Lebenslauf von György Geszler

Bild von György Geszler György Geszler entstammt einer Musikerfamilie. Sein Vater Ödön Geszler (1879-1959 ) war Komponist, Musikkritiker, namhafter Musiklehrer und Direktor der Budapester Höheren Musikschule. Seine Mutter Margit von Tessényi (1879-1957) war eine in ganz Europa berühmte Pianistin und Klavierlehrerin. Bereits mit 19 Jahren hatte sie am Budapester Konservatorium ihren Abschluss in den Fächern Klavier und Komposition gemacht und anschließend noch bei den sehr gefragten Lehrern Ferrucio Busoni in Weimar sowie José Vianna da Motta in Berlin studiert.

Die ersten Klavierstunden bekam Geszler von seiner Mutter. An der Franz-Liszt-Musikhochschule studierte er dann neben Klavier auch Komposition, die er 1937 mit besten Ergebnissen abschloss. Im Anschluss an diese Ausbildung bekam er an der Budapester Höheren Musikschule, an der sein Vater Direktor war, eine Anstellung als Musiklehrer.

Bereits als Student des Nationalkonservatoriums ging György Geszler einer regen Konzerttätigkeit nach. Er hatte sich zu einem außerordentlich virtuosen Pianisten entwickelt und wurde in Budapester Fachkreisen schon als zweiter Franz Liszt gehandelt. Einen der Höhepunkte in seiner kurzen Karriere als Konzertpianist stellte sicherlich die Einladung dar, beim Gedenkkonzert zum 50. Todestag von Ferenc Liszt mitzuwirken. In dieser Veranstaltung am 18. Februar 1936 trat unter anderen auch Béla Bartók mit einem Liszt-Werk auf.

Am 13. Januar 1938 fand im großen Saal der Musikakademie ein Kompositionsabend mit Werken von Geszler statt, bei dem hauptsächlich Orchesterwerke zur Aufführung kamen. So wurden unter anderem die Sankt-Georg-Ouvertüre, das Klavierkonzert in D-Dur und die Petöfi-Suite gespielt. In der Erinnerung an dieses Konzert sprachen Kritiker vom Schwung seiner Werke sowie der charakterisierenden Ausdruckskraft und dem kompositorischen Formgefühl.

Im Jahre 1940 erhielt Geszler den Franz-Joseph-Preis für seine Arbeit. In der Öffentlichkeit hatte sich der junge Künstler neben seinen beliebten Liszt-Interpretationen mit seinen Kompositionen inzwischen ebenfalls einen Namen gemacht. So fanden an der Musikakademie sowie an anderen Veranstaltungs-orten regelmäßig Kompositionsabende mit seinen Werken statt, einige seiner Stücke waren im Rundfunk zu hören. Zu einem Konzert mit Klavierwerken von Geszler im großen Saal der Musikakademie am 02. April 1941 schrieb die deutschsprachige Zeitung „Pester Lloyd“ am Freitag, den 04. April 1941: „Die originellen Kompositionen Geszlers sind klar gebaut, formal ausgeglichen, sie offenbaren eine kultivierte Begabung wie auch Geschmack und gediegenes Können…“

Bei einem Unfall im Jahr 1941 erlitt Geszler einen komplizierten Daumenbruch, nach welchem die Beweglichkeit der Finger nicht wieder vollständig hergestellt werden konnte. Dies bedeutete ein frühes Ende für seine Pianisten-Laufbahn. Was blieb, war das Unterrichten (Klavier, Harmonielehre ) und das Komponieren. Außer virtuosen Klavierstücke schrieb er für andere Soloinstrumente und Kammermusik, aber auch Orchester-Werke.

Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem Aufbau des Sozialismus in Ungarn beginnt - politisch und wirtschaftlich gesehen - gewissermaßen eine neue Ära in Geszlers Heimat. Da er überzeugter Anti-Kommunist war, verlor er seine Stelle an der Musikkonservatorium und musste auf der niedrigsten Stufe in Grundschulen Musik unterrichten. Nach und nach sind vier Töchter geboren und die finanzielle, wie politische Lage war äußerst schwierig. Weil er keine Huldigungswerke für Stalin usw. schreiben wollte, hat man ihn auch als Komponisten totgeschwiegen. Trotz aller Not entstanden weiterhin neue Werke, besonders die 24 Preludium und Fuge für Klavier. In denen hat Geszler seinen ganz persönlichen Stil gefunden.

Anlässlich eines Familienbesuches in Wien gelang es Geszler dort zwei Kompositionsabende zu organisieren (1957). 1976 erst folgte eine Konzertreise wieder nach Wien. Zur Aufführung kamen einiger seiner durch Vasarely inspirierten Werke für zwei Klaviere und Schlagzeug mit dem Klavierduo Ditta Pásztory-Bartók und Mária Comensoli sowie zwei Perkussionisten.

Anfang der 70er Jahre lernte György Geszler die so genannte Op-Art des französisch-ungarischen Künstlers Victor Vasarely kennen. Ein erster Eindruck, den Motive und vor allem die künstlerischen Techniken einiger seiner Werke hinterließen, legte den Grundstein der wachsenden Faszination, die der Komponist bei den geometrisch erstellten Bildern empfand: Seien es die Glöckchen (Les Cloches) oder der Kreisel (Toupie) von Vasarely - es schien eine Art Seelenverwandtschaft zu bestehen zwischen den beiden Künstlern, die völlig unabhängig voneinander offenbar dasselbe darzustellen versuchten, jeder mit seinen spezifischen Fähigkeiten. Denn die Glöckchen - wie auch der Kreisel - stammen aus dem Jahr 1938 und somit etwa aus der Zeit, in der Geszler unter anderem seine Glockenspiel-Etüde (die Quarten-Etüde)und den Brummkreisel (Búgócsiga) komponiert hatte.

Erst im September 1980 bot sich für Geszler erstmalig die Gelegenheit, nach Paris zu reisen und den, wie der Komponist ihn bezeichnete, Deko-Künstler Victor Vasarely persönlich zu treffen. Geszlers Verfahren bei der Komposition seiner durch Vasarely inspirierten Werke bildet eine Widerspiegelung der Bildstrukturen, den Kombinationen von einzelnen Elementen und der Gestaltungsmerkmale des Grafikkünstlers.

In seiner Heimat war Geszler auch weiterhin, bedingt durch seine unpolitische Haltung, eine Teilnahme am öffentlichen Musikleben verwehrt. Erst im Jahr 1998, seinem Todesjahr, erhielt er den Leo-Weiner-Preis. Diese Geste, dem schwerkranken Komponisten nur wenige Wochen vor seinem Tod noch eine Auszeichnung zu überreichen, kann als Versuch einer späten politischen Rehabilitation verstanden werden.

Eine CD „Klavierwerke für 10 und 20 Finger nach Bildern von Vasarely“ und mehrere Musiknoten sind von György Geszler im Handel erhältlich.



Quelle: Zulassungsarbeit von Maria Vaillancourt, München, 2006
Letzte Änderung am 13. März 2008