Lebenslauf von Igor Markevitch
![]() |
Igor Markevitch wurde am 27. Juli 1912 als Sohn von Boris Markevitch und Zola Pokitnova in Kiew geboren. Sein Vater war Pianist und Schüler von Eugen d'Albert. Bereits 1914 floh die Familie Markevitch zunächst nach Paris, doch schon zwei Jahre später ließ sie sich in der Schweiz, in La-Tour-de-Peilz (Vevey) nieder. So kam es, dass Igor meist Französisch sprach und auch viele seiner Werke französische Namen tragen. Er bekam von seinem Vater Klavierunterricht bis dieser 1923 starb. Zwei Jahre später, im Alter von nur 13 Jahren, spielte Markevitch seine Komposition "Noces" Alfred Cortot vor, der ihm daraufhin vorschlägt, bei ihm zu studieren. Ab 1926 besucht er zusätzlich die "École Normale de Musique" in Paris, wo er Unterricht in Harmonielehre sowie Kontrapunkt bei Nadia Boulanger erhält. Drei Jahre später schließt er seine Studien ab. War schon Alfred Cortot von Markevitchs Werk "Noces" sehr beeindruckt, so zeigte sich die gleiche Wirkung bei Dyagilev. Nachdem er dieses Werk und auch die "Sinfonietta" hörte, beauftragte er Markevitch mit der Komposition zwei neuer Werke: einem Klavierkonzert und der Ballettmusik "L'Habit du Roi" [Des Kaisers neue Kleider]. Als jedoch Dyagilev am 19. August 1929 starb, wurde die Ballettmusik nicht mehr benötigt - Teile von ihr flossen aber später in das Stück "Cantata", das einen Text von Jean Cocteau bekam, ein. In den folgenden Jahren erweisen sich Markevitchs Kompositionen als sehr erfolgreich. Das Klavierkonzert, die Werke "Cantata", "Concerto Grosso" und "Rébus" erleben umjubelte Premieren in Europa und den USA. Sie werden von Dirigenten wie Désormière, Rosbaud, Monteux oder Koussevitzky aufgeführt. Der Höhepunkt mag die Premiere von "L'Envol d'Icare" [Der Flug des Icarus] am 26. Juni 1933 unter Désormière gewesen sein, ein Werk, das eine zentrale Rolle im Leben des Komponisten Markevitch einnimmt. Darius Milhaud nannte diesen Tag einen "...Meilenstein in der Entwicklung der Musik". Markevitchs Erfolg als Komponist ist so groß, dass er nun von vielen als "zweiter Igor", in Anspielung an Igor Stravinsky, bezeichnet wird - was Stravinsky zunächst gar nicht gefiel. Trotz Markevitchs großer Erfolge als Komponist kann man jetzt schon erste Schritte ausmachen, die ihn mehr und mehr in Richtung auf eine Karriere als Dirigent hinführen. Ab 1934 nimmt Markevitch gelegentlich Unterricht im Dirigieren bei Hermann Scherchen in der Schweiz. Im folgenden Jahr, am 20. Dezember, springt er dann für Scherchen ein als dieser die Uraufführung von Markevitchs Oratorium "Le Paradis perdu" [Das verlorene Paradies] nicht dirigieren kann. Markevitch heiratet im April 1936 Kyra, die Tochter von Vaslav Nijinsky. Sie leben zusammen in der Schweiz (in Corsier). Die Ehe dauerte neun Jahre - jedoch leben beide nach nur vier Ehejahren schon getrennt voneinander. Der Sohn, Vaclav, trägt den Namen seines Grossvaters Vaclav Nijinsky. In den folgenden Jahren ist Markevitch sehr produktiv. Er komponiert viel und seine Werke werden mit viel positiver Ressonanz aufgenommen. Besonders die Aufführung von "L'Envol d'Icare" bei der Biennale in Venedig 1937 und die Premiere von "Le Nouvel Âge" in Warschau 1938 beeindrucken das Publikum tief. Trotzdem sind die Zeiten auch für Markevitch am Vorabend des 2. Weltkrieges nicht leicht. Er gibt Unterricht, tritt als Pianist auf und arbeitet mit dem Rundfunk zusammen, um sein Einkommen aufzubessern. 1940 besucht er zusammen mit seiner Frau Kyra Florenz, wo er "Lorenzo Il Magnifico" komponiert. Nachdem er Probleme mit den schweizerischen Behörden hat, bleibt er als Staatenloser in Italien, wo Kyra eine Möglichkeit findet, Tanz zu unterrichten. Sie leben in Settignano. Hier kommt zum Ende des Winters 1941/42 zu einer einschneidenden Krise. Markevitch wird krank, so krank, dass er seinen Zustand später als "...tot zwischen zwei Leben..." beschreibt. Schlagartig hört er auf zu komponieren. Seine letzte Komposition schrieb er 1941 im Alter von nur 29 Jahren. Was war passiert? Darauf gibt es bis heute keine befriedigende Antwort. Sicher berührten Markevitch die Schrecken des 2. Weltkrieges tief (mittlerweile war auch Italien in den Krieg eingetreten) - und zu einer möglichen seelischen Krise kam dann noch die körperliche Krise: seine schwere Krankheit. Doch dies sind nur Spekulationen. Wir finden auch in Markevitchs Autobiographie "Être et avoir été" von 1980 keine klare Antwort. Sicher ist nur. dass er von seiner eigenen Musik nichts mehr wissen wollte. 1958 äusserte er sich zu seinem "ersten Leben", dem des Komponisten wie folgt: "I would say to you, very frankly, that I am objective enough to claim that there is music which needs to be heard before mine, and for which the need is more urgent. Apart from that, if my works are good enough, they can wait; and if they cannot wait, it is pointless to play them." 1943 schliesst sich Markevitch den italienischen Partisanen an, die gegen den Faschismus kämpfen. 1947 wird er italienischer Staatsbürger. Nach seiner Scheidung von Kyra heiratet er Topazia Caetani. Er reist viel, denn er ist als Dirigent sehr gefragt. Nachdem Markevitch 1978 nach so langer Zeit endlich wieder zwei seiner Werke zur Aufführung brachte, blieb auch der Erfolg nicht aus. Das Verlagshaus "Boosey and Hawkes" interessiert sich für seine Kompositionen und schließt einen Vertrag mit Markevitch ab. 1980 kommt Markevitchs Autobiographie "Être et avoir été" heraus. Darüber hinaus bearbeitet er einige seiner Kompositionen aus den 30er Jahren für Aufführungen in Brüssel. Drei Jahre später reist Markevitch in seine Geburtsstadt Kiew. Doch noch im selben Jahr, am 7. März 1983, stirbt er nach einer plötzlich auftretenden Krankheit in Antibes. |
Letzte Änderung am 1. Mai 2004