Luciano Berio (1925-2003)

Per la dolce memoria de quel giorno

(Triumph des Petrarca)

Allgemeine Angaben zum Ballett:

Titel: Per la dolce memoria de quel giorno
Titel deutsch: Triumph des Petrarca
Untertitel deutsch: Zur süßen Erinnerung jenen Tages
Anlass: Auftrag von Francesco Siziliani
Entstehungszeit: 1974
Uraufführung: 7. Juli 1974 im Boboli-Garten Florenz
Besetzung: Tonband

Zum Ballett:

Art: Ballett in sechs Teilen
Libretto: frei nach Francesco Petrarca, Zwischenspiele von Maurice Béjart und Mischa van Hoecke
Ort: Florenz
Zeit: im 14. Jahrhundert mit Bezug zur Gegenwart

Handlung:

Erster Teil: TRIUMPH DER LIEBE

Der Dichter spielt sich selbst. Dargestellt wird er als junger Mann im braunen Ledertrikot und freiem Operkörper. Er ist das Symbol der Jugend und der Liebe. Diese hält aber nicht nur Freuden, sondern auch Qualen bereit. In einem Pas de Trois mit dem Freund und der Geliebten werden beide Attribute zelebriert. Ein allegorischer Liebeswagen, auf dem ein Jüngling mit dem Bogen des Odysseus herannaht, bebildert das Szenario. Die Herausforderung der großen Gefühle Liebe, Wahn und Grausamkeit tragen den Charakter des Schicksalhaften und füllen den ersten Akt.

Zweiter Teil: TRIUMPH DER KEUSCHHEIT

Das Einhorn ist das Symbol der Reinheit und der Ehrbarkeit. Laura, ganz in weiß gekleidet, tritt mit diesem Fabelwesen auf und demonstriert, dass die Liebe über sie keine Macht hat. Weiß gekleidete Jungfrauen und Engel, von denen man nicht weiß, ob sie männlich oder weiblich sind, verunsichern das Publikum und erklären die Liebe für überflüssig. Deshalb wird sie eingekerkert. Mit dem Verzicht auf Liebe erspart der Mensch sich jede Menge Verdruss.

Dritter Teil: TRIUMPH DES TODES

Welche Einstellung man auch pflegen mag, gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen. Laura bekommt es zu spüren. Die Person des Todes trägt die Rüstung eines fernöstlichen Samurai und wird von schwarz gekleideten Parzen begleitet. Diese lassen ihre Gewänder flattern und versinnbildlichen das geheimnisvolle Dunkel der Nacht. Damit der Tod nicht allzu trübsinnig ausschaut, enthält seine Rüstung silberne Beschläge.
Vierter Teil: TRIUMPH DES RUHMS

Ruhm ist eine Qualifikation, die über den Tod hinaus noch leuchtet, vorausgesetzt man hat ihn zu Lebzeiten erworben. Welche Farbe ist schriller als Rot? Dieser Karren ist besonders üppig ausgestattet. Vergoldete Lanzen am Heck schlagen ein Rad wie ein Pfau. Das Publikum ist begeistert.

Der Dichter selbst identifiziert sich mit dem Ruhm, und in einem harten Duell besiegt der Rum den Tod. Anschließend erhält Francesco seinen Lorbeerkranz, den der Leser von seiner Büste bereits kennt. Seine Sonette an Laura sind gar zu schön.

Fünfter Teil: TRIUMPH DER ZEIT

Die Zeit lässt auch den Ruhm vergessen und versteckt den Dichter auf ihrem Wagen unter einer grün-blauen Plane. Das Weltliche wird abgelegt, und das Vergessen ist das Schicksal aller. Es wird auch Petrarcas Schicksal sein.

Sechster Teil: TRIUMPH DER EWIGKET

Das einzig Beständige ist die Ewigkeit. Nach Pärchen sortiert begegnen sich die Menschen frei von Sünde in Unschuld, sind weiß gekleidet und verharren in Unbeweglichkeit. Von Langeweile gekennzeichnet, ist dieser Zustand nicht erstrebenswert, doch niemand kann ihm entrinnen.

Beschreibung:

Das Ballett ist prinzipiell auf eine Freilichtaufführung zugeschnitten und verliert an Faszination, wenn es durch die Räumlichkeiten einer Bühne eingeengt wird. Die spektakuläre Inszenierung in den Boboli-Gärten von Florenz im Jahre 1974 hatte Modellcharakter. Die Choreographie von Maurice Béjart war überwältigend.

Von der Liebe hat Petrarca die Vorstellung, dass sie zu genießen oder zu erleiden ist. Alternativ kann man sie auch verweigern. Der Tod macht die Entscheidung unwichtig. Günstigenfalls verbleibt dem Menschen der Ruhm, der sich aber mit der Zeit verflüchtigt. Triumphieren wird die Ewigkeit.

Den einzelnen Episoden hat der Choreograph dominierende Farben zugeteilt. Der Tod kleidet sich in Schwarz und Silber, während der Keuschheit die Farbe weiß vorbehalten bleibt. Es kommt der Ruhm in der Farbe rot daher, und die Ewigkeit muss mit Blässe vorlieb nehmen.

Aus den Seitenalleen fahren dekorative Karren auf das gigantische Podium – bitte jetzt nicht an Blumenkorsos oder Karnevalsumzüge denken. In allegorischer Ausstaffierung haben die Schmuckmobile die ehrenwerte Aufgabe, dem angespannten Publikum die Philosophie Petrarcas über Triumph und Ablösung plausibel zu machen.
Letzte Änderung am 7. Oktober 2006
Beitrag von Engelbert Hellen

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