Camille Saint-Saëns (1835-1921)

Samson et Dalila

(Samson und Dalila)

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Samson et Dalila
Titel deutsch: Samson und Dalila
Titel englisch: Samson and Delilah
Widmung: Pauline Viardot
Entstehungszeit: 1868-77
Uraufführung: 2. Dezember 1877 in Weimar
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Verlag: Paris: Edition Durand
Opus: op. 47

Zur Oper:

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Ferdinand Lemaire nach dem Buch der Richter, Kapitel 16
Ort: Mittelmeerküste Palästinas
Zeit: etwa 1000 v. Chr.

Personen:

Dalila: Priesterin des Dagon (Mezzosopran)
Samson: Hebräischer Freiheitskämpfer (Tenor)
Oberpriester des Dagon: (Bariton)
Abimelech: Satrap von Gaza (Bass)
Ein alter Hebräer: (Bass)

Handlung:

1. Akt: Ausgerechnet vor dem Dagon-Tempel in Gaza versammelt sich das Volk der Hebräer, um einer täglichen Gewohnheit folgend zu wehklagen, wie schlecht ihnen die Unterdrückung durch das Volk der Philister bekomme. Ihr Schmerz soll den Zorn des Herrn entwaffnen, der sein Antlitz abgewandt hat und sich schon seit längerer Zeit verborgen hält. Man fleht vom Morgen bis zur Abendröte, man appelliert, man macht Vorwürfe. Hat ihr Gott, welcher sein Volk aus Ägypten geführt hat, etwa seinen Treueschwur vergessen und das heilige Bündnis gebrochen? Ihre Städte wurden verwüstet und die heiligen Altäre entweiht. Wie kann so etwas passieren?

Samson, der starke Mann des hebräischen Volkes, wortgewaltig und von kräftiger Statur, zeigt Führungsqualitäten und verspricht Hoffnung. Mit Lobpreisung nicht geizen, lautet sein Vorschlag, dann lässt der Herr sich erweichen. Den Kämpfenden wird Sieg in Aussicht gestellt, die Ketten werden zerbrochen, die Angst wird vertrieben und die Freiheit winkt. So klingt Samsons Logik, der man mangels Alternative gern glauben möchte.

In Begleitung seines Hofstaates attackiert Abimelech, der Satrap von Gaza, voller Hochmut verbal die Sklavenherde, die es schon wieder wage, zu trotzen und versuche, die Fesseln zu sprengen. Der Herrscher schlägt vor, sich in das unvermeidliche Schicksal zu fügen, da ihr Gott für ihr Geschrei ohnehin kein Ohr habe. Dagon, der höchste Gott, führe seine Krieger siegreich und die Gefolgschaft der gegnerischen Gottheit flüchte wie die ängstliche Taube vor dem Geier, der sie verfolge. Wer ist die Person, die ihre Stimme erhebt und dauernd Aufruhr stiftet?

Natürlich Samson, wer sonst! Er begegnet dem Hohn des Feindes ohne Furcht, sieht sich erleuchtet und kündet von seiner Vision. Die Engel des Himmels brechen in ein wüstes Geschrei aus, ob solcher Lästerung durch Abimelech, dass selbst der Höllenfürst Angstzustände bekommt. Der allmächtige Rachegott zittert vor Ingrimm und alles verkriecht sich. Die Erde wird erbeben und am Himmel werden Blitze zucken!

Die Stimmung hat sich aufgeheizt. Abimelech sieht sich bedrängt, greift zum Schwert, wird darauf von Samson, der ihm die Waffe entreißt, kurzerhand niedergestreckt. Allgemeine Verwirrung, in der Samson in der Deckung seiner Landsleute vorübergehend den Platz räumt.

Die Pforten des Dagon-Tempels öffnen sich. Der Hohepriester schreitet die Stufen herab. Was sieht er? Die Leiche Abimelechs. Erschlagen von den Sklaven! Die feigen Krieger sollen hinterherlaufen, um die Rebellen zu zermalmen. Doch denen stockt das Blut in den Adern, ihre Herzen sind voller Furcht und die Knie zittern ihnen.
Ein Bote vermeldet, dass eine Rotte durch das Land ziehe und die Ernte vernichte. Der Hohepriester verflucht die Kinder Israels. Ihre Spuren will er tilgen und die verhasste Rasse in Gift ertränken. Dem Mann, der sie anführt, wird er persönlich die morschen Knochen zertreten, und an die dürre Gurgel soll es ihm gehen. Samsons Liebe soll betrogen werden von einem falschen Weib, flucht der Erzürnte dem Hebräer.

Samson kann seinen Blick von der schönen Tempeldirne Dalila nicht lassen. Soeben hat er den Satrapen erschlagen, die Leiche ist gerade abgeräumt worden, der erste Akt noch nicht zu Ende, und schon findet er sich auf dem Tempelplatz wieder ein. Die Pforten des Heiligtums öffnen sich erneut und diesmal ist es Dalila, die im Kreise ihrer Gefährtinnen, strahlend schön, heraustritt. Bemerkenswerterweise stimmt sie aber keinen Trauergesang auf ihren toten Gebieten an, sondern trällert ein Frühlingslied. Der Frühling ist da und bringt Blumen, um siegreiche Helden zu schmücken. Die Vögel singen, die Rosen duften und der Liebe Flammen züngeln.

Dalila wünscht dem Bezwingers ihres Herzens noch mehr Liebe als Ehre und steckt ihm ein Einladungskärtchen zu. Nach Sorek soll er kommen, dem lieblichen Tale. Dort steht ein verschwiegenes Wüstenschlösschen, in dem Dalila ihn empfangen wird. Die Stirn wird sie sich mit dunklen Ligusterzweigen schmücken und sich wilde Rosen ins pechschwarze Haar stecken. Samson fühlt sich angetörnt und bittet seinen Gott, Erbarmen mit seiner Schwachheit zu haben. Er soll ihm das Herz und die Ohren schützen vor der Stimme, die ihm schmeichelt. Ein alter Hebräer warnt ihn. Er solle das fremde Mädchen in Ruhe lassen und das süße Gift dieser verlogenen Schlange meiden. Dalila legt nach: Süß ist der Maiglöckchen Duft, aber ihre Küsse sind noch viel süßer. Sie tanzt im Kreise ihrer Mädchen, die anmutig ihre Blumengirlanden bewegen. Samson verfolgt Dalila mit liebeshungrigen Blicken. Der alte Hebräer warnt ein letztes Mal vor des Himmels Zorn. Die Flamme ihres giftigen Blickes zerstöre seine Kraft. Dalila zieht den Langhaarigen ganz auf ihre Seite und singt ihr weltberühmtes: „Printemps qui commence“.
2. Akt: Dalila hat sich in ihrer Liebeslaube im Tal von Sorek eingefunden und ist besonders prächtig gekleidet. Es dämmert. Auf einem Felsblock sitzend singt sie die Arie: „Amour! Viens aider ma faiblesse“ und legt sich eine Strategie zurecht, wie sie Samson in ihre Gewalt bekommen kann. Die Verführerin ist sicher, in dieser Nacht wird er kommen, um ihre Nähe zu suchen. Sie sieht einen Grund, den Feind ihres Volkes zu hassen, weil er ihren Empfindungen bisher nur periodisch und völlig unzureichend Beachtung geschenkt hat. Ihre Liebe, die nur einen Tag dauerte, hat er verlacht. Nun will sie erneut ihre Verführungskünste zum Einsatz bringen. Süßes Gift soll die Liebe in seine Brust träufeln. In Ketten wird er sich am folgenden Morgen wiederfinden.

Der Oberpriester will dabei sein, wenn Samson überwältigt wird und beklagt erneut seine Untaten. Die hebräischen Sklaven haben mit leichter Hand die Stadt erobert und die Krieger sind voller Schrecken geflüchtet. Keine Schande sei dem Volk der Philister erspart geblieben. Der tollkühne Mut Samsons hat sie um den Verstand gebracht und der Oberpriester rätselt, woher der Übeltäter seine übermenschlichen Kräfte nimmt. Im Kampf mag er stark sein, aber bei ihr sei er nur Sklave, ertönt es siegesgewiss von der Tempeldirne. Der Oberpriester setzt eine Erfolgsprämie aus, unter seinen Schätzen darf die Patriotin frei wählen. Doch die Schöne will kein Geld, sondern gibt vor, nur Rachegelüste zu verspüren. Wenn er sie so reden hört, bebt sein Herz vor Freude, doch in der Vergangenheit, gibt der Geistliche zu bedenken, gab es einige Fehlschläge. Offenbar hat der Liebreiz nicht ausgereicht. Dreimal hatte sie versucht mit Zärtlichkeit seine Seele zu erweichen. Doch das Geheimnis seiner Stärke hat das Langhaar ihr nicht verraten, sondern sie nur verschaukelt. Für ihren letzten Kampf ist die Unnachgiebige gut vorbereitet. Ihre Tränen werden ihn erweichen.

Dagon wird ihr zur Seite stehen. Sie wird um ihre Ehre kämpfen und siegen. Das Geschick des Philistervolkes ruht in ihrer Hand. In sein Herz wird die Herausforderin eindringen, die harte Schale zerbrechen und das Geheimnis seiner großen Kräfte erkunden. Tod dem Feinde des Volkes. Der Oberpriester räumt das Feld, damit Samson freie Zufahrt hat. Wo bleibt er bloß?

Samson kommt tatsächlich. Gegen seinen Willen haben seine Füße ihn gelenkt. Er flucht seiner Liebe, kann aber von ihr nicht lassen. „Da bist du ja mein lieber Schatz, sei gegrüßt mein süßer Gebieter“. Sie soll das Herumalbern lassen, ihre Worte höre er nur mit Reue und Scham. Eigentlich sei er gekommen, um sich zu verabschieden. Die Erwartungen seiner Landsleute seien mit seinen Gefühlen nicht in Einklang zu bringen. Er sei erwählt, um das Leiden seines Volkes zu beenden und da schickt es sich nicht, zur Nachtzeit zu Liebesabenteuern in die Wüste aufzubrechen.

Kein verheißungsvolles Wiedersehen! Dalila beschwert sich, dass ihr einsames Herz ihm nichts wert sei und ihre Treue sei ihm egal. Seinen Liebesschwüren habe sie geglaubt, als er zu ihren Füßen gesessen sei. Nun muss sie aber feststellen, dass sie berauscht von seiner Zärtlichkeit nur Gift getrunken habe.

Er sehne sich nach ihr und es sei töricht, ihn anzuklagen, verteidigt sich Samson. Das Gebot des Höchsten und die Liebe zu seinem Volk stehe ihrer Bindung entgegen, aber er liebe sie trotzdem und ihre Tränen verstärken nur seinen Schmerz. Ein Unwetter zieht auf und er wünscht sich vom Blitz getroffen zu werden, damit er vor seinen widerstrebenden Gefühlen endlich Ruhe hat.

Dalila setzt nun alles auf eine Karte und singt ihre verführerische Arie: „Mon cœur s’ouvre à ta voix“. Ihr Herz erschließe sich in der Glut seiner Liebe wie dem Sonnenstrahl die Blüte. Er soll ihre Sinne berauschen und das Herz mit Wonne füllen. So wie die Ähren sich wiegen von einer sanften Briese leicht bewegt, erbebe ihr Herz voller Hoffnung auf Trost beim Klange seiner Stimme. So rasch fliegt nicht der Pfeil nach dem tödlichen Ziel, wie sie in seine Arme, wo sie sterben will. Ach siehe sie vor Wonne beben, er allein ist ihr Glück, ihr Leben. „Samson, Samson ich liebe dich.“ endet ihr Lied.

Es scheint geklappt zu habe. Mit seinen Küssen will er ihre Tränen trocknen und die Sorgen aus ihrem Herzen vertreiben. Anstatt mit diesem Resultat zufrieden zu sein, macht jetzt Dalila eine Kehrtwendung. Das verwirrte Herz der armen Dalila hat er schon einmal getäuscht mit seinen falschen Schwüren. Sie will nicht nur Liebe, sondern auch Vertrauen. Auf seinen Gott ist sie eifersüchtig, der ihm Stärke verliehen hat. Sie will nun wissen, worauf das Geheimnis seiner Kraft sich stützt. Sie drängelt, er solle ihr den Grund sagen, damit die Unruhe, die sie quält, ein Ende fände. Das Geständnis lindere ihren Schmerz.

Samson verrät ihr das Geheimnis nicht! Alles Vergeblich! Nichtig ist ihre Macht, nichtig ist ihre Liebe! Dalilas Plan ist gescheitert. Sie sieht ihre Reize welken, wenn er ihr nicht ausplaudert, was sie wissen möchte. Er soll endlich abhauen und sie sterben lassen. Adieu! Draußen blitzt und donnert es. Ungeheuer ist sein Schmerz, der in seiner Seele wütet. Ein kleiner Wüstensturm hat sich angesagt. Der Herr tut seinen Unmut kund und lässt deshalb seinen Donner grollen, obwohl der Himmel hierzu keine Ursache hat, denn Samson hat nichts verraten. Dalila beschimpft ihn als herzlosen Feigling und ruft ihre Wachen herbei, denen es gelingt den völlig irritierten Samson zu überwältigen. Der Verrat der Geliebten hat ihn zutiefst getroffen.

Der zweite Akt ist damit beendet und das Opernpublikum wartet vergeblich auf den Friseur, der dem Helden die Haare scheren soll.
3. Akt: Geschoren wie ein Schaf sitzt Samson später im Gefängnis von Gaza. Dort muss er eine Mühle drehen und hat damit seinen geregelten Tagesablauf. Der Herr hat ihn verlassen und er findet sich all seiner Stärke beraubt. Diese hatte sich in seinen langen Haaren eingenistet. Die Folterknechte haben es herausgefunden. Ohne Zotteln und dadurch ohne Kraft lässt das Schicksal sich nicht wenden! Da hilft nur noch Wehklagen, und das tut der Gefangene ausgiebig. Immerhin ist Samson noch gut bei Stimme, trotz aller Torturen. „Sieh mein Elend, oh Herr, sieh meinen Jammer“ ertönt es herzzerreißend aus seiner Brust. Die Feinde haben ihm das Augenlicht genommen und sein Herz mit bitterem Hass gefüllt. Der alte Hebräer, der ihn schon einmal gewarnt hatte, ist schon wieder da, lugt durch die Gitterstäbe und gibt seine überflüssigen Kommentare. Was soll das Volk ohne Anführer nun unternehmen? Für eine Frau verriet er seine Landsleute, und diese müssen dafür nun büßen. Was hat Samson seinen Brüdern und dem Gott seiner Väter angetan!

Szenenwechsel. Die Gefangennahme Samsons bietet allen Grund zum Feiern. Man nutzt hierzu die große Halle im Dagon-Tempel. Die Liebe lässt alles Leid vergessen. Es geht richtig rund und der Frohsinn erreicht bald seinem Höhepunkt. Das Ballett tanzt und das Orchester schwingt sich zur Höchstleistung auf. Beim Opernpublikum sind die „Bacchanale“ aus Samson und Dalila ein fester Begriff.

Der Oberpriester hat angeordnet, dass er zur Feier des Tages der gefangene Samson mit seiner Anwesenheit das Fest schmücken soll. Nicht von den Wachen, sondern von einem Kind wird er hereingeführt. Dalila kredenzt ihm ein Gläschen vom besten, was der Tempelkellermeister auftreiben konnte. Die Verunsicherte gibt zwar vor, den Feind ihres Volkes zu hassen, aber tief in ihrem Innern verbleibt als Erinnerung ein Rest von Wehmut an schöne Stunden zu zweit. Die Gäste sind gut aufgelegt und fordern den Angeketteten auf, ohne Furcht zu trinken, weil der Rausch seine Schmerzen vertreiben wird. Jedoch ist Samsons Seele zu Tode betrübt. Das Schicksal soll sich hier erfüllen, wenn es dem Herrn gefällt. Im Kopf des Rächers reift das Selbstmordattentat.

Der freche Lügenpriester höhnt den Gott Israels, was Samson aufs Äußerste erbittert. Dalila assistiert dem Erstgenannten bei der Zeremonie, die zur Versöhnung des schrecklichen Dagon üblich ist. Samson soll das Knie beugen und dem feindlichen Gott huldigen. Zu den Marmorpfeilern in der Mitte des Tempels geleitet ihn das Kind, damit alle ihn betrachten können. Während die Philister vollauf damit beschäftigt sind, das Götzenbild zu beweihräuchern, fleht Samson zu Jehova, ihm noch ein einziges Mal seine Kraft für einen Augenblick zur Verfügung zustellen. Dem Ersuchen wird stattgegeben! Samson drückt die beiden Trägersäulen auseinander und löst eine Kettenreaktion aus. Der Tempel stürzt ein und begräbt die Feiernden unter seinem Gewicht.

Beschreibung:

Die Oper ist insgesamt von großer melodischer Schönheit. Drei prachtvolle Soloszenen hat Saint-Saëns der Dalila gewidmet. Als Glanznummer in den Arien-Recitals fast aller Altistinnen erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Die „Bacchanale“, als Ballett und orchestrale Einlage im dritten Akt, sind der nordafrikanischen Folklore entlehnt. Der erste Akt mit seinen ausgiebigen Chören hat eher die Wirkung eines wuchtigen biblischen Oratoriums. Als solches war das Werk ursprünglich geplant.

Zunächst wurde die Oper in Frankreich abgelehnt. In Franz Liszt fand sie jedoch einen glühenden Fürsprecher, der die Uraufführung in Weimar durchsetzte und einen großen Erfolg erzielte. Daraufhin trat die Oper ihren Siegeszug durch die Welt an, der bis heute andauert. Berühmt sind die Aufführungen im Freilicht-Theater von Orange in der Provence.
Letzte Änderung am 5. September 2007
Beitrag von Engelbert Hellen

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