Siegfried Wagner (1869-1930)

Sonnenflammen

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Sonnenflammen
Entstehungszeit: 1912
Uraufführung: 30. Oktober 1918 in Darmstadt (Großherzogliches Hoftheater)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 130 Minuten
Erstdruck: Leipzig: Brockhaus, 1913
Bemerkung: Siegfried Wagner wollte in „Sonnenflammen“ keinen historischen Bilderbogen aufrollen. Deshalb sollte man sich dem Werk auch nicht unter falschen Voraussetzungen nähern. Dem Komponisten lag daran, Verhaltensmuster der Menschen zu karikieren und er wählte hierzu eine flappsige Sprache, die zum intellektuellen Anspruch in seltsamen Kontrast steht. Seine selbst geschaffenen Libretti sind teilweise skurriler Art. Der Komponist setzt auf eine Klangsprache, die sich der auslaufenden Romantik angleicht. Die großen Knallbonbons, welche die Werke seines Vaters auszeichneten, fehlen bei Siegfried gänzlich. Trotzdem ist die Beschäftigung mit dem Stammhalter nicht ohne Reiz und es lohnt sich, tief zu schürfen. Die gebratene Taube fliegt nicht in den Mund, man muss das Werk eingehend studieren. Die Zeit hat Siegfried Wagner rehabilitiert, denn fast alle Musikdramen liegen in vorzüglichen Tondokumenten vor.
Opus: op. 8

Zur Oper:

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Siegfried Wagner
Sprache: deutsch
Ort: Byzanz
Zeit: zu Beginn des 13. Jahrhunderts

Personen:

Alexios: Imperator (Bariton)
Irene: seine Gemahlin (Sopran)
Gomella: kaiserlicher Hofnarr (Tenor)
Iris: seine Tochter (Sopran)
Fridolin: ein fränkischer Ritter (Tenor)
Albrecht: sein Vater (Bass)
Eustachia: Haushofmeisterin (Alt)
Gottfried: ein Kreuzritter (Bariton)
Eunoë: eine Dirne (Sopran)
Weitere: ein Wahrsager, ein Winzer, der Gesandte von Venedig sowie Hofstaat, Ritter, Kreuzritter, Soldaten, Dienerschaft, Sklaven, Volk

Handlung:

1. Akt: 1. Szene:

Kaiser Alexios amüsiert sich auf seine Weise mit den Gassenbuben. Zu jedem Scherz aufgelegt, steht er auf dem Söller und wirft Münzen hinunter, um zu sehen, wie die Halbwüchsigen sich um das Geld prügeln. Lachend schaut die Hofgesellschaft zu und kommentiert den Ablauf der ziemlich brutal ausgetragenen Schlägerei. Der Vorrat an Münzen wird aufgestockt, um den Spaß zu verlängern. Ein Wegelagerer hat sich zugesellt und hält die Hand auf:

„Gebt von dem, was überfließt,
dass ein Bettler auch genießt!“

Inzwischen ist der Streit eskaliert und einer der Buben sticht mit dem Messer zu. Der Getroffene sinkt zu Boden und wird von den Wachen aus der Gefahrenzone getragen. Der Alte - ein wenig blind, ein wenig lahm - denkt, er kann jetzt das Feld behaupten, doch der Kaiser ist sich nicht zu schade, vom Söller herabzusteigen, und ihm die Krücken wegzunehmen. Den Behinderten wirft er zu Boden, um sich mit seiner Gesellschaft daran zu ergötzen, wie er zappelt.

Der durchreisende Ritter Fridolin - am Hof von Byzanz gern gesehener Gast - will dem Gestürzten wieder auf die Beine helfen. Doch der Bettler missversteht das gut gemeinte Angebot und fürchtet, erneut verspottet zu werden. Der unangebrachte Fluch des Alten, welcher denkt, Fridolin gehöre zur Clique, lässt ihn dessen Hilfsbereitschaft vergessen.

2. Szene:

Iris heißt die holde Jungfrau, die nun meint, dem fremden Ritter gute Ratschläge erteilen zu müssen. Er solle den Vorschlag des Alten beherzigen und von hier verschwinden, zürnt sie. Byzanz sei seine Welt nicht, denn der Verlogene habe hier wenig Chancen, akzeptiert zu werden. Das glühende Sengen der Sonne, wie es am Bosporus der Normalfall ist, vertrage er nicht!

„Die Sonne hier sprüht Flammen rot,
lodernd entzündet, sind sie dein Tod!“

Begreift sie nicht, was ihn hier festhält?, widerspricht behutsam der Gemaßregelte. Fridolin kann ihren emotionalen Ausbruch mit dem Verstand nicht unterbringen. Ist ihr der tapfere Ritter aus fernen Landen so wenig wert, dass sie für seine Gefühle kein Verständnis aufbringt?

„Aus demselben Munde, der ihn warnt,
weht der Zauber, der ihn umgarnt!“

Iris fordert Kälte, obwohl sie es doch war, welche die Flamme entfachte. Zum Löschen sei es jetzt zu spät, denn die Liebe halte ihn mit Zaubermacht umklammert.

Im Prinzip gäbe es kein Hindernis, welches der Entfaltung ihrer zärtlichen Gefühle entgegenstehe. Trotzdem, im Wege stünde ein gewaltiger Vorbehalt, welcher sie hindere sich mit ihm einzulassen. In seiner Eigenschaft als Kreuzritter habe er das Keuschheitsgelübde abgelegt, schöpft die Auftrumpfende aus dem Vorrat ihres Vorwitzes - daran solle er denken. Die Selbstachtung sollte ihm eingeben, Byzanz fluchtartig zu verlassen.

Er habe überhaupt keine Eile, entgegnet mutig Fridolin: Er sei bereit, die Region zu wechseln, wenn sie seinen Spuren folgen würde. Nur dann kann er ihre Erwartungen erfüllen, denn ohne sie kann er nicht atmen. Wie stellt der Einfältige sich ein gemeinsames Leben vor? Weshalb ist er überhaupt aus seiner Heimat fortgegangen? Er sei ein gemeiner Lügner, denn sie habe von Gottfried, seinem einstigen Gefährten, der sich ohne seine Begleitung zum Heiligen Grab aufgemacht habe, Erkundigungen eingezogen und erfahren, dass er bereits verheiratet sei. Eine Mordgeschichte habe er auf dem Hals, das sei die Wahrheit! Den Ehemann seiner einstigen Buhlerin habe er aus Eifersucht mit seinem Schwert durchbohrt! Seinem Vater und seinem angetrauten Weib habe er geschworen, Sühne zu leisten und nach Jerusalem zu pilgern. Offenbar habe er die Lust verloren und in Byzanz bei Kaiser Alexios festgemacht, um das angenehme Hofleben zu genießen, anstatt die Ungläubigen vom Heiligen Grab zu vertreiben. Genau deshalb sei sie wütend auf ihn. Eine schwache Frau sei sie und ihr soll es nicht ergehen wie der Vorgängerin. Denkt er etwa, sie könne als sein Liebchen in der gleichen Festung leben, in der seine Gattin den Haushalt führt? Nein Fridolin, das darf nicht sein! Nie wird sie ihre Schritte in den Norden lenken, um ihre Ehre verbotener Lust zu opfern! Die Flausen in seinem Kopf soll er entfernen, an sein Gelübde denken und endlich abreisen, um seinen Schwur zu erfüllen. Liebe bedeutet Bewunderung - er soll sich von ihr losreißen und dann wird sie ihn lieben! Liebe auf Distanz - dieser Logik will Fridolin sich nicht fügen!

3. Szene:

Gomella hat eine Vase mit Rosenöl zerbrochen. Der Duft, der an seinen Kleidern hängt, verrät ihn. Auf der Flucht vor seinen Verfolgern kann er sich gerade noch hinter einem Kamelienstrauch verstecken. Geniert der alte Spitzbube sich nicht, auf solch verstiegene Weise Aufmerksamkeit erregen zu wollen? Von den herbeieilenden Sklaven wird der hässliche Hofnarr der Lächerlichkeit preisgegeben. Kaiser Alexios, der auf der Suche nach Übeltätern ständig im Palast umherschleicht, kommt hinzu und erkundigt sich nach der Ursache des Lärms. Nach ausreichender Information gibt er Befehl, den Straftäter zuerst zu blenden und dann zu massakrieren.

Gomella wird ergriffen, setzt sich aber todesmutig zur Wehr, indem er aus Verlegenheit den Kaiser provoziert. „Will der Unverschämte seinen Tod noch mehr versüßt bekommen?“ unterbricht Alexios den Redeschwall seines Hofnarren. Doch der in die Enge Getriebene setzt nun alles auf eine Karte: Er verdiene viel Schlimmeres als den Tod, nämlich das Leben. Unter seinem Zepter zu leben, sei viel ärger als zehnfacher Tod. Alexios spottet: „Denkt der Narr etwa, wenn er frech wird, kann er sein Leben retten?“ Alexios sei im Vergleich zu seinen Vorfahren viel zu gutmütig. Sein Vater habe fünfhundert Mal geblendet, er dagegen überschreite diese Quote nur geringfügig! Der Großvater vergiftete fünfundsiebzig Mal - des Imperators Volumen sei nur unwesentlich angestiegen! Sein Herz sei weich; wenn schon, dann möge es auch zu seinen Gunsten schlagen! Der Narr soll zur Sache kommen, kein dummes Zeug schwafeln und zu seiner Duftnote Stellung nehmen: Umständlich beginnt Gomella seine verhängnisvolle Tat zu verteidigen:

In Gedanken versunken, ob er einst in den Himmel oder in die Hölle kommen werde, ging er seines Weges, als er in der Halle auf einem Tisch einen kleinen Haufen Gold erblickte. Schlimm würde es sein, wenn ein Dieb sich des Schatzes bemächtigte. Seine Unwichtigkeit trat näher heran und er erblickte auf den Münzen das Ebenbild des Kaisers. Sein liebes Gesicht, welches er auch im Herzen trägt, lag achtlos in einem Kasten, ein Umstand, der ihn schmerzte. Gomella fasste Mut, nahm eine Münze heraus, um das Schmuckstück nach Einrahmen durch einen Juwelier am Hals tragen zu können. Ein wenig ungebärdig küsste er das Bild des Kaisers und stieß dabei eine kleine Vase mit Rosenöl um, die neben dem Kästchen stand und so zerbrach. Der Inhalt ergoss sich über seine Hand und seine Kleider und der intensive Duft wurde ihm zum Verhängnis.

In Poesie aufgelöst, klingt der Sachverhalt gemäß Libretto folgendermaßen

„Ich ging, wie ich das gern so pflege,
harmlos sinnend meiner Wege.
Sinnend sag ich, weil es oft mich quält,
ob Gott mich einst oder der Satan erwählt.
Da sehe ich, ohne dass ich's wollt,
auf dem Tischchen ein Häufchen Gold.
O Leichtsinn, dacht' ich, welche Gefahr,
erspäht dies eines Diebes Augenpaar!
Ich tret' näher! Hei! Welch Entzücken:
Was muss geprägt ich da erblicken?
Das Antlitz meines Alexios!
O Schmach! Erniedrigt vor mir in dem Kasten lag
das süße Bild, das ich im Herzen trag'!
Ich fasste Mut, ich rief zu mir:
Ha, dieses Bild, meines Herzens Zier.
Das muss ich auch am Halse haben.
Ich küsste demutsvoll dein Bild.
Leider tat ich es zu wild.
Verdammtes Rosenöl, es lag dabei
Ich stieß daran, es brach entzwei.
Sein süßer Duft - so ist der Dank -
ward für mich Verrat-Gestank.“

Alexios durchschaut den Schalk und fragt sicherheitshalber, ob er ihn richtig verstanden habe. Wurde er aus Liebe zu ihm zum Diebe? Er vermutet, dass er gern am leben bleiben möchte, denn tot kann man noch lang genug sein. Gut, er darf sein Leben behalten, doch ein bisschen Strafe muss sein!

„Nur nicht blenden!“
„Nun, er kann es wenden!“
„Auch keine Ketten!“
„EINE kann ihn retten!“

„Wer?“ „Heute Nacht in diesem Garten soll Iris ihn erwarten“, lautet kurz angebunden des Kaisers Wille.

Das verdammte Rosenöl hat ihm die Situation eingebrockt. Hoffentlich lässt das Mädchen sich auf den Deal ein. Iris sollte den Vorteil wahrnehmen und auf moralisches Gehabe verzichten!

4. Szene:

Gomella ist dem Wahnsinn nahe. Er glaubt, ein Gespenst zu erblicken, und beschimpft den Spuk. Das abgeknabberte Gerippe weiß doch, dass er es nicht leiden kann und soll endlich verschwinden! Es möge den Alexios und seine Halunken erschrecken, aber nicht ihn. Die hinzukommende Tochter nennt er sein sumpferglühtes holdes Irrlicht und versteckt sich in alberner Todesangst hinter ihrem Faltengewand. Der Vater soll sich bitte beherrschen, auf mehr Würde achten und erzählen was ihn bedrückt: Ach, düsteres Gewölk hat sich über ihm zusammengezogen, offenbar soll sein Genie nicht länger strahlen. Mit seinem Leben muss er Unschuld zahlen. Ihm bleibt nichts als zu zerfließen und zu zerflattern wie verbranntes Papier.

Der süße Regenbogen, wie der Zerrüttete sein Kind nennt, soll sich wohlfühlen. Iris will nun wissen, weshalb er glaubt, sterben zu müssen. Gomella versucht nun mit windigen Tricks, seine Tochter mit dem Anliegen des Kaisers zu konfrontieren, hat aber nur ein schwaches Konzept. Er beginnt mit einem Wortspiel, ob es stimmen würde, dass alles, was sie besitze, genau so gut ihm gehöre. Iris weiß nicht, auf was der Vater hinaus will, und bestätigt ganz einfach seine Vorstellung. Was sein sei, gehöre auch ihr! Das läge ganz bei ihm, erwidert das Mädchen. Und was ihm gehöre, soll auch dem zuckerlieben Kaiser gehören - oder ist sie anderer Ansicht? Iris wechselt abrupt das Thema und fragt den Vater, ob er gestohlen habe. Aber Kindchen, Diebstahl kennt man nur bei gemeinen Leuten, in den Kreisen, denen er und seine Familie angehören, bezeichnet man eine solche Handlung als Missverständnis.

Iris merkt, dass etwas nicht stimmt, beschließt zum Kaiser zu gehen und um Aufklärung zu bitten. Sie sei sicher, dass er sie gnädig und gütig empfange, erklärt sie dem unschlüssigen Vater. Sehr gnädig wird er zu ihr sein! Vielleicht kann auch er bei dieser Gelegenheit Rettung finden, murmelt Gomella vor sich hin. Doch dann hat er plötzlich eine andere Idee. Er setzt sich hin und schreibt einen Brief an die Kaiserin. Anschließend bittet er seine Tochter, das Papier zu befördern, nimmt ihr aber das Versprechen ab, die Botschaft selbst nicht zu lesen. Was kann der Vater geschrieben haben?

5. Szene:

In Begleitung von Eustachia und weiteren Hofdamen hat die Kaiserin sich im Park auf eine Bank gesetzt. Iris verneigt sich tief und überreicht ihr den Brief des Vaters. Was ist der Grund, weshalb das holde Kind sich herbemüht hat? Die Kaiserin entfaltet das Papier und liest die Botschaft. Das Zucken ihrer Gesichtsmuskulatur verrät, dass sie über die Mitteilung nicht amüsiert ist, und schickt die Dienerschaft weg. Ihr Zorn fällt mit voller Wucht auf das Haupt der Ahnungslosen Iris. Die Schamlose besitze die ungeheure Frechheit, ihr diese Note selbst zu überreichen! Weshalb heuchelt die Übelwollende Schrecken, als ob sie nicht genau wüsste, was der Brief enthalte. Iris beteuert ihre Ahnungslosigkeit, doch Irene versteift sich darauf, dass sie in diesem Palast grundsätzlich angelogen werde. Iris schwört, dass sie über den Inhalt des Briefes nichts weiß, denn dem Vater musste sie versprechen, das Blatt ungelesen weiterzureichen. Die Hoheitsvolle fragt sich schmerzlich, wie lange sie die Schmach noch ertragen soll. Eine feige Dulderin sei sie, aber die rachelüsterne Mänade wird schon noch in ihr erwachen. Iris ist verlegen und fragt, ob sie jetzt gehen darf.

Irene hat noch ein paar Fragen und will wissen, wen Iris außer ihrem Vater sonst noch liebt. Ist es richtig, dass sie den Vater retten und der Kaiserin Schmach ersparen will? Da Iris die Antwort schuldig bleibt und nicht sagen will, wem ihre Liebe tatsächlich gehört, geht die Kaiserin davon aus, dass ihr Gemahl der Erwählte sei. Errötet war Iris aber deshalb, weil sie an Fridolin gedacht hat. Das Donnerwetter der Eifersüchtigen bricht über sie herein: Sie habe es gewagt, sich ihr niederträchtig zu nähern? Nichts anderes habe die Schamlose im Sinn, als ihr den Gatten zu nehmen. Iris erhitzt sich, doch die Kaiserin erkennt rechtzeitig ihren Irrtum und bittet, sanft zu bleiben. An ihrer Reaktion erkenne sie, dass die Beschuldigte keine Ahnung habe, was gespielt wurde. Korrekterweise unterrichtet sie die Bedauernswerte über den Inhalt des Briefes mit der Vermutung, dass das Leben des Vaters gerettet sein würde, wenn sie ihrem Gemahl reichlich Minne entgegenbringe. Ganz richtig, mit ihrer Schande soll sie des Vaters Tod verhindern! Jetzt gilt es, den Betrüger zu betrügen. Iris soll den Vater zwecks Beratung zu ihr schicken.

6. Szene:

Die Mägde sind erfreut, denn soeben sind mutige Kreuzritter mit dem Schiff angekommen, um vom Kampfgetöse am Grab des Herrn in Byzanz ein wenig Urlaub zu machen. Vom Strand her erklingt ihr Jubel, dass man das Tor öffnen soll, denn es nahen Freunde. Auf jeden, der sich einen guten Christen nennt, flehen die Geharnischten Gottes Segen herab. Fridolin will zum Hafen eilen, um die Kameraden zu begrüßen. Er sieht Iris bedrückt am Wegrand stehen und fordert sie freundlich auf, mitzukommen. Doch sie will zuvor den Vater fragen, ob es schicklich sei, sich unter die Fremden zu mischen. Nochmals bittet Fridolin inständig, ihn zu begleiten.

Unter den Ankommenden befindet sich auch Gottfried, der seinerzeit ohne Fridolin zum Heiligen Grab gereist war. „So knapp gekämpft und nur so kurz gebüßt“, spöttelt er. Der Franke kennt Fridolins Geschichte und die Gründe, weshalb er sich ins Morgenland aufmachen wollte, aber schließlich im moralischen Sumpf von Byzanz stecken geblieben ist. Sein Verrat sei vergessen und nun soll er nicht säumen, sich den Freunden wieder anzuschließen und mit ihnen aufbrechen. Auf ihn warte Männerstreit und Kampfbegehr, wie Gottfried es formuliert. Auf den Punkt gebracht seien die wichtigsten Pflichten der Gotteskämpfer: Raufen, Taufen und Saufen!

Gomella tritt mit einigen Höflingen auf und bringt eine formelle Einladung zum abendlichen Bankett in den Palast. Der Protokollchef ist der blonden Treuherzigkeit der fränkischen Ritter nicht wohlgesonnen und tritt ihr mit Misstrauen entgegen. Die Begeisterung für das Heilige Grab sei unaufrichtig. In Wirklichkeit seien die Fremden Randalierer und würden nichts anderes im Sinn haben, als Byzanz zu zerstören und den Bewohnern die Dächer über ihren Köpfen anzuzünden.

7. Szene:

Gomella hat den Plan, dem Kaiser anstelle seiner Tochter die Dirne Eunoë zu unterschieben. Er mustert sie ausgiebig, während sie ihm vorstellt wird, und quittiert zu seiner Zufriedenheit, dass Wuchs, Maskerade und Haartracht mit der Tochter übereinstimmen. Die alte Eustachia hat von Irene den Auftrag, zu lauschen und ihr von allem zu berichten, was sie mitbekommt. Iris ist in die Intrige eingeweiht, und hat vom Vater Weisung, sich die Arbeit mit Eunoë zu teilen. Die Tochter übernimmt die Konversation mit dem Kaiser und einzig die Dirne sei für den amourösen Teil der Aktion zuständig. Besonders gut überlegt ist der Plan nicht, denn wenn unachtsam agiert wird und Alexios den Betrug herausfindet, verliert Gomella seinen Kopf. Die Dirne soll sich an ihren Schwur halten und die Larve keineswegs lüften! Der Kaiser ist im Anmarsch und kommt die Treppe herunter. Der Hofnarr ist sich sicher, dass die Bäume dichthalten werden.

8. Szene:

Mit einer umfassenden Liebeserklärung wird die echte Iris vom Kaiser begrüßt. Der Verliebte erklärt ihr, wie stark er für sie empfindet. Auch die tieferen Ursachen erläutert er, weshalb er sich ausgerechnet auf sie konzentriert hat und holt aus: Die Kaiserin hatte ihm einst einen Sohn geschenkt, der aber geistig behindert ist. Alexios wünscht sich jedoch einen gesunden Erben, da er andernfalls den Kaiserthron an seinen Bruder abtreten müsse.

Iris geht durch den Kopf, ob die Dirne nicht überflüssig geworden ist, wenn sie selbst deren Part vollständig übernimmt. Der Kaiser umarmt die Begehrenswerte und schenkt ihr eine kostbare Halskette, die ihr über die Maßen gefällt. Ihre Gefühle krempelt sie um und spielt mit dem Gedanken, eine dauerhafte Beziehung mit Alexios zu installieren, in der Eunoë nicht vorkommt.

Im Schlafzimmer will Alexios auf sie warten und er verschwindet in der Halle, damit sie ihm unauffällig folgen kann. Eunoë kommt und erklärt, dass die schöne Kette selbstverständlich ihr gehöre, doch Iris will den Schmuck nicht abgeben. Gomella muss seine ganze Diplomatie aufbieten, damit die Stellvertreterin die Kette erhält, um in Schlafgemach ihre Rolle zu Ende zu führen. Nicht auszudenken, wenn Eunoë nicht dicht hält und plappert.

Plötzlich biegen sich die Zweige des Jasminstrauchs auseinander und ein Gesicht mit leuchtenden hungrigen Augen wird sichtbar. „Fridolin! Was schaust du so? Wo kommst Du auf einmal her?“
2. Akt: 9. Szene:

Aus dem Weinberg gegenüber der kaiserlichen Residenz erklingt das traurige Lied eines Winzers. Von seinem Mädchen hat man ihn getrennt und er sehnt sich danach, dass ihm die holde Maid einen Gruß über das Meer schickt. Den Klang der Heimat entbehrt er schon seit langer Zeit. Ein Lüftchen soll ihm den vertrauten Tonfall ihrer Stimme zuwehen, damit er sich daran laben kann. Sein Herz ist so schwer und die Holde soll ihn hier in der Fremde nicht allein lassen.

Eustachia wünscht sich, dass der Traubenpflücker seinen Gesang bald einstellt, denn die Melodie stimmt die Kaiserin traurig. Diese stickt an einer Altardecke und beachtet kaum ihren kleinen Sohn, der zu ihren Füßen spielt, denn trübe Gedanken bewegen ihre Seele. Irene ist mit ihrem Leben unzufrieden. Sie fragt sich, weshalb sie kein Gift mischt, um ihre Schmach zu beenden. Warum bestellt sie keinen Mörder, der aus dem Weg räumt, was ihr verhasst ist? Vielleicht wäre es noch besser, einen Liebestrank anzuwenden, um das Herz ihres Mannes wieder an sich zu fesseln. Ein ungestilltes Sehnen zieht sie zu ihm hin. Noch einmal möchte sie das Wonnegefühl erleben, welches in der ersten Zeit ihrer stürmischen Liebe Besitz von ihr ergriffen hatte. Trost ist nicht in Sicht! Hilfsweise möchte sie ihre Dienerin ein bisschen ärgern und ersucht Eustachia, ihr noch einmal zu erzählen, weshalb ihre Schwester sich mit ihrem Kind ertränkt habe. Aus Abscheu vor einem rohen Mann, der sie vor anderen gekränkt und völlig unnötig gedemütigt hat, ist ihre unverblümte Antwort. Denkt Eustachia, dass der Suizid der Schwester ewigen Frieden verschafft hat? An den Unfug, den die Pfaffen erzählen, glaubt Eustachia ohnehin nicht, denn jeder ist für sich selbst zuständig und handelt eigenverantwortlich. Die Seelentröster sollen nicht wagen, die Ärmste zu verdammen, dann bekommen sie es mit ihr zu tun. Die Bewegte ist sicher, dass Gott die Unglückliche in den Himmel aufnehmen wird und es eines Tages mit ihr ein Wiedersehen gibt. Befriedigt, der Herrin gründlich Bescheid gegeben zu haben, rauscht die Alte davon.

10. Szene:

Iris stürzt atemlos auf die Veranda und sucht Schutz bei der Kaiserin. Sie hat das Problem, aufzupassen, dass zwei verliebte Gockel, im Wahn der Eifersucht befangen, nicht aneinander geraten. Eunoë hat den Kaiser offenbar angeschwindelt und zu ihm gesagt, dass Iris ihn erwarte. Er ist erschienen, doch gleichzeitig hörte sie unter dem Fenster Fridolin nach ihr rufen und floh durch die Seitenpforte. Der Kreuzritter hat den falschen Verdacht geschöpft, aber sie vermeidet seine Umarmung, weil sie sich über ihre Liebe zu ihm nicht im Klaren ist.

Die Tugendhafte soll sich hinsetzen und sie unterhalten, während sie an dem Tuch stickt, fordert Irene das Mädchen freundlich auf. Es soll Alexios in Ruhe herankommen lassen - mit der Macht ihrer Stimme wird sie ihn schon dämpfen. Liebt sie den Fridolin eigentlich? Sie weiß es nicht, aber zunächst einmal möchte sie stolz auf ihn sein und davon ist sie im Moment noch weit entfernt. Seine Liebe, die ihn alles vergessen lässt, achtet sie also nicht? Irene denkt, wenn er selbst sich seiner Liebe erst sicher ist, wird er auch sein törichtes Gelübde erfüllen.

Iris hat die Vorstellung, dass er sich zunächst einmal von ihr losreißen und zur heiligen Stätte gehen soll. Sein blutendes Herz soll er dem Gelübde freudig opfern, damit sie erkennen kann, dass er ein großer und wahrhafter Mensch ist. Und was sei mit ihr, wenn ihn der Tod trifft, forscht Irene weiter?

„Sein Auge zu schließen eilte ich hin!
Seine Leiche würde ich beweinen
und trauernd ewig ihn lieben.“

Iris jammert deshalb, weil Fridolin den zahlreichen Recken nicht gleicht, die in den Heldensagen der höfischen Literatur anklingen. Die blonden nordischen Helden waren wackere Streiter, sich ihres Mutes und ihrer Kraft bewusst. Treue und Ehre hatten sie in der Brust, unbekümmert und lachend erwachten sie beim morgendlichen Weckruf. In Roms Mauern drangen sie einst jauchzend ein, um die morschen Prachtbauten in Trümmer zu legen. Die zündenden Flammen schlichen durch die Korridore der Lüge, bis sie in sich selbst zusammenbrachen. Der dekadenten römischen Gesellschaft zeigten sie, zu welchen Taten Barbaren fähig sind.

Sie glichen dem brausenden Sturmwind und scheuchten die giftigen Dünste, die mit ihrem Pesthauch alles Gesunde ringsherum scheußlich verseuchten. Einen solchen Helden, wie sie ihn in ihren Träumen sah, möchte Iris ihr eigen nennen. Aufblicken möchte sie zu ihm wie zu einer Gottheit, denn nur Bewunderung kann ihr Herz zur Liebe entzünden.

11. Szene:

Abrupt taucht Fridolin auf der Terrasse auf, ohne von Irene Notiz zu nehmen. Er beabsichtigt, Iris, die verlegen an einem Tuch stickt, zur Rede stellen. Doch die Kaiserin rügt das unangemeldete Eindringen des Besuchers in ihren Wohnbereich und tadelt erzürnt seine ungehobelten Manieren. Als Buße muss er Garn entwirren und zu einem Knäuel formen, dann darf er auch in Iris' Nähe bleiben. Allerdings macht Fridolin die ihm aufgetragene Arbeit so unordentlich, dass ihm die Kaiserin damit droht, Pallas Athene werde ihn in eine Spinne verwandeln.

Alexios hat es aufgegeben, in ihrem Heim auf Iris zu warten. Ärgerlich betritt er die Terrasse, erfasst mit einem Blick den fränkischen Hausgast und überlegt, wie ob er den Nebenbuhler mit List entfernen oder Gewalt anwenden soll. „Wie neckisch anzusehen“, höhnt Alexios; er beabsichtigt allerdings nicht, als Störenfried zu gelten. Er solle doch Platz nehmen, ermuntert ihn Irene: Wenn beide Männer Hand anlegen, geht die Arbeit schneller voran. Alexios soll sich ein Beispiel an Theseus nehmen! Bevor er den Minotaurus bezwang, hatte Ariane ihm ein Knäuel Garn in die Hand gedrückt, damit er es abrolle, wenn er aus dem Labyrinth nicht nach Hause zurückfindet.

12. Szene:

Alexios möchte von Iris wissen, weshalb sie fortgelaufen sei. Bitte den Scherz am kommenden Abend nicht wiederholen, wispert er ihr zu. Wohin hat sie den schönen Schmuck getan? Welchen Schmuck? Nun, denselben, den er ihr gab! Warum trägt sie ihn nicht? Fridolin ärgert sich, weil die beiden geheimnisvoll tun und nur leise miteinander sprechen. Die Verlegene behauptet, dass sie sich schäme! Doch zum Fest muss sie sich damit schmücken. Fridolin ärgert sich still vor sich hin und Irene unterstellt, dass es ihn freue, sie zu kränken. Hoffentlich ist das grausame Spiel bald zu Ende!

Ohne Rücksichtnahme auf seine Frau agiert Alexios unbekümmert. Alle Welt soll wissen, dass er Iris liebt. Denkt sie noch daran, was er ihr versprach? Fridolin wird immer ungehaltener. Nun hat er eine Erklärung für die Kälte der Geliebten: ihren Blick hat sie auf den Kaiser gerichtet. Dieser wird zudringlich und rückt Iris dicht an die Seite. Die heftig Umworbene mahnt zur Zurückhaltung. Niemand soll von seinen Intimitäten etwas mitbekommen! Die Kaiserin höhnt, dass er sich keinen Zwang antun soll, denn sie kann sich alles Weitere ohnehin zusammenreimen. Alexios hat keine Lust, Fridolin schonend zu behandeln, und fährt ihn an:

„Fridolin hör, ich sann was aus:
Seit lang bist du hier im Haus,
nur süßen Freuden in Ruhe ergeben!
Genügt einem Kämpfer solch Leben,
wo alle Manneskraft erschlafft?
Gern boten wir dir Gastfreundschaft!
Zur zweiten Heimat ward dir Byzanz!
Wie wär' es nun? Es könnte sein,
dass Wolken umdüstern des Friedens Schein.
Mutig und ohne Wanken,
lobt man euch freie Franken.“

Alexios führt weiter aus, dass er geneigt sei, Ehre und Ruhm auf ihn zu häufen, doch hierzu sei Byzanz nicht der geeignete Ort. Wie wäre es mit einem Einsatz in der Ferne? Fridolin dankt für solcher Gnade Zeichen, möge der Friede niemals von ihm weichen. Die Kaiserin winkt Dienerinnen herbei, damit sie die Stickarbeit wegschaffen sollen. Der Ritter sei von seiner Tätigkeit nun entlastet. Er möchte Iris gern allein sprechen, weiß aber nicht, wie er es anstellen soll. Irene gibt Iris ein Zeichen, ihr zu folgen. Sie schickt sich an, ihr zu gehorchen, doch Alexios hält sie am Ärmel fest und küsst sie.

Hört der Ritter nicht? Die Audienz ist beendet! Widerwillig entfernt sich der Verabschiedete, hält dann aber inne, als ob er noch etwas auf dem Herzen habe. „Zum Donnerwetter, ist der Ritter noch immer da!?“

13. Szene:

Fridolin fasst Iris scharf ins Auge und will von ihr wissen, wo sie letzte Nacht gewesen sei und was Alexios eigentlich von ihr wolle. Nichts kann sie dazu zwingen, seine Fragen zu beantworten. Aber Fridolin besteht darauf, dass sie ihm Rechenschaft ablegt. Woher nimmt er den Mut? Solche Kühnheit kennt sie bisher gar nicht von ihm! Merkt er nicht, dass er lästig wird? Zweifel und Ungewissheit haben sich den anderen Qualen zugesellt. Sie soll an den letzten Kuss denken, der ihn so sehr entzückte. Ihre Lippen waren nicht kalt, als sie ihn willig erwiderte. Ein Beben und leichtes Zucken verrieten ihm, dass er ihr nicht abhold sei. Nun, man wird sich doch wohl mal vergessen dürfen! Warum muss es unbedingt sie sein, die er liebt? Er hat doch ein Weib und eine Geliebte zu Hause sitzen. Zu diesen beiden soll er sich begeben. Das harte Mädchen macht ihm immerzu Vorwürfe, aber sie soll ohne Sorge sein, seinen Ritterschwur wird er einhalten und nach Jerusalem fahren, denn er will ihrer wert sein. Aber welche Sicherheiten hält sie für ihn bereit, damit er sich nicht umsonst abmüht?

14.Szene:

Für Liebesgeplänkel ist keine Zeit mehr, denn Gomella verkündet seinem Irrlichtchen, dass ein Staatsempfang zu Ehren des Gesandten der Republik Venedig stattfinden wird. Das Herrscherpaar von Byzanz hat die Warteschlange der favorisierten Ehrengäste abgeschritten und ist am Thron angekommen. Doch was macht Alexios? Er ruft nach Iris, damit sie zu seiner Rechten auf dem Thron Platz nehme. Die Kaiserin fühlt sich gedemütigt und zweifelt, ob Alexios ihr diese Schmach tatsächlich antun wird. Der Gereizte beachtet ihren Einwand nicht. Gomella belehrt seine Tochter, dass es heißt zu gehorchen, wenn der Kaiser befiehlt, und schiebt sie kurz und bündig an seine Seite. Die Kaiserin protestiert und will sich stolz entfernen. Sie habe den Saal nicht zu verlassen, bestimmt der Kaiser diktatorisch! Er winkt Fridolin herbei und bedeutet ihm, dass zu Füßen seiner Gattin noch ein Plätzchen für ihn frei sei. Der Empörte verweigert den Gehorsam und spielt den Beleidigten.

Der Kaiser fragt die verstörte Iris, weshalb sie die Halskette nicht trage, die er ihr geschenkt habe - ihr Kragen wirke völlig nackt. Gomella flucht der besitzergreifenden Eunoë, die den Schmuck an sich genommen hat. Die Sklavin, die dumme Gans, habe die Kette verlegt und halte sich zurzeit versteckt, hilft Gomella seiner Tochter aus der Verlegenheit. Im Gänsemarsch erreicht die Gesandtschaft inzwischen den Thron und wickelt ein Geschenk vom Dogen Dandolo aus. Alexios behauptet, diesen Namen noch nie gehört zu haben und findet ihn äußerst komisch. „Dandolo, nimm deinen Sandolo! Komm nach Byzanz zum Tanz!“ Die Pergamentrolle mit einer Huldigung vom Dogen gleitet zum Spaß von einer Flosse zur anderen und wieder zurück. Der venezianische Gesandte wird allmählich aggressiv und will wissen, ob er das Ziel von Spottlust geworden sei. Alexios bittet, seine Heiterkeit zu entschuldigen, aber einen Fürsten der Dandandandolo heißt, könne er nicht ernst nehmen. Der Gesandte droht, dass man schon recht bald von seinem Herrscher hören werde. Venedig sei die Königin der Meere und lasse Verunglimpfung nicht auf sich sitzen. Da die Heiterkeit kein Ende nehmen will, verlassen die Gesandten den Saal.

Alexios hat begriffen, dass er sich unpassend benommen hat, und fürchtet ob seines kleinen Scherzes ernsthafte Konsequenzen. Deshalb heißt es, zweckmäßig gerüstet zu sein. Fridolin wird zum Feldherrn ernannt. Er liebt die Stadt am Bosporus und deshalb gibt es keinen besseren als ihn, sie gegen den Feind zu schützen. Der blonde Ritter bekommt einen Orden umgehängt und alle Byzantiner jubeln ihm zu. Doch Fridolin weigert sich zu aller Überraschung, diese Ehre anzunehmen. Unter den Venezianern seien auch Kreuzfahrer gleich ihm, und gegen seine Brüder mag er nicht kämpfen. Wozu die Bescheidenheit, über die Vermehrung seines Ruhms sollte er sich doch freuen!

15. Szene:

Der Bruder des Kaisers hat eine Verschwörung geplant, in die Gomella in falscher Einschätzung seiner Person dummerweise einbezogen wurde. Doch der Hofnarr ist seinem Souverän treu ergeben und gibt ihm einen Wink, dass Verrat lauere.

„Schöner Tanz, Meuchelmord in Tanz gewickelt
ist die neueste Medizin.
Man hat mich reichlich zwar bestochen.
Doch Verrat ist doppelter Gewinn!“

murmelt Gomella vor sich hin.

Während eines Balletts, welches während der Vorführung von einer Tanzdeuterin mit Harfenbegleitung interpretiert wird, soll der Anschlag ausgeführt werden. Das Stück heißt „Die Rache der Artemis an Ophis“ und stellt eine Episode aus der antiken Mythologie dar. Die keusche Ophis soll dem Kaiser ein Messer in den Rücken jagen, während er durch Musik und Tanz abgelenkt ist. Das Mädchen streikt und die Balletttänzer dringen mit gezücktem Dolch auf den Kaiser ein. Vorgewarnt hält er dem ersten Angriff mutig stand und die herbeieilenden Leibwächter - von Gomella instruiert - machen die Täter sogleich kampfunfähig und binden ihnen die Hände auf den Rücken.

Den Nebenbuhler loszuwerden, hatte Fridolin sich zu früh gefreut, und seine Heiterkeit offen zur Schau gestellt. „Heil, Strafe des Himmels! Ich bin gerächt!“ Mitgefangen, mitgehangen! Iris sieht es und bebt. Sie eilt zur Kaiserin, um für den irregeleiteten Geliebten zu flehen, damit sie ihn schütze. Die Verzweifelte erhält von Irene den Rat, dass der Bedauernswerte Wahnsinn heucheln soll - Gomella solle es ihm zutragen - damit der Gefährdete den Passus der Strafunmündigkeit für sich in Anspruch nehmen kann. Das gelingt ihm vorzüglich, denn er ist tatsächlich wahnsinnig vor Glück, weil die liebe Iris sich für ihn eingesetzt hat. Geistesgestörte genießen - wie überall auf der Welt - einen gewissen Schutz, doch der Kaiser lässt sich nichts vormachen. Er durchschaut den Trick und spielt - von Irene ein bisschen gesteuert - gönnerhaft mit. Gomella komme langsam in die Jahre - was dieser allerdings bestreitet - und wird sein Amt als Hofnarr bald nicht mehr bekleiden können.

Wenn Fridolin sein Leben lieb sei und es behalten möchte, bietet ihm der Kaiser die Chance, Gomellas Nachfolger zu werden, denn der Witz des Alten vertrockne langsam. Einen neuen frischen Narren hätte er dringend nötig! „Schere oder Schwert?“ Der Gefangene soll sich entscheiden. Nachdem ihm die Postion eines Feldherrn nicht behage, bleibe ihm als Todeskandidat keine andere Wahl! Fridolin sucht Iris' Blick. Wird sie ihn ohne seine blonden Locken noch akzeptieren? Zum Zeichen seiner neuen Würde wird ihm der Schädel kahl geschoren. Mädchen eilen herbei, um den Gefesselten für seine Glanzrolle herzurichten. Der Opernchor singt:

„Schnell, Schere, schneide, schnipsle weg!
Mäht den Kopf wie frisches Heu.
Armes Kornfeld, Weizen, Roggen!
Grimmer Sense fallen Locken.
Immer weiter, schneiden, hobeln.
Bald sind es nur Ehren-Stoppeln.
Andere würden vor Schande rot,
doch Fridolin wählt den Locken- und Ehrentod.
Hei, seht den neuen Narren!
Die Scher' hat ausgeschnipselt,
die Sense hat gemäht!
Ehre weg, Locken weg!
Närrlein fein, Närrlein fein!“

Iris hat unbemerkt eine abgeschnittene Locke vom Boden aufgehoben und bei sich verborgen. Ach, Iris, Haare wachsen wieder nach. Die übrigen Verurteilten sind schlimmer dran. Sie wird man wahrscheinlich des Hochverrats bezichtigen und rädern:

„Lausch', die römischen Mönche sind's.
Sie geleiten die Verräter zur letzten Pein
und murmeln dazu tröstendes Latein.“
3. Akt: 16. Szene:

Fridolin wird von Gomella in seine zukünftige Tätigkeit eingewiesen, welche Worte ein Narr wählt, um zu schmeicheln und wie man tänzelt und mit dem Schellenring klappert. Gomella macht es vor und Fridolin ahmt es nach. Alexios ist nicht zufrieden. Ist der Humor von gestern etwa heute schon verschwunden? Nun, aller Anfang ist schwer; es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!

17. Szene:

Gomella hakt sich bei Fridolin ein und zieht ihn mit sich fort. Eustachia hat diesen Moment abgepasst, um dem Kaiser einen Abschiedsbrief von Irene zu überreichen. Er bewertet den Inhalt in der Weise, dass Irene sich ertränkt und das Kind mit in den Tod gerissen hat. Gewissensbisse klopfen bei ihm an! War er zu roh zu ihr? Kränkte er sie zu heftig? Die Eifersüchtige hätte sich besser beherrschen und ihn nicht ständig zur Weißglut bringen sollen! Geliebt hat er sie nicht! Betroffen ist er trotzdem. Eustachia fand die verhängnisvolle Botschaft auf dem Estrich liegend in ihrem Gemach. Die Nachricht vom Unfall der Kaiserin soll vorerst geheim bleiben, damit beim morgigen Fest keine Missstimmung aufkommt, legt Alexios fest. Er beauftragt die Dienerin, wie gewohnt die Mahlzeiten der Verstorbenen in ihrem Gemach abzustellen und später wieder zu entfernen. Waren zum Zeitpunkt des Ablebens keine Mägde bei ihr? O Freveltat!

18. Szene:

Volkslärm dringt nach oben. Ein Wanderprediger kündet auf der Straße den Weltuntergang an als Strafe für begangene Missetaten. Die Leute sollen ihre Sünden wegwerfen, sich reinigen und sich für ein Leben im Jenseits rüsten. Der Prophet soll nach oben kommen, denn der Kaiser möchte eine Zeitansage hören, wie lange er das Sonnenlicht noch genießen kann. Nicht nur schwätzen kann der Scharlatan, sondern auch aus der Hand lesen. Der Kaiser soll die Lanze des Feindes scheuen und den Totentanz fürchten. Fridolin will wissen, was mit ihm ist und hält seine Handfläche zum Studium hin. Zunächst hält der Weißbärtige sich mit Auskunft zurück, doch dann erklärt er:

„Noch ehe die Welt zu Grunde geht,
hast du selbst dich weggemäht.“

Seine Schande, die er gewählt hat, um zu leben, wird ihn töten. Man soll dem Alten mehr Geld geben, dann werden auch die Auskünfte automatisch besser!

19. Szene:

Ein Diener kündigt Fridolin, dass er Besuch aus dem Frankenland bekommen habe. Sein Vater wartet vor der Tür und begehrt, ihn zu begrüßen. Fridolin wickelt schnell ein Tuch zu einem Turban, damit der alte Herr seinen Kahlkopf nicht wahrnehmen kann. Der Vater schließt den lange Vermissten in die Arme und wundert sich über seinen ulkigen Aufputz. Zum morgigen Maskenfest habe er die ärgerliche Anprobe hinter sich gebracht. Als Geschenk überreicht ihm der Angereiste den Ehering seiner lieben Gattin, die immerzu an das Sühneopfer denken muss, welches er ihr zuliebe auf sich genommen hat. Sie grollt ihm nicht mehr, denn der Zahn der Zeit hat die Wunde, die er ihr zufügte, geschlossen. Nun ist es ihm erlaubt, wieder mit ihm nach Hause zu fahren. Seines Gelübdes sühnende Kraft habe sie aus qualvoller Nacht des Leidens wieder ans Licht zurückgebracht. Albrecht will wissen, ob sein Herz jetzt geläutert ist? Das Billet für die Heimreise ist schon gebucht - das Schiff wartet bereits im Hafen.

Der Sohn soll ihm von Jerusalem erzählen und vom heiligen Krieg. Der Vater wird lachen, aber bis jetzt ist er noch nicht dazu gekommen, sich nach Jerusalem auf den Weg zu machen. Scherzt der Bußfertige etwa? Wo ist er die ganze Zeit gewesen? Nun, in Byzanz am Hof des Kaisers war er zu Gast. Eine kleine Verzögerung - gewiss wollte er mit dem zweiten Heer ins Heilige Land ziehen? Keineswegs, denn das Gelübde zu erfüllen habe er keine Lust mehr.

Gomella schafft Fakten! Er reißt dem Sünder den Turban vom Kopf, so dass es den Vater drängt, nach dem Verbleib der blonden Locken zu fragen. Die Antwort gibt Gomella, dass Narren keine Locken tragen. Wer der Unverschämte sei, will Albrecht wissen? Er sei der weltberühmte Gomella, stellt der Provozierte sich vor. Für Söhnchen sei es ein Vergnügen auf weich gepolstertem Abgrund seine Sünden glattzurutschen. Beim Kreuz, dem er zu dienen gelobte, bei der Mutter, die ihn gebar, bei der Liebe seiner Gattin soll Fridolin erklären, was mit ihm los ist. Die passende Antwort kleidet sein Ausbilder in schöne Verse:

„Fridolins Ehr' ist arg getrübt,
seit er am Kaiser Verrat geübt!
Doch Alexios gnädig die Wahl ihm bot:
Schere oder Schwert! Leben oder Tod!
Söhnchen natürlich für Schere entscheidet!
Ist man doch längst nicht zu sterben bereit!
Denn Leben heißt Lieben und Fridolin liebt!
Meine Iris ist's, mein Töchterlein!
Sein Paradieschen! Und seine Höllenpein!
Für sie ward er Narr; vergaß ganz der Ehr'!“

Die Locken, leicht und licht, lockten die Schere und somit wurde er sein Zögling und verwaltet sein Erbe. Damit der Brummbär nicht glaubt, alles sei Hohn, zahlt er Fridolin im voraus seinen Wochenlohn. Gomella reicht Fridolin einen Beutel mit Goldmünzen. Albrecht zieht sein Schwert und will sich auf Gomella stürzen. Doch Fridolin fährt dazwischen, tadelt den Vater und fordert ihn auf, die Wahrheit nicht zu bestrafen. Der verruchte Sohn soll sich in einen Scheiterhaufen stürzen und auf diese Art den Rest seiner Ehre retten. Albrecht verflucht den Entarteten und macht sich auf die Heimreise. In Byzanz hat Fridolin gelernt, schlimme Sachen gelassen zu verarbeiten. Anmutig tändeln wie Flaum im Wind, man muss die Dinge nehmen, wie sie sind! Nordisch wildes Schneegestöber mit Hagel Blitz und heiliger Entrüstung passen nicht in die Welt von Byzanz.

Gomella hat einen Einfall. Er schwört dem Bedrückten, dass Iris nicht beim Kaiser war. Der Verdacht sei falsch, denn sie liebe nur ihn. Damit ist der Unmut seines neuen Zöglings gestillt.

20. Szene:

Fridolin fühlt sich in seiner Narrenrolle absolut nicht wohl. Die Sehnsucht nach der Heimat erfasst ihn mit Urgewalten. In einen endlos anmutenden Monolog verpackt er seine Liebe zur angestammten Heimat und gedenkt ihrer Schönheiten und Schätze. Im Geist sieht er Wiesen mit bunten Blumen und hört der Wälder harziges Rauschen. Todessehnsucht erfasst ihn und er fühlt, dass ihn das Frankenland niemals mehr wiedersehen wird.

„Heimat, geliebte, dich muss ich missen,
deine Blumen darf ich nicht mehr grüßen.
Wie der Falter hin zur Flamme fliegt,
so zog es mich hin zur fremden Sonne
zu ihrer Strahlen sengenden Wonne,
zu anders wehenden schwülen Lüften.

Es halten Arme mich fest umschlungen!
Vergebens habe ich mich ihnen entrungen.
Sie klammern sich fest! Ich fühle ihre Kraft,
an ihnen ist all mein Wille erschlafft.
Ach, hätte das Licht mich geblendet,
des Sehens Qual hätte es geendet! … „

Eine Schar Tänzerinnen lässt Fridolin seinen Trübsinn vergessen. Er soll das närrische Getue lassen und wieder der Alte sein. Ausgelassen ziehen sie ihn mit sich fort.

21. Szene:

Das angekündigte Fest beginnt mit allerhand Mummenschanz, bei dem Puppen unliebsamer Herrscher verbrannt werden. Das Phantom der ertrunkenen Irene erscheint und will mit Alexios tanzen. Es verrät ihm, dass er in jener Nacht nicht Iris, sondern Eunoë beglückt hat. Alexios fragt, ob alle Puppen verbrannt sind oder welche als nächstes an die Reihe komme. Fridolin sieht sich in einem Anfall geistiger Umnachtung als nächstes Opfer und ersticht sich. Gomella fragt sich, was Iris zur verkorksten Situation beitragen wird. Es ist kein Narrenwitz, Fridolin will den Geist tatsächlich aufgeben. Iris bittet, seine Totenruhe nicht zu stören.

Die Feinde sind gelandet und zünden die Stadt an. Waffenlärm ertönt und Kreuzfahrer Gottfried erscheint als ruchloser Anführer auf der Bildfläche. Gomella will ihm verraten wo die Kronjuwelen versteckt sind, wenn Gottfried ihn am Leben lässt. Der sterbende Fridolin trägt dem Freund auf, in der Heimat den Vater zu grüßen. Iris soll sich beeilen und fliehen, denn ihn erwarte die finstere Nacht.
Letzte Änderung am 24. Februar 2013
Beitrag von Engelbert Hellen

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