Lebenslauf von Carl Michael Ziehrer

Bild von Carl Michael Ziehrer Vergangene Generationen nannten den Meister des Hutmacher-Gewerbes auch Putzmacher. Der Vater wollte dem Sprössling diese Fertigkeit beibringen, so wie es üblich war, dass in einem Familienbetrieb der Sohn das Gleiche lernte wie der Vater es schon konnte. Doch Carl Michael wollte keinen Putz machen, sondern nahm sich vor, „auf den Putz zu hauen“. Er bekam in späteren Jahren, als er zum k. u. k. Kapellmeister des Hoch- und Deutschmeister-Regiments ernannt wurde, ausreichend Gelegenheit , sein Orchester dazu anzufeuern.

Doch bevor es soweit war, musste er zunächst eine Ausbildung machen und so studierte er auf dem Wiener Konservatorium Musiktheorie nach der Methode von Simon Sechter. Erste kleine Klavierkompositionen waren das Resultat seiner Bemühungen. Er hatte das Glück, von Carl Haslinger, dem Verleger der Werke von Johann Strauss (Sohn), gefördert zu werden. Der Genannte witterte Talent in dem jungen Carl Michael und verschaffte ihm geeignete Lehrmeister und Dirigenten, die ihn formten.

Die Partitur zu seiner ersten Operette im Jahr 1878 über den westfälischen König Jerôme ging leider verloren. Es folgte noch im gleichen Jahr „Der Fremdenführer“, dann lenkte ihn seine Berufung zum Militärkapellmeister erst einmal ab. Der Talentierte erfuhr die hohe Ehre, als Dirigent des Hoch- und Deutschmeister-Regiments aufzutreten.

Doch was war mit seiner Tanzmusik, mit der er die Herzen erobert hatte? Carl Michael Ziehrer gründete sein eigenes Orchester und ging viele Jahre auf Konzertreise durch Europa, Nord- und Südamerika. Neben Wien war Berlin die andere Musikmetropole, um Erfolg zu haben und Karriere zum machen. Es zog ihn mit seiner Mitarbeiterin und späteren Gattin Marianne Edelmann aus Linz zum Varieté.

Operetten hat Ziehrer auch komponiert - 22 waren es an der Zahl. Erfolg hatte er aber nur mit einer einzigen: „Die Landstreicher“, die Premiere war 1899. Die höchste Sprosse des Ruhms erklomm Carl Michael Ziehrer, als er 1908 zum Hofballmusikdirektor ernannt wurde. In dieser Position erlebte er den Untergang der Donaumonarchie direkt nach dem ersten Weltkrieg. Der Zusammenbruch des Weltreichs besiegelte leider auch seinen eigenen Untergang. Die Lebensgrundlage war ihm entzogen, da man zu Tanzmusik nicht mehr in Stimmung war. Seine letzten Jahre waren von Armut begleitet und er starb in Wien in traurigen Verhältnissen. Doch seine Beliebtheit überdauerte die Zeiten und man besann sich erneut auf seine herzerfrischenden Melodien, die sich in den Konzertprogrammen der großen Orchester wiederfanden.

In der unmittelbaren Nachfolge von des Walzerkönigs Strauss bildete Carl Michael Ziehrer das letzte Glied in der Kette der Goldenen Ära.



Engelbert Hellen
Letzte Änderung am 29. Mai 2011