Franz Schubert (1797-1828)
Der Liedler
Allgemeine Angaben zum Werk:
Titel: | Der Liedler |
Uraufführung: | 1815 |
Opus: | op. 38: Der Liedler D 209 |
Text:
Textdichter: | Joseph Kenner (1794-1868) |
Sprache: | deutsch |
Liedtext: | Gib, Schwester, mir die Harf' herab, Gib mir Biret und Wanderstab, Kann hier nicht fürder weilen! Bin ahnenlos, bin nur ein Knecht Bin für die edle Maid zu schlecht, Muss stracks von hinnen eilen. "Still, Schwester, bist gottlob nun Braut, Wirst morgen Wilhelm angetraut, Soll mich nichts weiter halten. Nun küsse mich, leb, Trude, wohl! Dies Herze, schmerz- und liebevoll, Lass Gott den Herrn bewalten." Der Liedler zog durch manches Land Am alten Rhein- und Donaustrand, Wohl über Berg und Flüsse. Wie weit er flieht, wohin er zieht, Er trägt den Wurm im Herzen mit Und singt nur sie, die Süße. Und er's nicht länger tragen kann, Tät sich mit Schwert und Panzer an, Den Tod sich zu erstreiten. Im Tod ist Ruh, im Grab ist Ruh, Das Grab deckt Herz und Wünsche zu; Ein Grab will er erreiten. Der Tod ihn floh, und Ruh ihn floh! Des Herzogs Banner flattert froh Der Heimat Gruß entgegen, Entgegen wallt, entgegen schallt Der Freunde Gruß durch Saat und Wald Auf allen Weg' und Stegen. Da ward ihm unterm Panzer weh! Im Frührot glüht der ferne Schnee Der heimischen Gebirge; Ihm war, als zög's mit Hünenkraft Dahin sein Herz, der Brust entrafft, Als ob's ihn hier erwürge. Da konnt er's fürder nicht bestehn: "Muss meine Heimat wiedersehen, Muss sie noch einmal schauen!" Die mit der Minne Rosenhand Sein Herz an jene Berge band, Die herrlichen, die blauen! Da warf er Wehr und Waffe weg, Sein Rüstzeug weg ins Dorngeheg; Die liederreichen Saiten, Die Harfe nur, der Süßen Ruhm, Sein Klagespsalm, sein Heiligtum, Soll ihn zurückbegleiten. Und als der Winter trat ins Land, Der Frost im Lauf die Ströme band, Betrat er seine Berge. Da lag's, ein Leichentuch von Eis, Lag's vorn und neben totenweiß, Wie tausend Hünensärge! Lag's unter ihm, sein Muttertal, Das gräflich Schloss im Abendstrahl, Wo Milla drin geborgen. Glück auf, der Alpe Pilgerruh Winkt heute Ruh dir Ärmster zu: Zur Feste, Liedler, morgen! Ich hab nicht Rast, ich hab nicht Ruh, Muß heute noch der Feste zu, Wo Milla drin geborgen. "Bist starr, bist blass!" Bin totenkrank, Heut ist noch mein! Tot, Gott sei Dank, Tot find't mich wohl der Morgen. Horch Maulgetrab, horch Schellenklang! Vom Schloss herab der Alp' entlang Zog's unter Fackelhelle. Ein Ritter führt ihm angetraut, Führt Milla heim als seine Braut. Bist Liedler schon zur Stelle! Der Liedler schaut und sank in sich. Da bricht und schnaubet wütiglich Ein Werwolf durchs Gehege, Die Maule fliehn, kein Saum sie zwingt. Der Schecke stürzt. Weh! Milla sinkt Ohnmächtig hin am Wege. Da riss er sich, ein Blitz, empor, Zum Hort der Heißgeminnten vor, Hoch auf des Untiers Nacken Schwang er sein teures Harfenspiel, Dass es zersplittert niederfiel, Und Nick und Rachen knacken. Und wenn er stark wie Simson wär', Erschöpft mag er und sonder Wehr Den Grimmen nicht bestehen. Vom Busen, vom zerfleischten Arm Quillt's Herzblut nieder, liebewarm, Schier denkt er zu vergehen. Ein Blick auf sie, und alle Kraft Mit einmal er zusammenrafft, Die noch verborgen schliefe! Ringt um den Werwolf Arm und Hand, Und stürzt sich von der Felsenwand Mit ihm in schwindle Tiefe. Fahr, Liedler, fahr auf ewig wohl! Dein Herze schmerz- und liebevoll Hat Ruh im Grab gefunden! Das Grab ist aller Pilger Ruh, Das Grab deckt Herz und Wünsche zu, Macht alles Leids gesunden. |
Letzte Änderung am 10. April 2005