Maria Antonia Walpurgis (1724-1780)

Talestri, Regina delle Amazoni

(Talestris, Königin der Amazonen)

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Talestri, Regina delle Amazoni
Titel deutsch: Talestris, Königin der Amazonen
Entstehungszeit: 1753
Uraufführung: 1760 in Nymphenburg
Besetzung: Soli und Orchester
Spieldauer: ca. 70 Minuten
Erstdruck: 1765
Bemerkung: Die Amazonenkönigin Talestri hat mit der Männerfleisch essenden Penthesilea nichts gemeinsam, denn sie lebte noch nicht zur Zeit des Trojanischen Krieges, sondern agierte zur Zeit der Alexanderfeldzüge. Die Emanze hatte sich in den Kopf gesetzt, von Alexander von Makedonien zur Mutter gemacht zu werden, damit wertvolles Erbgut miteinander verschmelzen kann. Offensives Vorgehen führt nicht immer zum Resultat, deshalb erzählt der französische Dichter Sieur de la Calprenède die Geschichte etwas anders und fügt statt Alexander einen Skythen-Prinzen ein. Eine Oper „Die großmächtige Talestri“ des Komponisten J. Förtsch hatte bereits 1690 in Bayreuth ihre Premiere. Maria Antonia stellte einige Jahrzehnte später ihre Version, in der sie selbst die Titelpartie selbst sang, in Nymphenburg vor. Geschult von Johann Adolf Hasse, war sie nicht die einzige Dame aus dem Hochadel, die sich an die Komposition einer Oper heranmachte. Das heutige Publikum kann zugreifen auf Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth (1709-58) mit der Oper „Argenore“ sowie auf Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, deren Singspiel „Erwin und Elmire“ im Jahr 1776 nach einem Text von Goethe aufgeführt wurde. Das handwerkliche Rüstzeug wurde wurde den hochgebildeten Damen von etablierten Komponisten beigebracht und mutig ging es ans Werk. Die Ausführung der Aufgabe bleibt schlicht, verdient es aber, zur Kenntnis genommen zu werden.

Zur Oper:

Art: Dramma per musica in drei Akten
Libretto: Maria Antonia Walpurgis
Sprache: italienisch
Ort: Temiscira, Hauptstadt des Amazonenreichs
Zeit: zu mythischer Zeit

Personen:

Talestri: Königin der Amazonen
Antiope: ihre Schwester, die Verteidigungsministerin
Oronte: ein skythischer Prinz, von Talestri geliebt
Learco: skytischer Feldherr, Freund des Oronte
Tomiri: Oberpriesterin der Diana

Handlung:

1. Akt: Am Morgen ihres Krönungstages ist Talestri sich nicht schlüssig, ob sie die Stufen des Thrones tatsächlich erklimmen soll. Sie liebt den Oronte und will sich der Prozedur, den Hass auf alle Männer zu geloben, so wie die Verfassung es erfordert, nicht schuldig machen. Doch Tomiri und Antiope drängen, jetzt keine Faxen zu machen - den lästigen Kerl kann man immer noch erledigen - und der Feier des Tages den schuldigen Respekt zu erweisen. Doch es gelingt der Königin nicht, den Zwiespalt zwischen Pflicht und Gefühl zu verdrängen:

„Ich gehe, doch das Herz, oh Gott,
fühl ich mir im Busen zittern.
Ich gehe, doch heiterer
erhoffe ich mir nicht den Himmel.
Meine alte Tapferkeit
find ich nicht mehr wieder.
Zu viel ist die Qual, die ich fühle,
zu grausam ist sie für mich.“

Antiope sitzt im gleichen Boot - auch sie hat den Wunsch, sich in einen Mann zu verlieben, obwohl sie sich bewusst ist, dass der Hass auf Männer den Grundpfeiler der Staatsmoral bildet. Ihrer Schwester gibt sie den Rat, die Liebe zu Oronte zu verbergen, auch wenn es ihrem Herzen schwer fällt. Gelüste kann man auch heimlich pflegen, ohne es allen Leuten gleich auf die Nase zu binden. In der Tat wird die Neigung in dem Augenblick gefährlich, wenn sie bekannt wird. Möchte sie etwa zur Verräterin werden? Doch wie lange kann sie sich selbst ihrer Freiheit noch rühmen? Auch sie könnte sich vorstellen, mit Wonne Amors Sklavin zu werden. Man soll über den Steuermann nicht spotten, der das Ufer verlässt, um das tückische Meer zu durchfurchen.

Im Tempel der Diana fleht der Chor der Amazonen die Gunst der Göttin auf das Haupt der neu gekrönten Königin. Möge das Reich vom Betreten der Männer unversehrt bleiben und ihr einmaliges Staatswesen erblühen. Alles Böse kommt von den Männern! Die Göttin der Wälder, die bogentragende Diana, soll den Tag segnen und der Königin gewogen sein.

Ohne ein Visum beantragt zu haben, war Oronte in weiblicher Kleidung in die Hauptstadt eingedrungen, hat sich erwischen lassen und soll nun geschlachtet und Diana als Opfer angeboten werden. Zum Opfern war bisher nicht der rechte Zeitpunkt gekommen, denn man musste sich der eindringenden Skythen erwehren. Talestri gibt Strenge vor, aber die Tränen kullern ihr die Wangen hinunter.

Learco, der Freund Orontes, stellt sich als Feldherr dumm an, wird mit dem Weibervolk nicht fertig und wird selbst gefangen genommen. Von Antiope wird er dem Rat vorgeführt, doch was war passiert? Während der Schlacht hatten sich beide ineinander verliebt. Ein Orchestermarsch illustriert das Tempo.

Seinen Galanterien begegnet Antiope zunächst einmal abweisend, erlaubt Learco aber ein Wiedersehen mit seinem Freund Oronte. Beide Prinzen wollen sich im gleichzeitigen gemeinsamen Opfertod ihre Freundschaft beweisen und vereinbaren, sich in der Unterwelt zu treffen.
2. Akt: Auf jedem Fall ist Oronte als Angehöriger des männlichen Geschlechts und als Skythe ein Feind des Vaterlands. Tomiri drängt darauf, dass er sterben soll. Doch Talestri möchte sein Leben schonen und sein Schicksal vom Amazonenrat entscheiden lassen. Der Oberpriesterin droht sie mit ihrem königlichen Zorn. Der Amazonenrat handelt jedoch nicht erwartungsgemäß und spricht das Todesurteil aus.

„Der freche Liebhaber soll sterben,
man töte den Verräter!
Hier gefällt nur Strenge,
hier duldet man keine Liebe.“

An dieser Stelle muss eingefügt werden, dass Talestri Kenntnis davon hat, dass Oronte von mütterlicher Seite kein Skythe, sondern der Sohn einer Amazone ist, die vom Skythenkönig geraubt und zur Konkubine gemacht wurde. Nach der Geburt des Kindes hat der Vater die Amazone verstoßen, aber ihr Kind wuchs ohne Mutter bei den Skythen auf.

Tomiri sieht sich nun einem Problem gegenüber, denn sie weiß und gesteht, dass sie die verstoßene Amazone ist. Trotzdem soll Oronte verfassungsgemäß sterben, auch wenn sie selbst mit dem Dolch zustoßen müsste. Es bedeutet Gefahr für das Amazonenreich, wenn sie der Liebesbeziehung zwischen den beiden Verrätern zustimmen würde. Ihren Status würde sie verlieren.

Unbekümmert gesteht Talestri dem Schatz ihre Liebe. Dieser sieht darin die Erfüllung des erträumten Glücks, auch wenn es möglicherweise nicht lange andauern wird. Talestri beabsichtigt, an seiner Seite zu sterben. Was soll's? Im Jenseits sieht man sich wieder.
3. Akt: „Von mir trennst du dich geliebter Freund? Ach, ich fühle, wie die Seele mir aus der Brust gerissen wird. Niemals sah ich einen Tag schwärzer als diesen. Welch trauriger Tag. Welch harte Qual!“ Learco verabschiedet sich von Oronte im Gefängnis. Der Letztgenannte will den Tod gern auf sich nehmen, um von der Schuld des Vaters, der seine Mutter schmählich verstoßen hat, ein wenig abzutragen. Gleichzeitig kann er Talestri aus ihrem Konflikt erlösen, die sich zwischen Neigung und Staatsräson entscheiden müsste.

Die beiden Freunde erwarten den Tod auf dem Opferaltar. Doch Antiope weiß von einem Geheimgang, der aus dem Gefängnis ins Freie führt. Dem Geliebten ermöglicht er die Flucht. Doch Oronte ist nicht mehr erreichbar. Die Oberpriesterin erklärt, dass sie es nicht erwarten konnte, ihrer Pflicht zu genügen. Sie klagt die Königin an, am Tod ihres Sohnes schuldig geworden zu sein und ihn durch ihre dumme Liebe
ins Verderben gestürzt zu haben. Tomiri geifert:

„Du wirst mich stets vor Augen haben,
ich werde stets um dich sein,
um dich an diesen traurigen Tag
allezeit zu erinnern.
Da ich schon keinen Sohn mehr habe,
sollst du keinen Frieden mehr haben.
Die Fackel der Allekto werde ich dir allzeit
im Herzen entzünden.“

Talestri ist dem Wahnsinn nahe, denn der Geliebte erscheint ihr im Traum. Sie kündigt ihm die Wiedervereinigung an, sobald sie das irdische Leben aufgegeben hat. Der bleiche Schatten, der ringsum betrübt irrend umher geht, soll einen Augenblick verweilen, bittet sie. Auch sie wird kommen, um ihm für immer nahe zu sein.

Dem Learco hatte Talestri in ihrer Verzweiflung aufgetragen, Nägel mit Köpfen zu machen und mit seinem Heer den Amazonenstaat dem Erdboden gleichzumachen. Talestri droht der Prozess wegen Hochverrat, doch sie entscheidet, sich der Schmach entziehen und sucht den Heldentod in der Schlacht.

Doch das Schicksal hat etwas anderes mit ihr im Sinn. Oronte taucht plötzlich auf und trennt die feindlichen Linien. Die Mutterliebe hat es nicht fertiggebracht, ihn auf dem Opferstein zu erdolchen, ihn verschont und ihm die Freiheit gegeben. Man kommt zur Einsicht, dass Kriegsführung unsinnig ist und das Geschlecht der Amazonen weiter dezimieren würde. Man setzt sich an den runden Tisch und beschließt, die Verfassung zu ändern und gesellig nebeneinander zu leben. Eine Doppelhochzeit beschließt das musikalische Drama.

„Unter uns herrsche ewiger Friede,
man spreche nicht von Strenge.
Und der Liebe alleinige Fackel
entzünde nun unser Herz!“.
Letzte Änderung am 16. Juli 2011
Beitrag von Engelbert Hellen

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