Lebenslauf von Franz Anton Hoffmeister

Bild von Franz Anton Hoffmeister

(von Thomas Schüle)

Franz Anton Hoffmeister wurde 1754 in Rottenburg am Neckar geboren.

Als achtes von insgesamt elf Kindern seines Vaters Martin Hoffmeister und dessen Ehefrau Regina geborene Nadler, wuchs Franz Anton bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr in Rottenburg auf.

Sein Urgroßvater Sebastian Hoffmeister war um das Jahr 1648 Bürgermeister der Stadt. Franz Anton Hoffmeister ging im Jahre 1768 nach Wien, zunächst um Jura zu studieren, wandte sich dann aber der Musik zu.

In der Folgezeit sollte Hoffmeister zu einem namhaften Komponisten im Schattenwurf der "Großen" Mozart, Beethoven und Haydn, und zu einem wichtigen Verleger u.a. dieser Klassiker werden. Ludwig van Beethoven, dessen berühmte "Pathetique"- Klaviersonate op.13 Hoffmeister als erster verlegte, nannte ihn einmal einen "Bruder in der Tonkunst". Sein persönlicher Freund Wolfgang Amadeus Mozart, dessen Klavierquartett KV 478 zuerst bei ihm verlegt wurde, schätzte ihn sehr, bettelte Hoffmeister immer mal wieder um Geld an und widmete ihm gar ein "Hoffmeister-Quartett" KV 499. Joseph Haydn, von dem er ebenfalls Kammermusiken verlegte, durfte sich von Hoffmeister in einem Brief an dessen Kompagnon gar einen "geizigen Caracter" nennen lassen...

Um die Jahrhundertwende war Hoffmeister Mitbegründer eines Musikverlages in Leipzig, aus dem nach dem Tode seines Kompagnons A. Kühnel der noch heute berühmte Verlag C.F.Peters hervorging.

Hoffmeister war als Komponist sehr produktiv: er komponierte fast siebzig Sinfonien, viele Serenaden, einige Konzerte und unzählige Kammermusiken in allen denkbaren und manch ausgefallenen Besetzungen, sowie einige weltliche und geistliche Vokalkompositionen, darunter die in seiner Zeit bekannte Oper "Der Königssohn von Ithaka" mit dem Text von Emanuel Schikaneder. Sein Schaffen umfaßt mehrere hundert Werke, die noch nicht zu einem Werkverzeichnis zusammengefaßt wurden, das als vollständig bezeichnet werden könnte. Das bekannte Konzert für Viola und Orchester in D-Dur ist Pflichtstück für alle Bratscher, die heutigentags um die Aufnahme in ein Berufsorchester vorspielen möchten. Neben der Viola ist die Musik Hoffmeisters heute auch im Standardrepertoire bei Flötisten und Klarinettisten und bei vielerlei Besetzungen im Bereich der Kammermusik.

Franz Anton Hoffmeister konnte und wollte sich auch nicht Takt um Takt abringen, um vielleicht etwas Großes für seine Nachwelt zu hinterlassen.

Er schrieb mit leichter Feder für das Jetzt und Heute, und versuchte den Geschmack des Publikums zu treffen.

Insgesamt ist Franz Anton Hoffmeister als einer der bemerkenswertesten, geschicktesten und produktivsten Komponisten gehobener, kunstvoller Unterhaltungsmusik seiner Zeit zu sehen.

Franz Anton Hoffmeister starb 1812 in Wien.





(von Ulrich Drüner, Stuttgart)

1.) Allgemeines

Während Franz Anton Hoffmeisters Vokalwerken - abgesehen von einigen öfter nachgespiel-ten Opern - nur eine beschränkte Verbreitung vergönnt war, hatten die Instrumentalwerke dieses Komponisten in ganz Europa einen bemerkenswerten und nachhaltigen Erfolg. Das Mißverhältnis in der Rezeption der Vokal- und Instrumentalwerke Hoffmeisters spiegelt sich in der merkwürdi-gen Proportion dieser Werkteile wieder, die man im Répertoire des Sources Musicales (RISM) antrifft: von den unter dem Stichwort Hoffmeister bisher 264 vorhandenen Manuskript-eintragungen gelten nur 15 den Vokalwerken - alle übrigen 249 Manuskripte enthalten Intrumen-talwerke. Auch in den älteren Manuskript-Nachweisen Eitners von 1901, in dem auch manches im Krieg Vernichtetes aufgeführt wird, sieht es ähnlich aus: nur 8 Vokal-Manuskripte stehen 58 in-strumentalen gegenüber. - Noch deutlicher wird das Verhältnis unter den vor 1830 gedruckten Werken: nur 38 Vokaldrucke Hoffmeisters sind bisher bekannt, dafür aber 472 Drucke von In-strumentalwerken, die oft zu Gruppen von drei oder sechs Kompositionen pro Druckwerk zusammengefaßt sind. Diese Zahlen geben annähernde Hinweise auf den Gesamtumfang von Hoffmeisters komposi-torischem Schaffen, das laut Alexander Weinmanns summarischem Werkverzeichnis in Die Musik in Geschichte und Gegenwart (Bd. VI, 1957) die Zahl von 1000 Einzelkompositionen knapp übersteigen dürfte; etwa 10 % davon ist Vokales, der Rest ist Instrumentales. Eine genaue Über-sicht ist allerdings auch heute noch nicht möglich, da die Vergabe von Opuszahlen bei Hoffmei-sters Werken von den damaligen Verlegern teilweise sehr willkürlich gehandhabt worden ist; fer-ner huldigte auch Hoffmeister der damals verbreiteten Gepflogenheit, eigene Werke für andere Besetzungen zu bearbeiteten, was den Überblick erheblich erschwert. Genauere Studien zum Schaffen dieses interessanten Komponisten sind sehr wünschenswert.

2.) Hoffmeisters Stellung unter den Instumentalkomponisten seiner Zeit

Hoffmeisters beliebteste Werke wurden oft nachgedruckt, und das mit größter Hartnäckigkeit zwischen Neapel, Paris, Berlin und London, zumeist auch unter Mißachtung der Autorenrechte, wie das um 1800 noch gang und gäbe war. Nur die in Wien und Leipzig erschienenen Werke sind Originaldrucke - die in Bonn (Simrock) und Offenbach (André) erschienenen sind vielleicht auto-risierte Ausgaben, während wohl alle übrigen Raubdrucke darstellen. Die Gesamtzahl der bis heute bekannten Frühdrucke, die sich, einschließlich der im Nachtrag zu RISM genannten auf 510 beläuft, ist sehr beeindruckend und erlaubt, Hoffmeister zu den meistgespielten Komponisten der Wiener Klassik zu zählen. Er wird freilich von Mozart (ca. 3400 Frühdrucke), Haydn (knapp 2000) und Ignaz Pleyel (ca. 2400) weit übertroffen; in der zweiten Reihe der Wiener Klassiker aber steht Hoffmeister glänzend da: viele seiner nicht minder angesehenen Komponisten-Kollegen mußten sich mit geringeren Publikationszahlen begnügen, so Karl Ditters von Dittersdorf (148 Frühdrucke), Adalbert Gyrowetz (386), Leopold Kozeluch (450), Franz Krommer (392), Anton Wranitzky (37) und Paul Wranitzky (156). Auch ein Luigi Boccherini brachte es auf nur 220 und ein Carl Stamitz auf nur 170 Drucke; der liebenswürdige und außerordentlich beliebte Jan Baptist Wanhal (1739-1813) wurde dagegen in 682 Drucken in ganz Europa verbreitet, die Klavier-Superstars Johann Ludwig Dussek (1760-1812) gar in 753 und Daniel Steibelt (1765-1823) in 950 Drucken - neben Pleyel waren sie wohl die besten Geschäftsleute unter den Komponisten und Virtuosen dieser Zeit! Doch während Dussek und Steibelt den Markt mit Unmengen zumeist leicht eingängiger Klaviermusik überfluteten, zeigte sich Hoffmeister vielseitiger.

3.) Kurzer Überblick über Hoffmeisters Instrumentalwerke

Zwar fällt auch bei Hoffmeister eine instrumentale Vorliebe auf: die für die Flöte, der er nicht weniger als 30 Konzerte widmete und für die er ferner wenigstens 108 Quartette (zumeist Flöte, Violine, Viola und Cello) und ebenso viele Trios mit Flöte in verschiedenen Besetzungskombina-tionen schrieb. Diesen umfangreichen Werkblöcken steht aber viel anderes gegenüber. So über-rascht zunächst, daß Hoffmeister als Verfasser von Orchesterwerken zwar nicht so erfolgreich wie Haydn und Pleyel, aber doch fast so fleißig wie ersterer und wesentlich ausdauernder als der zweite war. Weinmann nennt 66 Symphonien Hoffmeisters (Pleyel schrieb "nur" 41, die allerdings neben denen Haydns die größten "Renner" im damaligen Programmangebots waren). Wie Haydn, Dittersdorf und andere Zeitgenossen hatte auch Hoffmeister ein Faible für Programmusiken: Drei Sinfonien sind unter dem Titel "La prima vera" (der Frühling) zusammengefaßt, eine weitere nennt sich "La Chasse" (die Jagd). Ferner gibt es - außer den 30 Flötenkonzerten - noch minde-stens 21 Konzerte für verschiedene andere Soloinstrumente (Klavier, Violine, Viola, Violoncello, Kontrabaß, Klarinette, Fagott, Horn, Harfe); diese sind teilweise von beeindruckender Qualität, spielten aber gegenüber den Konzerten Dusseks, Pleyels, Steibelts und Viottis - etwas später auch Mozarts - nur eine vergleichsweise geringe Rolle im Repertoire jener Zeit. Bei Weitem am erfolgreichsten war Hoffmeister auf dem Sektor der Kammermusik. Auf diesem Gebiet setzen schon früh Nachdrucke außerhalb des deutschen Sprachraumes ein, was man als guten Gradmesser der Popularität betrachten kann. Beachtenswert sind Hoffmeisters Beiträge zum Streichquintett, wobei er eine gute Durchdringung der Stimmen im Sinne seines Freundes Mozart anstrebt. Beim Streichquartett ist Hoffmeister konventioneller, auch wenn viele Nach-drucke ihre Beliebtheit belegen. Aus der Reihe tanzt Hoffmeister mit einer Serie von sechs Quar-tetten für eine Violine, zwei Bratschen und Cello, einer extrem seltenen Besetzung, in der die Be-deutung der Mittelstimmen den Rahmen des klassischen Streichquartetts durchaus sprengt. In den Flöten- und Streichtrios sowie in den verschiedenen Duo-Formationen scheint Hoffmeister den Nerf des Zeitgeschmacks wohl am genauesten getroffen zu haben: eine Flut von Nachdrucken in England, Frankreich, Italien und Holland zeigt weiteste Verbreitung an. Etwas beiläufiger muten seine Klavierwerke an; außer im eigenen Wiener und Leipziger Verlag wurden diese nur gelegent-lich veröffentlicht. Die in Manuskript ziemleich weit verbreitete Serenaden- und Nottuno-Kompositionen finden auch im Druck in Österreich, Deutschland, Holland und England ihr Echo in einigen Erst- und Nachdrucken.

4.) Vorläufiger Versuch einer Wertung

Die Welt in Tönen zu erschüttern ist wohl nie Hoffmeisters Absicht gewesen. Zwar hatte er Sinn für sehr hohe musikalische Qualität: immerhin wagte er es als Verleger, das erste wirkliche Klavierquartett der Musikgeschichte, Mozarts g-moll-Quartett KV 478, ans Licht der Öffentlich-keit zu bringen - und erlitt damit ein wirtschaftliches Desaster. Für einen Mann inmitten lebendi-ger musikalischer Praxis jedoch mußte auch Kunst sich rechnen. Deshalb beobachtet man bei Hoffmeister die eigenartige Gratwanderung zwischen dem "popularen", dem eingängigen Ge-schmack, den Leopold Mozart seinem Sohn so dringend zum Zwecke wirtschaftlichen Überlebens ans Herz legte, und dem Ungewöhnlichen, wo man wahrscheinlich das Interessanteste und Wert-vollste in Hoffmeisters Schaffen vermuten darf. Denn er war auch ein erstaunlicher Liebhaber je-ner Instrumente, die im Schatten oder zumindest außerhalb der kommerziellen Hauptwege der Musik lagen: Kontrabaß, Bratsche, Viola d'amore, Flauto d'amour und "Schalmey" (wohl eine alte Vorform der Klarinette): Instrumente, die den etwas melancholischen Zügen von Hoffmei-sters Physiognomie durchaus auch zu entsprechen scheinen. Diese Instrumente setzt er fantasie-voll und mit Sachverstand ein; manches davon hat heute dank einer Reihe von Neuausgaben wie-der das moderne Publikum erobert; Duos, Trios und Quartette spielen in der Hausmusik wieder eine Rolle und zeigen durchweg Einfallsreichtum und gediegene Satztechnik. Im sinfonischen Sektor aber gehört das D-Dur-Violakonzert zum Besten, was im Zeitalter der Klassik für die Bratsche geschrieben wurde; neben dem Violakonzert von Carl Stamitz gilt dasjenige von Hoff-meister als der beste Prüfstein, an dem technisches Können und musikalische Begabung bei den Probespielen in allen Orchestern der Welt gemessen werden.





(von Axel Beer, Mainz)

Als Franz Anton Hoffmeister um das Jahr 1768 nach Wien kam, existierte dort noch kein spezialisiertes Musikverlagswesen. Ebenso wie im übrigen deutschsprachigen Raum besaßen die meisten Buchdrucker das Werkzeug und die Kenntnisse, um Musikalien zu vervielfältigen; ein Komponist, der seine Werke nicht, wie es ebenfalls gang und gäbe war, in handschriftlicher Form verbreitet wissen wollte, wandte sich an sie oder er versuchte, wie etwa Joseph Haydn und der junge Mozart es taten, mit den seinerzeit führenden Firmen in Paris handelseinig zu werden. Erst das Jahr 1777 brachte eine Wende mit sich, als nämlich der Pariser Verleger Antoine Huberty nach Wien kam und dort die Etablierung des einzig und allein auf die Herstellung und Verbreitung von Musikdrucken konzentrierten Gewerbezweigs beförderte. Schon im folgenden Jahr begründete Carlo Artaria sein bis weit ins 19. Jahrhundert hinein bestehendes Unternehmen, das zunächst geradezu eine Monopolstellung besaß. 1784 gesellte sich jedoch zweifache Konkurrenz hinzu: Der Wiener Musiker und Komponist Leopold Kozeluch sowie Franz Anton Hoffmeister eröffneten eigene Firmen und sorgten dafür, daß das Musikverlagswesen in der Donaumetropole bereits in den ersten Jahren seiner Entwicklung von einem lebendigen Wettbewerb gekennzeichnet war.

Es stellt sich die Frage, warum Hoffmeister jenen zweifellos risikoreichen Schritt tat. Eine konkrete, auf zuverlässigem Quellenmaterial fußende Antwort gibt es auf diese Frage nicht, jedoch Vermutungen, die der Wahrheit sicherlich sehr nah kommen. Am Ende seines dritten Lebensjahrzehnts mußte sich Hoffmeister über seine berufliche Zukunft klar werden, und es deutet vieles darauf hin, daß er sich darüber mit einem anderen Musiker austauschte, der vor ähnlichen Problemen stand, nämlich mit dem wenig jüngeren Wolfgang Amadeus Mozart. Beide werden sich gewiß in der Freimaurerloge getroffen haben, und das kaum zufällige zeitliche Zusammentreffen zweier Ereignisse läßt die Folgerung zu, daß beide alsbald einen Plan faßten: Am 24. Januar 1784 zeigte Hoffmeister in der Wiener Zeitung die Eröffnung seines Musikverlags an, während Mozart am 9. Februar des gleichen Jahres begann, ein akribisches Verzeichnüss aller meiner Werke zu führen. Daß beide eine enge Zusammenarbeit ins Auge faßten, liegt auf der Hand. Immerhin wurde Hoffmeisters der Hauptverleger Mozarts zu dessen Lebzeiten, doch hat man sich das Miteinander der beiden Männer nicht so vorzustellen wie sie es sich zweifellos gewünscht haben. So sah Mozart sich immer wieder gezwungen, seinen Verleger zu bitten, ihm "mit etwas gelde beyzustehen" (Brief vom 20. November 1785), und letzterer mußte bald feststellen, daß nach den Werken des Komponisten nicht die erhoffte Nachfrage bestand. So setzte Hoffmeister mehr und mehr auf den Selbstverlag seiner eigenen Werke und hielt Ausschau nach solchen, deren Akzeptanz beim Publikum von vornherein gesichert war.

Die durch die Konzentration auf den Geschmack breiterer Käuferkreise an sich positive Entwicklung des Musikverlags von Franz Anton Hoffmeister wurde allerdings durch seine nicht gerade hoch einzuschätzende Begabung in geschäftlichen Dingen massiv unterlaufen. Exakte Buchführung und andere zweifellos profane, aber für einen Verleger unumgängliche Dinge blieben ihm fremd; er traf vollkommen unsinnige Entscheidungen und war nicht zu einer konsequenten und konkurrenzfähigen Geschäftsführung in der Lage. Daß ausgerechnet die Veröffentlichung von Beethoven Sonate pathétique op. 13 im Jahre 1798 durch Hoffmeister das vorläufige Ende seiner Tätigkeit als Musikverleger markiert, mag man im nachhinein als Ironie des Schicksals begreifen.

Von nun an verließ sich Hoffmeister auf seine Fähigkeiten als Musiker. Gemeinsam mit einem befreundeten Flötisten brach er, das gleiche Instrument spielend, zu einer großen Konzertreise auf, als deren Ziel man sich London vorgenommen hatte. Im Verlauf des Jahres 1800 machte Hoffmeister jedoch in Leipzig eine Bekanntschaft (vermutlich wiederum in der Freimaurerloge), die ihn auf neue Gedanken kommen ließ. Der dort ansässige Organist der Katholischen Hofkirche, Ambrosius Kühnel, hatte den Geschäftsnachlaß eines vor nicht langer Zeit verstorbenen Kleinverlegers an sich gebracht, und zu vermuten ist, daß der aus Wien angereiste Musikerkollege und ehemalige Musikverleger gefragt wurde, was man damit anfangen könnte. Das gemeinsame Überlegen führte schließlich am 1. Dezember 1800 zur Gründung des Bureau de Musique, eines durchaus sehr gewagten Schrittes angesichts der räumlichen Nähe des übermächtigen Hauses Breitkopf & Härtel. Allerdings hatten beide einen Trumph in der Hand, nämlich Hoffmeisters Bekanntschaft mit Beethoven. Schon am 15. Dezember 1800, gerade einmal zwei Wochen nach der Verlagsgründung, bot der ansonsten bekanntermaßen schreibfaule Komponist seinem "geliebten Bruder in der Tonkunst" Hoffmeister vier Werke, darunter die Erste Sinfonie und das nachmals so beliebte Septett, zum Druck an. Es waren dies die ersten größeren Kompositionen, die Beethoven einem außerhalb Wiens ansässigen Unternehmen überließ, eine Tatsache, die für seine wachsende Berühmtheit von entscheidender Bedeutung war. Im folgenden Sommer nach Wien zurückgekehrt, wo die beiden Verleger eine Filiale einzurichten vorhatten, meldete Hoffmeister seinem Kompagnon nach Leipzig, Beethoven "ganz in unser Netz" ziehen zu können - daß daraus aufgrund verschiedener Unstimmigkeiten und Mißverständnisse letztlich nichts wurde, sei nebenbei erwähnt.

Das Hauptaugenmerk des Verlages lag nun weiterhin in der meist von Kühnel betriebenen Sondierung von Absatzmärkten und darin, Ausschau nach erfolgversprechenden Manuskripten seinerzeit namhafter Komponisten zu suchen, wobei Hoffmeister, von dem natürlich auch zahlreiche Werke im Bureau erschienen, die Situation in Wien und Umgebung auszuforschen hatte. Eine ohne Zweifel zukunftweisende Eigenschaft des Unternehmens war es darüber hinaus, das Repertoire der zu verlegenden Musikalien auf Werke auszudehnen, deren Verfasser bereits nicht mehr unter den Lebenden weilten. Besondere Bedeutung kommt hierbei der (wie Hoffmeister immer wieder berichtete) vor allem in Wien mit großem Interesse aufgenommenen Ausgabe der Klavierwerke Johann Sebastian Bachs zu, weiterhin der schwerpunktmäßig auf die Kammermusik konzentrierten Teilausgabe der Werke Mozarts.

Die Zuversicht, die die Kompagnons sicherlich teilten, wich allerdings nach nicht langer Zeit der Ernüchterung. Was im einzelnen geschehen war, ist noch nicht bekannt; jedenfalls kam es in der ersten Hälfte des Jahres 1805 zum Bruch beider, allem Anschein nach verursacht durch zumindest ungeschickte, wenn nicht sogar unrechtmäßige geschäftliche Aktivitäten Hoffmeisters. Kühnel führte den Verlag fortan alleine weiter, und Hoffmeister kehrte nach Wien zurück, wo er den zunächst noch beiläufig betriebenen Handel mit Musikalien spätestens im folgenden Jahr gänzlich einstellte. Auch die sich in der Folgezeit zunehmend wieder versöhnlich gestaltende Korrespondenz der ehemaligen Kollegen (Hoffmeister an Kühnel im Jahre 1809: "Wir sind ja Freunde") und die Tatsache, daß Hoffmeister sich wieder mehr und mehr für die Interessen des Bureau de Musique einzusetzen begann, führten nicht zu einer Wiederherstellung der Zusammenarbeit.

Wenn auch die Fähigkeiten Franz Anton Hoffmeisters als Geschäftsmann alles andere als überragend ausgebildet waren, so wird man ihn doch (abgesehen von seiner Verlegertätigkeit für Mozart) als prägende Gestalt des frühen Wiener Musikverlagswesens einerseits anzusehen haben und andererseits seine Bedeutung als Mitbegründer eines der wichtigsten Musikverlage überhaupt, des später unter dem Namen von Carl Friedrich Peters firmierenden Unternehmens, nicht unterschätzen dürfen.





(von Thomas Schüle)

Innerhalb des mehrere hundert Werke umfassenden Schaffens Franz Anton Hoffmeisters nehmen seine Vokalkompositionen einen vergleichsweise kleinen Raum ein. Absolut gesehen zeichnet sich Hoffmeister jedoch auch im Bereich der Vokalkompositionen durch eine immense Schaffenskraft aus. Einige Werke der Vokalmusik sind uns in Bearbeitungen, Klavierauszügen und Drucken überliefert, deren nähere Betrachtung die Kunstfertigkeit Hoffmeisters auch im Bereich des Singspiels, des Liedes, der Balladen und Gesänge und der weltlichen und geistlichen Chormusik verdeutlichen und seine Qualitäten als "einer der bemerkenswertesten, geschicktesten und produktivsten musikalischen Kunsthandwerker überhaupt" unterstreichen (Axel Beer).

Die geistlichen Werke Hoffmeisters sind bis heute weitgehend unerforscht und einiges gilt als verschollen. Für Soli, Chor und Orchester nennt die Literatur "Das Gebet des Herrn", das 1799 in Prag zur Aufführung gelangt ist. Eine "Missa Solemnis in C" wie auch ein mit Februar 1779 datiertes Offertorium "Adeste aligerae" in D-Dur werden seiner Feder zugeschrieben. Weitere Werke für Chor und Orchester sind z.B. "Ach fändest du Jesu", "Hier sinkt O Lamm zu deinen Füßen" sowie das Graduale "Nimis honorati sunt". Drei geistliche Werke für Chor und Orchester sind als Bearbeitungen erhalten. Es handelt sich hierbei um ein "Congratulamini mihi omnes", ein "Haec est dies" und ein "Nolite timere". Ein Duett für zwei Soprane und Orgel mit dem Titel "O, Herr Jesu gib mir Gaben" ist uns als Kopie aus dem Jahre 1842 geblieben. Das Stück für gemischen Chor und Klavier "Zu lernen bleibt noch unsern Seelen viel" (1799) stammt aus der Tradition des geistlichen Volksliedes. Verschiedene Liedersammlungen haben ebenfalls geistliche Volkslieder gedruckt, die Franz Anton Hoffmeister zugeschrieben werden und deren Ursprung, wie der der anderen Werke dieser Gattung auch, noch weiteren Untersuchungen bedarf.

Im Bereich der weltlichen Vokalmusik sei zuerst eine unbekannte, aber wohl größere Anzahl von Liedern für Singstimme solo mit Klavier erwähnt, die in diversen Sammlungen zum Teil von Hoffmeister selbst verlegt wurden. Stücke wie "Der Entschluß" oder "Am Fenster, bei Mondschein" aus "Fünf deutsche Lieder" sind Lieder im Volkston. Ebenfalls verlegte er seine Ballade "Das Mädchen am Gestade", das von ihm in Musik gesetzte Gedicht "Die Linde auf dem Kirchhofe" und die "Sechs vierstimmige Gesänge für 2 Tenor- und 2 Baß-Stimmen mit begleitendem Pianoforte zu geselliger Freude". Goethes Gedicht "Der Schatzgräber" inspirierte Hoffmeister zur Komposition einer Ballade mit gleichem Titel. Die Sammlung "Gesänge mit Begleitung des Pianoforte" enthält neben dem dreistimmigen Männerchor "Familienlied" fünf weitere Solostücke, darunter ein "Rondeau" und der Gesang "An mein Lämpchen". Im Bereich der mehrstimmigen, weltlichen Vokalmusik scheint der Freimaurer Franz Anton Hoffmeister mehrheitlich für Männerchor gesetzt zu haben. Dafür sprechen seine 1841 gedruckten "Maurerischen und gesellschaftlichen Lieder", drei homophon gesetzte Männerchöre. Das bekannteste "O wie lieblich ist?s im Kreis" (1799) hat in verschiedenen Bearbeitungen bis heute Einzug in die Liederbücher gehalten. Ein weiterer Männerchor hat den Titel "Fort Brüder an die Grenze". Der dreistimmige Frauenchor "Wohltätigkeit" ist in einem frühen Druck in Einzelstimmen erhalten. Wenige Chöre in gemischten Besetzungen wie z.B. "In der stillen Abendstunde" oder ein "Fürstenlied" sind entstanden. In Prag hat Hoffmeister Mitte 1799 offenbar eine patriotische Kantate mit dem Titel "Deutschlands Nationalstärke" als, wie man heute sagen würde, Benefizkonzert gegeben. Waren es seine Jugendjahre in der Fasnetshochburg Rottenburg am Neckar, die Hoffmeister gar zur Komposition eines Fastnachtsgesanges angeregt haben?

Im Opernlexikon von Franz Stieger (Schneider, Tutzing 1977) sind zwölf Bühnenwerke verzeichnet, die von Hoffmeister komponiert sind oder an deren Entstehen er kompositorisch beteiligt war. Alle sind zwischen 1781 und 1798 in Wien uraufgeführt worden. Die Stücke werden im einzelnen Operette ("Der Alchymist", 1781), Singspiel ("Der Haushahn", 1783), Komödie mit Musik ("Die bezauberte Jagd", 1783), Lustspiel ("Das glückliche Anagram oder Die Familie Lesch", 1796) oder einfach Vorspiel ("Das Elysium", 1798) genannt. Die bekannteste und auch in seiner Zeit erfolgreichste Oper war "Der Königssohn von Ithaka" (1795, Text von E. Schikaneder), große heroisch-komische Oper in zwei Aufzügen, die in Wien und mehreren anderen Städten zur Aufführung gelangte. Aber auch die komische Oper "Rosalinde oder Die Macht der Feen" (1796) ging in Wien mehrmals über die Bretter. "Die Belagerung von Cythere" (1796), die dreiaktige romantische Zauberoper "Der erste Kuß" (1797) und das Singspiel "Liebe macht kurzen Prozess oder Die Heirat auf gewisse Art" (1798) waren in ihrer Zeit ebenfalls beliebt. Dann werden in der Literatur noch die Stücke "Der Schiffbruch" (1783) und "Drei Väter und zwei Kinder" (1798) erwähnt.

Hoffmeister beteiligte sich lebhaft an der durch die tatkräftige Förderung Kaiser Joseph II. blühende Bewegung für das deutsche Nationalsingspiel und auch die Textdichter entstammten dem Kreis der Wiener aufklärerischen Schriftsteller um den Kaiser. Ganz in der Mode der Zeit beschäftigten Hoffmeister Stoffe aus fernen Welten mit Zauberern und Feen und Stoffe aus der Antike, die verklärt und fantasiereich ausgeschmückt und manchmal durch Anspielungen an lokalen Begebenheiten ergänzt wurden. In der Geschichte der deutschen Oper, wenigstens für ihre Sonderentwicklung in Wien, scheint Hoffmeister nicht ohne Bedeutung gewesen zu sein.
Letzte Änderung am 1. Mai 2004