Lebenslauf von Maria Sehrig

Bild von Maria Sehrig Maria Sehrig wurde am 12. Oktober 1929 als Tochter des Diplom-Ingenieurs Theodor Sehrig und seiner Frau Brunislawa in Bendorf / Rhein geboren. Schon als Vierjährige saß sie am Klavier und versuchte Liedmelodien nachzuspielen, zu denen sie sehr schnell auch Begleitungen erfand. Keiner der Bekannten glaubte, dass sie das ohne Anleitung fertig gebracht hatte. Ein befreundeter Kapellmeister der Familie erkannte das Talent des Kindes und wollte, dass sie in Berlin eine Musikausbildung erhalten sollte. Den weitsichtigen Eltern war das aber noch zu früh. Das Kind sollte zuerst einmal Lesen und Schreiben lernen.

Maria war ein aufgewecktes Kind, das nicht nur der Musik zugetan war. Sie spielte gerne mit anderen Kindern und kein Baum war ihr zu hoch, um ihn zu erklettern. Mit 6 Jahren wurde sie eingeschult und erfüllte die Anforderungen der Schule genau so selbstverständlich wie das Üben am Klavier. Ab ihrem 8ten Lebensjahr erhielt sie regelmäßigen Klavierunterricht. Das Notenlernen fiel ihr überhaupt nicht schwer und bald erfand sie eigene Melodien am Klavier. Ihr Vater meinte schon damals: "Aus dem Kind wird einmal eine Komponistin".

Nach der Grundschulzeit ging sie zunächst auf das Gymnasium in Bendorf, um anschließend nach Koblenz auf das Hildagymnasium zu wechseln. In der Schule erfreute sie ihre MitschülerInnen durch ihr gekonntes Klavierspiel, zumal sie immer die neuesten Schlager auf Lager hatte. Auch die Lehrer und Lehrerinnen hörten ihrem Spiel mit Begeisterung zu.

Die folgende Kriegszeit durchlebte Maria mit all ihren Schrecken. Der Vater musste aus politischen Gründen, um dem KZ zu entfliehen, untertauchen. Ihr Elternhaus wurde vom deutschen Militär beschlagnahmt und die Familie musste von nun an im Keller des Hauses wohnen. Das Schlimmste für sie aber war, dass sie kein Klavier zum Üben im Keller hatte. Freundlicherweise erlaubte ihr der zuständige Oberst von Scheel, der in der ehemaligen Wohnung wohnte, weiter Klavier zu üben. Die junge Musikerin wechselte in dieser Zeit oft ihre Klavierlehrer.

Am Ende des Krieges stand die Familie vor einem in Schutt liegenden Haus, aber Maria spielte weiter Klavier und war immer noch auf der Suche nach einem Klavierlehrer, der ihren Ansprüchen genügen konnte. Sie wollte "gefordert" werden.

Am 15. Juli 1946 hatte sie im Offizierscasino in Koblenz einen ersten offiziellen Auftritte als Pianistin. Das Programm beinhaltete Werke der Klassik bis hin zum neusten Schlager. Als Gage wurde sie von dem zuständigen französischen General zum Essen eingeladen, was sie in große Aufregung versetzte.

Die Musik faszinierte sie immer mehr und Maria begann sich immer ernsthafter mit dem Komponieren eigener Melodien zu befassen. Nun reifte auch der Gedanke Musik zu studieren. Im Jahr 1948 war es sehr schwer einen Studienplatz zu bekommen. Die Hochschulen befanden sich noch im Wiederaufbau. Gerne wäre Maria nach Köln gegangen. Die Hochschule dort war aber noch nicht wieder in Betrieb. In Limburg / Lahn konnte man damals Musik studieren, und Maria entschloss sich die Schule zu verlassen, um dort Musik zu studieren. Schon bei der Aufnahmeprüfung verblüffte sie die anwesenden Lehrer durch ihr Spiel so sehr, dass ihr 4 Semester "geschenkt" wurden. Also begann sie 1949 im 5. Semester mit dem Studium. Sie belegte die Fächer Klavier, Harmonielehre, Form- und Kompositionslehre und Musikgeschichte. Klavierunterricht bekam sie von einer Klavierlehrerin aus Riga, die nach der russischen Methode unterrichtete. Auch das kompositorische Talent von Maria wurde schnell erkannt und ihr wurde empfohlen, nach dem Examen nach Amerika zu gehen, um dort weiter zu studieren. Leider ließ sich das nicht realisieren.

Schon zu Studienzeiten war sie eine gefragte Begleiterin von Chören und Solisten. Nach bestandenem Examen empfahl ihr ihr damaliger Prüfer, Generalmusikdirektor Otto Winkler, als Lehrerin an einer Schule zu unterrichten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Maria wollte sich nicht binden, sondern frei sein. Sie erteilte Privatunterricht und komponierte. Viele Engagements trugen auch dazu bei, dass die junge Komponistin ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte. Sie spielte Chopin und Boogies in Konzerten und in Bars - diese Gegensätze liebte sie sehr.

1952 spielte sie im Palmengarten in Frankfurt das c-Moll Konzert von Mozart unter dem Dirigenten Richard Limpert. Auch als Begleiterin wurde sie immer gefragter und begleitete u.a. die Wiener Sängerknaben. Als Pianisten war sie erfolgreich, doch das genügte ihr nicht, denn sie wollte auch als Komponistin anerkannt werden. In dem Wiener Verleger Robitschek fand sie einen Mann, der ihre Kompositionen verlegen wollte.

1955 kam die erste Komposition "Sehnsucht nach Honolulu" in Druck, gefolgt von vielen weiteren Titeln. Der WDR Rundfunk produzierte mit seinem Tanzorchester unter Adalbert Luczkowski viele ihrer Werke. Walter Fuhrmann vom Saarländische Rundfunk förderte sie sehr. Im selben Jahr wurde sie Mitglied der GEMA.

Maria merkte, dass sie nur schwer als Frau gegen die männliche Konkurrenz bestehen konnte, also entschloss sie sich, weitere Titel unter dem Pseudonym Fred Claasen zu veröffentlichen. Nach dem Erscheinen der "Romanze der Nacht" unter dem Namen Fred Claasen erhielt das Stück im Fachblatt "Der Artist" folgende Beurteilung: "Interessant bei aller Gefühlsintensität die Melosgestaltung mit ihren vielen Notenwertvarianten. Zu einer ausgezeichneten Komposition ein ausgezeichnet gewählter Satz, fast eine kleine Chopiniade".

Nach dieser Episode entschied sich Maria doch wieder unter ihrem wirklichen Namen zu publizieren. Es lag ihr daran, sich als Komponistin durchzusetzen. Viele Rundfunkanstalten produzierten unter den Dirigenten Adalbert Luczkowski, Erwin Lehn, Reg Owen, Hans Schepior, Franz Mihalowic, Rudi Braun, Cornelis op ten Zieken u.v.a. ihre Titel. Vom Hessischen und Saarländischen Rundfunk erhielt sie Kompositionsaufträge. Auch machte sie beim Saarländischen Rundfunk des öfteren Klavier-Soloaufnahmen ihrer Titel. Dort erhielt sie 1957 für ihr Klarinettensolo "Seerose am Morgen" den 1. Preis beim Wettbewerb "Woche der leichten Musik". Von nun an war sie auch dem Neid der männlichen Kollegen ausgesetzt.

Von Unruhe und Fernweh geplagt wollte Maria nach Nord-Afrika, um sich mit arabischer Musik zu befassen. In Paris bekam sie von einer internationalen Agentur einen Vierjahresvertrag für Radio Marokko. Von der entsetzten Mutter überredet, kündigte sie den Vertrag, was mit vielen Unannehmlichkeiten verbunden war. In Deutschland geblieben – unruhig, von innerer Unzufriedenheit geplagt, aber voller Schaffenskraft – wollte sie eine Veränderung. Sie nahm eine Stelle als Ballett-Repetitorin am Stadttheater Koblenz an, was nach einiger Zeit aber auch uninteressant wurde.

Das Komponieren war ihre Hauptbeschäftigung. Einen Texter fand sie in dem Redakteur der Rheinzeitung, Fred Benn. "Benn war ein Genie. Er hörte sich die Musik genau an und binnen zwei Stunden hatte ich einen Text, an dem nichts auszusetzen war" (Zitat Maria Sehrig).

Mittlerweile hatte sich Maria als Komponistin durchgesetzt. Viele Rundfunkanstalten spielten ihre Titel, sie erhielt viel Lob und Anerkennung. "Wenn ich zehn Titel höre, ohne zu wissen von wem sie sind, weiß ich, der ist von Maria Sehrig. Ihr Stil ist unverkennbar – egal ob U- oder Tanzmusik" so ein Produktionsleiter des Hessischen Rundfunks.

1961 komponierte Maria den Titel "Addis Ababa Triomphmarch" und widmete ihn dem damaligen Kaiser Haile Salassi von Äthiopien, der mit einem Dankschreiben antwortete. Die Fantasie d-Moll aus dem Jahr 1962 widmete sie Papst Johannes XXIII. Für diese Komposition erhielt Maria ebenfalls ein Dankschreiben, das sich im Katholischen Pfarramt in Bendorf befindet. 1963 heiratete die erfolgreiche Komponistin den Norditaliener Vittorio Verdoli, der in seiner Jugend Schauspieler an einem Theater in Venedig und später Hotelier war. Nach der Heirat lebte das Ehepaar abwechselnd in Deutschland oder in seinem Haus in der ländlichen Gegend bei Verona. 1964 wurde der Sohn Theodoro, der heute mit seiner Familie auch in Bendorf lebt, geboren.

Maria Sehrig, die immer auch als Klavierpädagogin tätig war, stellte fest, dass die SchülerInnen nicht mehr so sehr an Sonatinen und Etüden interessiert waren. Sie hatte den Gedanken, etwas auf den Markt zu bringen, was die jungen Leute mehr "anspricht". Also schrieb sie 1975 die "12 Jazz-Studien" für Klavier, die im Linau-Verlag herauskamen, gefolgt von den "Improvisationen auf Jazz-Themen" von 1980, ebenfalls im selben Verlag erschienen.

Gesundheitliche und familiäre Probleme bestimmten von nun an ihr Leben. 1984 starb ihr Mann, sie verlor ihr Haus in Italien und wurde in ihrem Wohnhaus in Bendorf von vielen Unannehmlichkeiten und Einbrüchen heimgesucht. Das Komponieren war für Maria weiterhin ein Ventil, um die außermusikalischen Sorgen zu vergessen. Ein Angebot, nach Berlin zu kommen um dort zu arbeiten, lehnte sie ab. Sie wollte weiter für ihren Sohn als Mutter präsent zu sein. Nach der Verheiratung ihres Sohnes lebt Maria Sehrig nun wieder alleine.

Zur Entspannung macht sie oft Spaziergänge im Schlosspark des Fürsten Alexander zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. Sie liebt diesen Park seit ihrer Kindheit. Daraus entstand die Idee die "Impressionen" zu schreiben, die am Tag des Offenen Denkmals zum ersten Mal aufgeführt wurden. Sie widmete das Werk der fürstlichen Familie, deren Kinder, die Prinzessinnen Alexandra und Filippa und Prinz Casimir, bei ihr im Unterricht waren. Weitere Klavierabende im fürstlichen Schloss folgten.

1993 und 1995 gab sie Konzerte in "Desert Hot Springs" in Kalifornien. Das "gemischte" Programm begeisterte das anwesende Publikum. In Wolf-Dietrich Hörle vom Walkkauz-Verlag fand Maria Sehrig 2002 einen neuen Verleger, der ihre "12 zauberhaften Kindermärchen" die "Impressionen" und "Voll Cool" verlegte. Nach wie vor unterrichtet Maria Sehrig und komponiert. Privat zu Hause in Bendorf bevorzugt sie die Klaviermusik von Peter Iljitsch Tschaikowsky, Frédéric Chopin, Edward Alexander Mac Dowell und George Gershwin.



Beitrag von Isolde Weiermüller-Backes
Letzte Änderung am 11. Februar 2007