Lebenslauf von Siegfried Wagner

Bild von Siegfried Wagner Von einem verkannten Komponisten kann man bei dem Sohn von Richard Wagner und dem Enkel von Franz Liszt heutzutage nicht mehr sprechen. Die Veröffentlichung fast all seiner Opern in mustergültigen Interpretationen haben ihn aus der Warteschleife erlöst. Siegfried Helferich Wagner - in der schönen Schweiz geboren - hatte es selbst vorausgesehen, dass ihm eines Tages die Ehre zuteil würde, die ihm als Komponist gebühre.

Seine Zeitgenossen hatten den Blick ausschließlich auf den Vater gerichtet, der sich im Blickfeld der Öffentlichkeit sonnte und alle Aufmerksamkeit für sich in Anspruch nahm. Doch Siegfried war zäh und willensstark. Er legte sich eine Strategie zurecht, die vorsah, den Übervater auf keinen Fall zu kopieren. Das ererbte Talent reichte vollkommen aus, eigene Pfade zu betreten. Den ursprünglich vorgesehenen Beruf eines Architekten legte er zur Seite, um schicksalhaft seiner Berufung zu folgen.

Doch sein gesellschaftliches Umfeld akzeptierte seine Bemühungen nicht und spottete seiner, was ihn kränkte, aber auch beflügelte. Seinen Zynismus und seine Erwartungen ließ er in seine Opernfiguren einfließen und meißelte auf diese Weise seine Charaktere, die er meistens in ein historisches Umfeld stellte. Erfindungsgabe in der der Gestaltung von Situationen und Schauplätzen waren seine Stärke. Hochdramatisch setzt er seine Dichtkunst in einen plausiblen, wenn auch manchmal etwas skurrilen Rahmen. Das Vermaß ist eher robust als poetisch. Lakonisch formuliert der Verfasser seiner eigenen Libretti seine Aussagen so knapp wie zuträglich.

Zur Musik muss man sagen, dass sie sich der Dichtkunst des doppelt Begabten unterordnet. Handwerklich geschickt und reizvoll arrangiert, hat der Funke des Prometheus nicht mit der Wucht eingeschlagen wie bei dem mit ihm befreundeten Richard Strauss. Der eine schätze die Werke des anderen nicht; man verstand sich aber auf der sozialen Ebene. Siegfried Wagner bleibt sich selbst in seiner kompositorischen Arbeit, ohne vor- oder zurückzublicken, immer treu und lehnt sich an niemanden an. Intellektueller Anspruch schlägt sich selten als Beliebtheit nieder. Der Kreis seiner Bewunderer ist international klein, aber vorhanden.

Das Schicksal, erst posthum gewürdigt zu werden teilt der Schüler Engelbert Humperdincks mit Alexander Zemlinsky, dessen Opern auch erst in jüngster Zeit achtbaren Zuspruch erhielten.



Engelbert Hellen
Letzte Änderung am 5. November 2010