Lebenslauf von Élisabeth-Claude Jacquet de la Guerre

Bild von Élisabeth-Claude Jacquet de la Guerre Im 17. und 18. Jahrhundert brachte Frankreich eine Reihe bedeutender Musiker hervor, von denen Elizabeth-Claude Jacquet nicht die Geringste war. Sie wurde 1665 in Paris geboren und erlangte schon in jungen Jahren Ruhm als Cembalistin. Früh erhielt sie eine Anstellung am Hof Ludwigs des XIV., wo es ihre Aufgabe war, für musikalische Unterhaltung zu sorgen. Mit ihrem Wirken als Sängerin, Cembalistin und Komponistin erwarb sie sich Anerkennung auch über Frankreich hinaus. Anfang der 1680er Jahre verließ sie den königlichen Hof, heiratete den Pariser Organisten Marin de la Guerre und schuf sich - nun Mlle de la Guerre - einen eigenen ausgedehnten Wirkungskreis als Cembalistin und Komponistin. Höhepunkte des Erfolgs in ihren frühen Jahren waren u. a. die Veröffentlichung ihres ersten Bandes mit Cembalostücken 1687 oder die Aufführung ihrer tragédie lyrique, Cephale et Procris, sieben Jahre später. Zum ersten Mal wurde damit die Komposition einer Frau an der Académie Royale de Musique aufgeführt.

In den Jahren nach 1700, nach dem Tod ihres Vaters, ihres Sohnes und ihres Mannes, intensivierte sie ihre schöpferische Tätigkeit noch. In der Tat gab sie die meisten ihrer Publikationen zwischen 1707 und 1715 heraus. Regelmäßig veranstaltete sie Konzerte in ihrem Hause, wohin bis zum Jahre 1717, als sie sich vom aktiven Musikleben verabschiedete, "alle großen Musiker und Musikkenner kamen, um sie anzuhören". Als sie 1729 starb, galt La Guerre als eine der großen künstlerischen Persönlichkeiten ihrer Zeit, deren Kompositionen und Wirken als Interpretin dauerhafte Anerkennung verdient.

La Guerres umfangreiches Werk umfasst Bühnenwerke, weltliche Lieder, Kantaten, Cembalostücke und Sonaten, eine Bandbreite also, die nicht nur ihre Vielseitigkeit, sondern auch ihre Offenheit gegenüber neuen Formen und Stilrichtungen zeigt. La Guerres Sonaten gehören zu den ersten dieser Gattung, die in Frankreich komponiert wurden. Darunter sind sechs unveröffentlichte Werke (zwei Solosonaten und vier Trios), die mindestens bis in das Jahr 1695 zurückdatieren, und sechs Sonates pour le viollon et pour le clavecin, die 1707 veröffentlicht wurden. Die gedruckten Sonaten erschienen in einer zweibändigen Ausgabe, in welcher auch La Guerres zweite Sammlung von Cembalostücken enthalten war.

Die Sonaten bestehen insgesamt aus vier bis neun Sätzen, die nach Gesichtspunkten der Kontrastbildung aufeinanderfolgen, ohne jedoch einem bestimmten Muster verhaftet zu sein. Sätze mit Tempoüberschriften überwiegen, aber es finden sich gleichfalls Arias und Tänze. Besonders bemerkenswert ist das Vorherrschen langsamer Schlusssätze; acht der zwölf Sonaten schließen entweder mit einem Adagio oder einer Aria. Bei den Arias ist besonders der Wechsel der Instrumentierung und der solistische Einsatz des melodischen Bassinstruments bemerkenswert. Obwohl La Guerres Sonaten eine beachtliche Vielfalt von Kompositionstechniken enthalten, weisen sie doch auch eine Reihe von gemeinsamen charakteristischen Merkmalen auf, vor allem einfache, jedoch kunstvolle Melodien, Tonwiederholungen im melodischen Ablauf, Synkopierungen, Dur - Moll Umfärbungen und überraschende harmonische Wendungen. Der häufige Wechsel des Tongeschlechts und die gelegentliche Verwendung kontrastierender Tonarten zeugen von La Guerres Liebe für klangliche Gegensätze.

In La Guerres Sonaten aus dem Jahre 1707 ist die Violine freier geführt und die rhythmische Gestaltung vielfältiger als in den früheren, unveröffentlichten Violinkompositionen. Außerdem bemerkt man eine stärkere Ausdruckskraft. Interessanterweise sind in den 1707 entstandenen Sonaten V und VI Rückbezüge auf die erste unveröffentlichte Solosonate festzustellen; hieraus ergeben sich wertvolle Rückschlüsse auf die Entwicklung von La Guerres Kompositionstechnik.



Carol Henry Bates
Letzte Änderung am 1. Mai 2004