Lebenslauf von Gertraud Kaltenecker

Bild von Gertraud Kaltenecker Gertraud Anna Maria Kaltenecker kam am 20. Mai 1915 in Regensburg zur Welt. Hier verbrachte sie auch den größten Teil ihres Lebens. Sie hatte eine enge Beziehung zu ihren Eltern, pflegte die Mutter bis zu ihrem Tode. Die Mutter war sehr musikalisch und für die Tochter bereits in jungen Jahren ein wichtiger Orientierungspunkt. Bis ins hohe Alter spielten die beiden vierhändig Klavier.

Ihre schulische und musikalische Ausbildung erhielt Gertraud am Institut der Englischen Fräulein, das sie mit der Mittleren Reife und besten Zeugnissen abschloss. Nachdem sie die Höhere Handelsschule erfolgreich absolviert hatte, arbeitete sie zunächst an einer Regensburger Apotheke als Bürokraft, dann ab Juni 1936 als Verwaltungsangestellte beim Arbeitsamt. Diese Tätigkeit hat sie später als „Broterwerb ohne seelische Belastungen beschrieben“. Nach ihrem Studium arbeite sie bis zum Eintritt in den Ruhestand als Arztsekretärin beim Staatlichen Versorgungsamt.

Ihre ersten musikalische Schritte war sie im Kirchenchor Herz Jesu als Chorsängerin gegangen. Ab 1935 nahm sie privaten Gesangsunterricht und bis 1940 Kompositions- und Harmonielehre-Unterricht bei Max Jobst. Ihre erste Komposition, das „Geistliche Lied am Gründonnerstag oder Karfreitag für 4stimmigen Chor a cappella ‚Da Jesus in den Garten ging‘ “, schrieb sie für den Kirchenchor Herz Jesu.

Schon früh hatte Gertraud den Wunsch, „Musik zu studieren in einem Vollstudium“. 1943 hospitierte sie für ein Jahr an der Kirchenmusikschule, wo sie unter anderem Orgelunterricht erhielt. Nach der Hospitanz wurde ihr an der Akademie der Tonkunst eine Sonderaufnahmeprüfung gewährt und der damalige Präsident der Akademie, Richard Trunk, attestierte ihr, dass sie „musikalisch hochbegabt“ sei und „jegliche Förderung“ verdiene. Ihr Studium in München konnte sie – bedingt durch den Krieg – erst nach einer weiteren sehr positiv ausgefallenen Prüfung 1946 aufnehmen.

Als zweiten Kompositionslehrer in ihrem Leben bekam sie Joseph Haas, Schüler von Max Reger und Lehrer von Jobst. So stand Gertraud deutlich in der stilistischen Nachfolge Regers. Im Juli 1948 erhielt sie ihr Reifezeugnis.

Es waren wohl ihr gesunder Menschenverstand und eine vorausschauende Weltsicht, die sie fortan die Musik „nur“ nebenberuflich betreiben ließen. Für die Regensburger Musikgeschichte – insbesondere die Kirchenmusikgeschichte – war Gertraud als Sängerin und Komponistin eine wichtige Persönlichkeit. Sie erhielt u. a. den Kulturpreis der Stadt Regensburg. Auch international wurden ihre Werke wahrgenommen und gewürdigt. So erhielt sie 1994 den „International Order of Merit“ im „International Biographical Centre“ in Cambridge.

Ihr musikalisches Schaffen umfasst über 90 Kompositionen, darunter Klavier- und Orgelstücke, Chorwerke, Kammermusik und Kirchenmusik, wobei die Letztgenannte für Kaltenecker von herausragender Bedeutung war.

Gertraud Kaltenecker verstarb am 16. August 2004 in Landshut.

Ralf-Thomas Lindner (im März 2023)



Literatur: U. Klotz, E. Kraus, H. Schmidt-Mannheim, R. W. Sterl: Gertraud Kaltenecker. Tutzing 1999 (Komponisten in Bayern, Band 37)
Letzte Änderung am 29. Oktober 2023