Loris Tjeknavorian (geb. 1937)

Rustam wa Suhrāb

(Rostam und Sohrab)

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Rustam wa Suhrāb
Titel deutsch: Rostam und Sohrab
Titel englisch: Rostam and Sohrab
Titel französisch: Rostam et Sohrab
Entstehungszeit: 1963
Besetzung: Soli, Chor und Orcheester
Bemerkung: Das Schahnameh befasst sich mit der Aufbereitung traditionellen Gedankenguts der zentralasiatischen Völker von Persien, den Gebieten östlich des Kaspischen Meers bis Afghanistan.

Verfasser ist der persischen Dichter Abu I-Qasem -e Firdausi, dessen Lebenszeit zwischen 940 bis 1010 vermutet wird. Für die Schaffung seiner 30.000 Verszeilen benötigte er etwa 35 Jahre. Das monumentale Epos greift sich den Zeitraum von der Erschaffung der Welt bis zur Eroberung durch die Araber. „Der Paradiesische“ hat seine Geschichten nicht erfunden, doch die aufgezeichnete wörtliche Rede hat er den Heroen in den Mund gesteckt. Viele Legenden begleiten das Leben des bedeutendsten Dichters persischer Zunge. Die einheimischen Miniaturmaler geben ihr Bestes, um die bekannten Sagen und Märchen optisch vielgestaltig und detailgetreu ins Bild zu setzen. Die Iraner betrachten das dichterisch anspruchsvolle Werk als ihr National-Epos. In etwa 50 Bücher gliedert sich die dichterische Bestandsaufnahme. Verehrt wurde das Werk dem Ghasnawiden-Herrscher Mahmud, der mit der Ehre allerdings wenig anzufangen wusste.

Den Anfang der Verse bestreiten die Könige der Urzeit Garschap und Nariman, streifen den Mazedonier Iskander und lassen keinen der Sassaniden-Herrscher von Ardaschir über Bahram bis Yasdgird von Lob und Huldigung ungeschoren. Buch 12 ist dem Iraner Kay Kavos gewidmet, in dessen Machtbereich der Prinz von Zabulistan fällt und dessen Unzulänglichkeiten und Dummheiten der Held ständig ausbügeln muss.

Rostams tieftragisches Geschick und das seines herrlichen Sohnes Sohrab, der in Unwissenheit von seinem Vater im Zweikampf getötet wird, berichtet Loris Tjeknavorian in seiner an vokalen und intrumentalen Höhenpunkten reichlich ausgestatteten Oper. Der Orient und der Kaukasus liebkost mit seinen Instrumenten, Klängen und Harmonien die Lauscher des übersättigten Abendländers wie Aram Chatschaturjan es mit seinem Säbeltanz vorgemacht hat.
Opus: op. 8a

Zur Oper:

Art: Oper in zwei Akten
Libretto: Loris Tjeknavorian nach dem Buch der Könige, dem Schahnameh des Dichters Firdausi
Sprache: persisch

Personen:

Rostam: Prinz von Zabulistan
Sohrab: sein Sohn
Raksch: sein Pferd
Tahmineh: Sohrabs Mutter
Afrasiab: König von Turan
Kay Kavos: Schah des Irans

Handlung:

1. Akt: 1. Orchestervorspiel

2. Prolog: Lobpreis (Tenor-Solo)

Die Einleitung kündet vom Schöpfer aller Dinge. Wer zu denken fähig ist, kann nichts Höheres begreifen. Sie Seelen hat ER erschaffen und alle Weisheit kommt von IHM. ER benannte die Dinge und das Universum dreht sich gemäß seinem Willen. Die Sonne, der Abendstern und der Mond entzündeten sich durch IHN. Seinen Geschöpfen bewilligt der HERR Nahrung und er ist der Führer aller. Die Essenz seines Wesens findet sich in der Einbildungskraft seiner Geschöpfe. Alle Namen verweisen auf IHN. In diesem Sinne stimmt die Tenorstimme den Hörer auf die Oper ein.

3. Chorszene (Info über Rostam und Sohrab)

4. Erster Abschnitt: Stimmungsgemälde, Palast des Königs von Samangan

5. Festliche Musik (Instrumental)

6. Festliche Chorszene

7. Sinfonisches Zwischenspiel

8. Zweiter Abschnitt: Einstimmung auf die Liebesszene durch den Chor

Die dunkle Nacht war im Begriff sich zu verabschieden, denn der Morgenstern beanspruchte auf ständig drehendem Pfad seinen gewohnten Platz am dunklen Firmament, um mysteriös und geheimnisvoll den Dialog mit dem Universum aufzunehmen. Die Tür zu seinem Schlafgemach wurde sanft geöffnet. Eine Sklavin, in der Hand eine parfümierte Kerze haltend, lenkte leichten Fußes ihren Schritt zu des Kriegers Kopfkissen. Ihr folgte auf dem Fuße eine Kreatur, lieblich wie der Mond und zerbrechlich in ihrer Schönheit. Ihre Seele schien ihm ausgereifte Weisheit, purer Geist war ihre Erscheinung und sie näherte sich ihm. Ihr Körper war nicht verunreinigt von irdischen Elementen.

9. Liebesszene zwischen Tahmineh und Rostam in Anwesenheit des Chores

Rostam, das Löwenherz, ward bei ihrem Anblick in Erstaunen geworfen. Er lobte den Schöpfer, der ihm diese Wohltat erwies. Sodann richtete er das Wort an seine Besucherin. Wie ihr Name sei, wollte er von wir wissen und was sie in der Dunkelheit der Nacht von ihm wünsche. Tahmineh sei der Name und nach ihrem Wunsch befragt, möchte sie sich in seinen Worten ausdrücken. Sie sei entzwei gerissen vor Verlangen nach ihm. Dann stellt sie sich vor, Bescheidenheit kennt sie nicht. Sie sei die Tochter des Königs von Samangan und der Samen, aus dem sie gezeugt wurde, stamme aus Beständen von Löwen und Leoparden. Auf Erden findet sie keinen Ebenbürtigen unter den Personen von königlicher Geburt. In der Tat, unter dem Himmelsdome existiert wirklich niemand, der ihrer Huld würdig sei. Unbedeckt, ohne Schleier hat keiner sie je gesehen und ihre Stimme kennt von den Menschen niemand. Wie das Mädchen schwindeln kann!

Aber von ihm hat sie schon gehört, denn von den Menschen wird er bereits als Legende betrachtet. Sie erzählen sich Geschichten über ihn, und dass er sehr mutig sei, wenn er in Aktion trete. Nun hat Gott ihm seinen Aufenthalt in dieser Stadt gewährt. Wenn er es wünscht, begibt sie sich zu ihm auf sein Lager und wird sich an ihn schmiegen. Eines ist sicher, sie hat seinen Wünschen zu gehorchen, vorausgesetzt er töte zuvor alle Weisheit zu Gunsten der Liebe.

Tahmineh hat ihre Worte wohl gesetzt. Rostams Herz ist gerührt von ihrer liebenswürdigen Ansprache. Er lauscht erwartungsvoll den Worten, die sie noch zu ihm sprechen wird, und starrt auf die Kreatur, die mit Vorzügen von guter Qualität ausgestattet ist. Ohne den Segen der Götter läuft nichts und ohne die Einwilligung des Vaters auch nicht. Noch in der Nacht wird ein tugendhafter Priester herbeigerufen, der das Mädchen als Braut für Rostam von ihrem Vater erflehen soll. Als der König von der Sache hört, frohlockt er, da ein anerkannter Held als Schwiegersohn durchaus seinen Vorstellungen entspricht. Im Gleichklang von Brauch und Gesetz wird nun die freiwachsende Zypresse dem Bewerber zur lebenslangen Nutzung übergeben. Der Rest der Nacht verläuft für beide ohne Langeweile. Prächtig geht die Sonne auf und kündete den Liebenden, dass der erste Ansturm nun vorüber sei. Seiner jungen Frau gibt Rostam ein juwelengeschmücktes Amulett, welches er an seinem Arm trägt und später in der ganzen Welt Berühmtheit erlangen sollte. Er sagt zu ihr, dass sie es bewachen möge. Wenn der Schöpfer eine Tochter bewilligt, soll sie das Juwel auf ihre Haarflechte binden, um ihr Glück abzusichern. Wenn die Sterne einen Sohn senden, soll sie es an seinen Arm binden als Andenken an seinen Vater. Den Wuchs von Saam, dem Sohn seines Ahnen Nariman, wird er erlangen und den Geist und den Heldenmut von edlen Männern.

10. Chor: Nachspiel zur Liebesszene mit Chor

Unter Tränen verabschiedet sich Tahmineh von Rostam. Kummer und Schmerz drücken sie nieder.
Rostam geht dahin, wo sein Pferd Raksch steht. Er fasst es bei der Mähne und liebkost es. Dann schwingt er sich in den Sattel und reitet mit der Geschwindigkeit des Windes davon. Überall erzählt er, was er gehört und gesehen hatte!

DAS BUCH DER KÖNIGE berichtet, dass das Tier intelligent war wie ein Mensch, seinem Herrn oftmals das Leben rettete und sich nicht scheute, es mit einem Drachen aufzunehmen:

Als Raksch die Leibesstärke dieses Drachen sah
und wie er mit dem Königsmacher machtvoll rang,
da legte er die Ohren an und zerriss
und trennte durch die Drachenhaut mit starkem Biss,
zerschlug das Schulterteil und stieß das Untier um.
Verwundert sah es der Held. Erstarrt stand er und stumm.

Das edle Tier findet selbstverständlich einen Platz im Personenverzeichnis.

11. Dritter Abschnitt: Die Geburt Sohrabs (Tenor-Solo)

Neun Monde strichen über die Prinzessin hinweg und dann wurde ihr ein Kind geboren, herrlich wie der Mond. Die Menschen mögen sagen, er habe den Elefantenkörper des Helden Rostam oder den Wuchs eines Löwen wie Saam, dem Sohn des Nariman. Wenn er lächelt, verzieht er sein Gesicht vor Vergnügen. Tahmineh gab ihm den Namen Sohrab. Nach einem Monat war das Kind so robust, als ob es ein Jahr alt sei. Sein Brustkorb stimmte an Volumen mit dem von Zaal, dem Vater Rostams, überein. Als er drei Jahre alt war, übte er Bewegungen, wie man sie auf dem Schlachtfeld sieht. Sohrab steigerte sich. Mit fünf Jahren hatte er bereits den Mut eines Mannes mit den Attributen eines Löwen. Als er zehn Jahre alt war, wagte es auch nicht der Beherzteste, mit ihm einen Streit zu beginnen. Ein unvergleichliches Kind, dieser Sohrab!

12. Konfrontation zwischen Sohrab und Tahmineh

Eines Tages kam Sohrab zu seiner Mutter und sagte verwegen zu ihr: „Erzähle mir bitte, aus welchen Beständen wurde der Samen entnommen, der meinen Ursprung bewirkte, er sei größer und kräftiger als alle seine Milchbrüder. Wenn er sich strecke, durchdringe sein Kopf die Wolkendecke. So prahlt Sohrab. Was soll er erklären, wenn jemand ihn fragt, wer sein Vater sei?

13. Tahmineh erzählt Sohrab von seinem Vater Rostam

Die Mutter entgegnet, dass der Sohn jauchzen und seinen Unmut wegstecken soll. Sie habe ihm zu sagen, dass er der Sohn des Helden Rostam sei. Die Kraft seines Körpers und die Höhe seines Wuchses mit einem Kopf, der bis in die Wolken rage, rühre von seinem Stammbaum her und beweise seine edle Abkunft. Nie wieder habe der Weltenschöpfer eine ähnliche Leistung vollbracht, nachdem er den Ritter Rostam geschaffen hatte. Einer seiner Vorfahren war Saam, der Sohn des Nariman, dessen Kopf ebenfalls an die Wolkendecke heranragte. Doch die Kumuluswolken wagten nicht, Saams Haupt zu berühren, denn dann hätte es eine Revolution gegeben.

Nach dieser feierlichen Einleitung bringt die Mutter einen Brief herbei, den der Kriegsherr Rostam ihr geschickt hat. Unter verdeckter Hand zeigt sie ihm drei glitzernde Rubine und einen Beutel Gold, ein Geschenk des Vaters für ihn aus dem Iran. Die Mutter fährt in ihren Ausführungen fort. Afrasiab, der Herrscher des Landes Turan, sei der Erzfeind seines glorreichen Vaters. Die Existenz des Sohnes muss vor ihm geheim gehalten werden, denn sonst würde er ihn aus Hass erschlagen. Doch wenn der Vater erfahren würde, wie prächtig der Sohn gediehen sei, würde er ihn seinen Interessen unterstellen und ihn prahlerisch auffordern, zu ihm zu stoßen. Doch das würde für das Herz seiner Mutter nur Schmerz und Kummer bedeuten. Deshalb denke sie auch nicht daran, ihn zu einem Besuch einzuladen. Sohrab kann über die Einfalt der Mutter nur den Kopf schütteln. Wie soll es möglich sein, ihn mit seinen Qualitäten vor der Welt verborgen zu halten? Die Besorgte soll ihm von den Kriegen der Vergangenheit erzählen und weshalb der Kriegsherr Rostam sich mit dem Herrscher von Turan überworfen habe.

Zweifellos war Sohrab ein Held, wenn auch nicht so bedeutend wie sein Vater. Die zahlreichen Miniaturmalereien zeigen ein liebes einnehmendes Gesicht. Er dache allerdings nicht daran, die Frauen, die er begehrte zu umwerben, sondern fing sie mit dem Lasso ein. DAS BUCH DER KÖNIGE berichtet von Gurdafrid, die sich allerdings heftig zur Wehr setzte:

Wenn so beherzt die Frauen der Iraner streiten,
was soll man da von ihren Keulenkämpfen sagen?
Gar wacker stehen sie im Schlachtfeld ihren Mann
und wirbeln gar den Staub bis zu den Wolken auf.
Vom Sattel löste er die Schlinge seines Lassos,
er schleuderte es weit, es fasste ihre Mitte.
„Such nicht, mir zu entkommen“ rief er laut zu ihr.
„Was kämpfst du gegen mich, du mondschöne Maid?
Ein Satansweib wie du ging mir noch nie ins Netz.
Aus meinen Armen kommst du nun nicht wieder frei.“
Nach diesem Kampf gab Gurdafrid die Hoffnung auf,
und keinen anderen Ausweg glaubte sie zu sehen,
als dass sie frei ihr Angesicht Sohrab darbot.
„Du kühner löwengleicher Held!“ rief sie zurück,
„zwei Heere schauen zu, wie wir den Kampf austragen,
mit Schwertern und mit Keulen aufeinanderschlagen.
Mein langes offenes Haar sieht jeder ganz genau,
und wer es sah, erzählt’s: „Der Held fing eine Frau.“

14. Sohrab plant den Krieg gegen den Iran

Im Iran herrscht Kay Kavos. Sohrab plant, in Turan Männer um sich zu versammeln, eine Armee zu bilden, um den mit wenig Glück Regierenden seine Grenzen klarzumachen. Er wird ihn bewegen, aus seiner Räuberhöhle hervorzukommen und alle Spuren von ihm auslöschen. Der Thron ist dann verwaist. Sein Vater wird auf ihm Platz nehmen und den Kronschatz wird er ihm schenken. Die Mutter wird er zur Königin von Zabulistan machen. Edle Absichten eines wohlgeratenen Sohnes!

Aber damit nicht genug, anschließend wird Sohrab vom Iran nach Turan marschieren und König Afrasiab von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Mit seiner Lanze wird er den amtierenden Herrscher den Abschied aus dieser Welt zu erleichtern, damit auch dieser Platz frei wird für den geliebten Vater.

Angespornt wird er zu diesem Streit durch seine Löwennatur und der Einsicht, dass niemand auf der Welt besser geeignet ist, die Krone zu tragen, als der liebe Vater. Auch die Mutter wird profitieren. Das kostbare Diadem, welches sie auf dem Haupt trägt, wird den Glanz der Sterne bei weitem übertreffen. Auf der ganzen Welt gibt es keinen Sohn, der seine Eltern noch mehr liebt als Sohrab.

15. Vierter Abschnitt: Der Palast des Königs Afrasiab

Neuigkeiten wurden zu Afrasiab gebracht. Sohrab starte Schiffe auf dem Wasser und versammle eine Armee um sich. Seinen Kopf hebe er hoch wie die Zypresse auf der Wiese. Von der Muttermilch noch nicht entwöhnt, hantiere er mit dem Schwert und übe sich im Bogenschießen. Als Afrasiab diese Worte vernahm, war er äußerst befriedigt, lachte ungeniert und zeigte sein Vergnügen. Aus seiner Armee wählte er den Krieger aus, der in der Handhabung der schweren Keule die meiste Erfahrung hatte. Mit ihm beriet er seine Strategie. Alles, was sie besprächen, solle er unter Bedeckung halten. Der Sohn muss nicht wissen, welches Aussehen sein Vater hat, nichts soll er in Erfahrung bringen von seiner Kindheit, nichts von seiner Abstammung, nichts fühlen von Rührung und Liebe. Wenn Vater und Sohn erst zusammengebracht sind und sich mit ihren Gesichtern gegenüberstehen, wird Rostam zweifelsfrei versuchen, die Oberhand zu gewinnen. Bei dieser Gelegenheit dürfte der betagte Held durch die Hände dieses Löwenmannes den Tod finden.

In seinem Netz grenzte er den Aufenthalt von Kay Kavos ein. Einst gehörte Afrasiab der Iran bevor Rostam den Schah Kavos als Lehnsherrn anerkannte und alle undankbaren Aufgaben für ihn erledigte. Afrasiab hat allen Grund, seinen Widersacher zu hassen. DAS BUCH DER KÖNIGE berichtet:

Falsch war es, dass Rostam des Feindes Hüften packte,
er hätte ihn besser bei den Achseln fassen sollen.
Er griff beim Gürtel ihn und warf in den Dreck.
Die Völker sahen es mit Grauen und schrien laut vor Schreck.
Turans Herr in seiner großen Not entkam,
auf schnellem Renner suchte er sein Heil.
Da konnte man der Elefanten Glocken hören,
die Pauken waren viele Meilen zu vernehmen,
und frohe Kunde brachte man dem Schah: “Rostam
bezwang des Feindes Heer, und er zerriss sein Herz!“

Wenn Sohrab erst erschlagen ist von seinem eigenen Vater und dieser das Geschehene begreift, ist das edle Herz dieses Mannes von Kummer vereinnahmt und keiner großangelegten Aktionen mehr fähig. So kalkuliert König Afrasiab.

16. Sohrab im Krieg

Schah Kavos schreibt einen Brief an Rostam und unterrichtet ihn vor der Gefahr, die dem Land von den Angreifern nördlich der Grenzen drohe und beschreibt ihren Führer. Ein Krieger von solcher Tapferkeit könne sich unter den Turaniern nicht befinden, antwortet Rostam, denn dieses Volk sei außerstande, einen solchen Mann hervorzubringen. Von einer Tochter des Königs von Samangan – den Namen habe er vergessen – habe er einen Sohn gehabt, dieser sei mit ihm zu identifizieren. Er sei noch viel zu klein, um auf eine solche Beschreibung zu passen.
2. Akt: 17. Instrumentale Einleitung

18. Fünfter Abschnitt: Konfrontation zwischen Rostam und Sohrab

Rostam ist auf Expedition gegangen und hat ausgekundschaftet, dass die drohende Gefahr ernstzunehmen sei. Kay Kavos beschließt darauf den Krieg unter Rostams Führung gegen Turan. Bevor die Vorbereitungen abgeschlossen sind, greift Sohrab an. Seine Leute nehmen einen iranischen Krieger gefangen und Sohrab ersucht ihn, ihm einen Hinweis auf Rostams Persönlichkeit zu geben. Der Gefangene ist jedoch seinem Führer ergeben und befürchtet, dass man versuchen wird, ihn zu töten. Selbst unter Androhung von Strafe verrät er ihn nicht und behauptet, der Feldherr sei zur Zeit nicht im Lager.

Tage danach, als Rostams Truppen endlich gerüstet sind, verlassen sie ihre Kaserne in die Richtung, in der die kriegerische Auseinandersetzung stattfinden soll. Schon bald gerät Sohrab in Rostams Blickwinkel, denn seine körperliche Ausstattung hebt ihn von allen anderen ab. Die weit ausladenden Schultern und die gewaltige Brust markieren die Landschaft und rivalisieren mit den eigenen körperlichen Attributen. Rostam fühlt sich an seinen Vorfahren Saam erinnert und kann sein Erstaunen nicht unterdrücken.

Auf Anhieb finden beide den verbalen Kontakt zueinander. Man konferiert über den geeigneten Kampfplatz, zieht alle geologischen Vorzüge und Defekte des Geländes in Betracht und kommt zu keinem Resultat. Es sollte wenig Buschwerk aufweisen und keine Erdlöcher von Maulwürfen oder anderen Nagern vorhanden sein. Die Elefanten, die der indische König dem Sohrab geschenkt hat, könnten versehentlich mit dem Fuß hineingeraten. Das Gelände muss zuvor von Giftschlangen gesäubert werden, damit die Pferde nicht scheuen und sich unkontrolliert aufbäumen. Eine Quelle sollte vorhanden sein, damit Ross und Reiter hin und wieder einen Schluck kühlen Wassers zu sich nehmen können, um für das nächste Einzelgefecht bei Kräften zu sein. Schließlich ist man des leidigen Themas überdrüssig und überlegt, ob es überhaupt notwendig sei, dass die Völkerschaften gegeneinander antreten. Man weiß doch ohnehin so recht nicht, um was es eigentlich gehen soll. Rostam schlägt einen Zweikampf vor - Mann gegen Mann. Vernünftig betrachtet sei eine Massenkeilerei völlig überflüssig, nur sie beide - das würde vollkommen ausreichen, um den Sieger festzustellen.

Sohrab gibt zu bedenken, dass der andere nicht geeignet sei, gegen ihn, den wesentlich Jüngeren, anzutreten. Seine Fäuste soll er sich zuerst einmal anschauen, bevor er solchen Unsinn vorschlägt. Rostam starrt zu dem stolzen Jüngling herüber, tut es ihm an Überheblichkeit gleich und erwidert dem zuversichtlichen junger Mann, die Erde sei hart und kalt und die Luft weich und warm. In seinem Leben habe er manches Schlachtfeld gesehen und manche Armee auf ihren Tiefpunkt gebracht. Jetzt ist Sohrab an der Reihe und behautet, dass fremder Heldenmut in der Regel unter seinen Füßen beerdigt wird. Sein Herz dränge ihn, barmherzig zu ihm zu sein, denn seine Seele sei er nicht willens, von seinem Körper zu lösen. In der Tat, einen Besitzer solcher gewaltiger Schultern und Arme hat Rostam weder bei den Turkvölkern noch im Iran jemals gesehen, er weiß keine Parallele zu ihm.

Im Laufe ihrer Unterhaltung war der Funke seines Herzens zu Rostam übergesprungen. Er will ihm eine Frage stellen und alles, was er antwortet, soll auf dem Fundament der Wahrheit ablaufen. Erzählen soll Rostam ihm von seinen Ursprüngen und kein Detail auslassen. Erfreuen will er sich an seiner freundlichen Geschichte. Es sei sein fester Glaube, dass er Rostam sei. Auf das ehrliche und aufrichtige Anerbieten antwortet Rostam bedenkenlos mit einer Unwahrheit und erklärt, er sei nicht Rostam. Die Nachwelt verübelt dem Helden seine Lüge bis heute, weil es hierzu kein Motiv und keine Erklärung gibt. Er sei ein Ritter, aber er besitze weder Rang, noch Thron, noch Krone, spinnt Rostam seine Lügen fort. Sohrab versinkt in tiefe Depression. Der prächtig begonnene Tag versinkt vor ihm im Dunkel, es wird vorübergehend Nacht um hin herum.

In bescheidenem Rahmen findet die Völkerschlacht nun erst einmal statt. Die kurzen Lanzen werden ins Ziel geschickt und die Schlacht beginnt zu wüten. Rostam muss sich eingestehen, dass er noch nie einen Drachen erblickt hat, der in der Schlacht so erbittert focht wie Sohrab. Sein eigener Kampf mit dem weißen Dämon war dagegen trivial. Dieses Mannes Mut lässt sein Herz ohne Hoffnung, die Schlacht zu gewinnen. Der junge Recke reduziert ihn zu einem Status, mit der Welt fertig zu sein, denn eine Steigerung seiner Erlebnisfähigkeit kann er sich nicht vorstellen. Das Gemetzel dauert zwei Tage. Nach Feierabend kehrt Rostam abgehetzt und mit den Nerven fertig in sein Lager zurück und will nur noch schlafen. Sohrab dagegen verbringt die Nacht bei Bauchtanz, Wein und Musikanten.

19. Sechster Abschnitt: Der Zweikampf von Rostam und Sohrab (instrumental)

Beim ersten Schein der Morgensonne heben die Krieger ihre Köpfe, nachdem sie ihren Schlaf beendet haben. Rostam legt seine Rüstung an und zieht sich die Kampfmütze mit dem schmucken Federbusch über den kahlen Schädel, der mit Gedanken und Konflikten belastet ist. Mit einem Schrei betritt Sohrab den Kampfplatz und lächelt zu seinem Gegenüber herüber. Er fragt ihn, wie er die Nacht verbracht habe und in welcher Stimmung er erwacht sei. Auf welche Kampfmittel er sich heute eingerichtet habe, möchte Sohrab noch wissen und lässt erneut eine Beratung vom Zaum. Er soll die Pfeile und das Schwert weglegen und die brutalen Klauen in die Erde stoßen. Zuerst empfehle es sich, das missmutiges Gesicht mit Wein aufzuheitern. Die anderen können unterdessen zum Krieg gehen. Möchte er nicht ein Abkommen mit ihm treffen und ein Fest vorbereiten? Dann geht vor allen Kriegern die Fragerei nach seiner Herkunft wieder los. Er ist sich sicher, dass Rostam einer Linie von Helden abstamme und er soll ihn doch bitte nicht in Unkenntnis lassen. Er verstecke seinen Namen vor ihm, seitdem beide in diesem Fechtgang engagiert sind. „Bist du nicht der berühmte Rostam?“ Der edle Knabe soll ihm den Gefallen tun und diese Tür nicht betreten. „Lass uns kämpfen und was auch immer dabei herauskommen mag, der Entscheidungsspruch fällt vom Beherrscher der Welt.“ Er sei nicht der Mann, der lügenhaften und ränkevollen Reden nachhänge und er möchte nicht von ihm getäuscht werden.

Eigentlich ist das ein endgültiger Bescheid, doch Sohrab mahnt erneut, dass er bedenken möge, wie betagt er schon sei, aber er sieht, dass sein Rat auf ihn keinen Effekt hat. Rostam ist nun wirklich ärgerlich, denn er ist es nicht gewohnt, von arroganten Grünschnäbeln belehrt zu werden.

DAS BUCH DER KÖNIGE formuliert den Dialog der beiden Helden so:

So mahnte Rostam ihn: Du, den der Ehrgeiz frisst,
wir sprachen nie so frei, jetzt sag’ ich, wie es ist.
Von Kampfestaten redeten wir letzte Nacht.
Doch nun halt ein! Mich hat noch keiner dumm gemacht.
Ich bin kein kleines Kind mehr, du bist noch ein Knabe,
sieh' diesen Gürtel, den ich um die Hüften habe!
Mag jeder von uns zeigen, was er kann und hat,
das Ende unseres Kampfes liegt in Gottes Rat.
Er hat durch viele Höh'n und Tiefen mich geführt,
doch Schluss! Ich bin kein Held, der nur die Zunge rührt.“
Sohrab erwiderte darauf: „Du alter Mann,
der vielen schönen Worte sind genug getan!
Dass man auf deinem Bette dich zur Ruhe legt,
hätte ich gewünscht, wenn deine letzte Stunde schlägt.
Dass jemand von dir bleibt, der über deiner Gruft
Auf deine arme Seele den Segen Gottes ruft.“

20. Sohrabs Tod

Der Kampf beginnt. Jeder der beiden Krieger versucht, nach dem Gürtel des anderen zu greifen und seine Taille zu umfassen. Rostam, immer noch verärgert ob der Belehrungen des Jugendlichen, streckt die Arme aus, um den Kopf und die Schultern des Gegners einzukreisen. Dieser kämpft wie ein Leopard. Doch Rostam gelingt es, blitzschnell den Dolch aus seinem Gürtel zu ziehen und stößt ihn dem mutig beherzten Sohn in die Brust.

An dieser Stelle muss dem Librettisten Einhalt geboten werden, denn DAS BUCH DER KÖNIGE erzählt die Geschichte völlig anders.

Zu fuße kamen sie, umsichtig und bedacht
und doch mit stolzem Blick, wie es der Krieger macht.
Die Pferde band man an, sie brauchten sie nicht mehr.
Sie standen kampfbereit, doch war ihr Herz so schwer.
Wie Löwen rangen sie, und ihre wilde Wut
fand neue Nahrung nur an dem vergoss'nen Blut.
Sohrab war wie ein trunkener Elefant im Streit,
war wie ein wilder Löwe auch, zum Sprung bereit.
Er griff Rostam bei seinem Gurt und zog und stieß
Mit solcher Kraft, dass fast des Helden Leib zerriss.
Hoch hob er empor den elefantenstarken Recken,
um ihn zu werfen und bezwungen hinzustrecken.
Mit lautem Zorngeschrei und heftiger Gebärde
bestürmte er Rostam, der Recke stürzt zur Erde.

DAS BUCH DER KÖNIGE führt die Geschichte in der Form zu Ende, dass Rostam lügenhaft behauptet, im Iran sei es Brauch, dem Gegner eine zweite Chance zu geben. Sohrab ist hierzu bereit, doch Rostam besitzt im Gegenzug diesen Edelmut nicht. Die Sage berichtet, dass er einst ein starkes Körpergewicht besaß, so dass er beim Laufen ständig in den Boden sank. Er bat deshalb seinen Schöpfer, diese überschüssige Kraft von ihm zu nehmen. Nun fleht er, dass die Gottheit ihm die alte Kraft nur ein einziges Mal zurückerstatten möge. Sein Wunsch wird erfüllt und nur deshalb konnte es ihm gelingen, den Jüngeren zu besiegen.

Sich vor Schmerz krümmend stößt Sohrab einen tiefen Seufzer aus. Sein erster Gedanke ist, den Kampfgegner aus der Verantwortung zu nehmen. Durch sich selbst sei er in diese Bedrängnis geraten, das Schicksal habe ihm den Schlüssel zu seinem frühen Tod in die Hand gedrückt. Sein Kampfgegner sei daran völlig unschuldig. Im Scherz werden die Menschen von der Wendigkeit seiner jungen Jahre sprechen und wie dieser mächtige körperliche Rahmen, mit dem das Schicksal ihn ausstattete, plötzlich in tiefen Nebel gesunken ist. Seine Mutter gab ihm ein Amulett, an dem sein Vater ihn erkennen möge, wenn die Liebe seiner Seele auf die ewige Reise geht und der Lehm sein Kissen ist. Gewiss wird es unter den Mächtigen jemanden geben und schadenfroh die Unglücksbotschaft zu seinem Vater Rostam tragen, Sohrab sei erschlagen und in Schmach gestürzt. Sein einziger Wunsch sei es stets gewesen, ihn zu finden.

21. Rostams Schmerz

Als Rostam diese Worte hörte, ward er in tiefe Bestürzung geworfen und die Welt wurde dunkel in seinen Augen. Als sein Gefühl zurückkehrte, überforderte er seinen todwunden Kampfgegner mit Fragen, welche Wertvorstellungen er von Rostam habe. Jetzt bricht das Bekenntnis aus ihm heraus, dass er Rostam, der Sohn von Saam sei. Er wirft sich nieder, bedauert sich selbst unendlich und wünscht, dass sein Name verenden möge für immer. Sohrab entgegnet, wenn es sich so verhalte, dass er Rostam sei, habe er in seiner krankhaften Natur den Sohn grundlos getötet. Er soll den Knoten von seinem Waffenhemd losmachen und seinen hervorragenden Körper betrachten. Sohrab erinnert sich. Eines Tages hörte er den Sound von Kriegstrommeln, die Mutter kam zur Tür herein und ihre Wangen flatterten vor Kummer. Ihr Geist verzagte bei seiner Abreise und an seinen Arm knüpfte sie einen Siegelring. Sie erzählte ihm, es sei ein Andenken an seinen Vater, er solle es gut bewahren und immer im Blick halten. Er werde ihm Unterstützung bringen im Falle, wenn er sie brauche.

Nun die Zeit ist gekommen und der Ring bringt den gewünschten Effekt. Die Schlacht ist vorbei und der Sohn wurde besiegt von seinem Vater. Die herrliche Sonne verblasste am Himmel und Rostam wird zum Schlachtfeld nicht zurückkehren.

22. Tahmineh erfährt von Sohrabs Tod

23. Klage Tahminehs

DAS BUCH DER KÖNIGE erinnert sich dieser Situation:

Zum Aufbruch rief am Tor der Trommeln dumpfes Dröhnen,
die Mutter stand dabei. Sie weinte blutige Tränen.
Sie war wie krank vor Angst, und doch, in ihrem Harm
Kam sie, und ein Juwel band sie um seinen Arm.
Sie sprach: „Dies gab dein Vater zur Erinnerung mir.
Bewahr es gut, verlier' es nicht, dann nützt es dir.“
Auch gab sie einen treuen Führer mir zur Seite,
dass er mir rate und mich in die Schlacht begleite.
Er hätte mir den alten Vater zeigen können,
den alle rühmen, könnt ich meinen Vater nennen,
sofern man seiner alten Taten noch gedenkt
und einen Ehrenplatz ihm in den Herzen schenkt.
Dann spielte arges Missgeschick mit mir sein Spiel.
Es kam die Nacht, in der mein treuer Führer fiel.
Nun ist der Kampf zu Ende und nur noch der Stein
Kann dem verächtlichen Verlierer nützlich sein.“
Er klagte, weinte und verbarg sein Haupt im Schmerz.
Rostam schrie auf: „Mein Kind, mein kühner Sohn, mein Herz!“

24. Trauerzug

25. Epilog (Tenor-Solo)

Zwanzig Männern wurde die Aufgabe zuteil, die Leiber der Pferde und Krieger mit Erde zu bedecken, die in der Schlacht gefallen war. Da standen zwei Pferde, bedeckt vom Staub der Ebene, Sohrab war nicht mehr und Rostam blieb abwesend.
Letzte Änderung am 9. Juni 2008
Beitrag von Engelbert Hellen

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