ein erster Preis der GEDOK in Mannheim für das Klaviertrio sowie der Prix Irène Fuerisson der Königlichen Akademie von Belgien für die Sonate für Flöte und Klavier und den Prix Koopal des Kultusministeriums. In diesem Jahr heiratete Jacqueline Fontyn den Komponisten und späteren Direktor des Konservatoriums in Brüssel, Camille Schmit. 1962 folgten der Oscar Espla Preis in Alicante für Psalmus Tertius und 1964 der Kompositionspreis Reine Elisabeth für die Ballade für Klavier. 1965 bekam sie dann den 1. Preis der Delte Omicron International Music Fraternity (USA) für Digression für Cello und Klavier.

Von 1963–1970 war sie Dozentin für Kontrapunkt am Königlich Flämischen Konservatorium in Antwerpen. In diese Zeit fallen so wichtige Kompositionen wie Six ébauches für Sinfonieorchester, sowie Musica a quattro für Violine, Klarinette (Bratsche), Violoncello, Klavier. 1963 kamen ihr Sohn Pierre und 1966 ihre Tochter Naira zur Welt.

Ab 1970 bis 1990 hatte sie eine Professur für Kontrapunkt, ab 1971 noch zusätzlich für Komposition am Konservatorium in Brüssel. 1973 verlieh man ihr den 1. Preis der Halifax Teacher’s Association in Kanada für Six climats für Violoncello und Klavier. Es folgten 1974 der Prix Camille Huysmans (Antwerpen), 1979 der Prix Koopal und 1987 der Arthur Honegger Preis. Bis 1990 unterrichtete Jaqueline Fontyn am Konservatorium in Brüssel. Dank zahlreicher Kompositionsaufträge war es ihr möglich, als freischaffende Komponistin zu arbeiten.

Da ihre Werke in zu vielen Verlagen gedruckt wurden, die keine Promotion machten, entschloss sich Jaqueline Fontyn ihren eigenen Verlag POM (Perform Our Music) zu gründen. Jacqueline Fontyn lebt und arbeitet in Limelette in Belgien.

Laut Aussagen der Komponistin beschäftigt sie sich beim Komponieren immer nur mit einem Werk, mit dem sie dann bis zu neun Monaten oder auch länger beschäftigt ist. Sie sammelt zuerst Ideen, sucht nach der Form, der Anzahl der Sätze etc., bis die Komposition entstehen kann.

In regelmäßigen Abständen unterrichtet sie Meisterklassen an verschiedenen Hochschulen und Universitäten in aller Welt (Washington 1977, Georgetown, Maryland und Washington 1980, New York 1983, Los Angeles 1986, Seoul und Taiwan 1984, Tel Aviv und Polen 1987, Stuttgart und Paris 1988, Clarksville/Tennessee 1989, Belgien 1990, Würzburg 1991, Budapest 1992, USA und Kassel 1995, Luzern 1996, Utrecht und Winterthur 1997, Frankfurt 2002, Brüssel 2003, Düsseldorf 2004).

1993 ernannte sie König Baudouin von Belgien zur Baronin.



Beitrag von Isolde Weiermüller-Backes
Letzte Änderung am 10. Juni 2006