Franz Erkel (1810-1893)

Hunyadi László

(Ludwig Hunyadi)

Allgemeine Angaben zur Oper:

Titel: Hunyadi László
Titel deutsch: Ludwig Hunyadi
Entstehungszeit: 1841-43
Uraufführung: 27. Januar 1844 in Pest (Nationaltheater)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Bemerkung: Von acht vorliegenden Opern ist „Hunyadi László“ das erste zeitbeständige Werk Erkels, mit der er - ähnlich Glinka in Russland - die Nationaloper Ungarns begründete. Es gab schon etliche Vorläufer in ungarischer Sprache, von denen „Bélas Flucht“ (1822) von Jósef Ruzitska regionale Bedeutung erlangte. Der Stil knüpft an die „Große Oper“ eines Auber und Meyerbeer an und hat musikhistorisch gesehen auch deren beträchtlichen Stellenwert. Das Ungarische ist jedoch wie das Tschechische eine Sprachinsel, was einer Verbreitung in weiten Kreisen entgegenstand. Die Komposition war schon zu Lebzeiten des Komponisten ständigen Veränderungen ausgesetzt, die bis heute andauern - durchaus zum Nutzen des Werkes. Der unablässige Szenenwechsel stand einer Aufführung häufig im Wege.

Zur Oper:

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Béni Egressy nach dem Drama 'Die beiden Lászlós' von Lőrinc Tóth
Sprache: ungarisch
Ort: Ungarn
Zeit: 15. Jahrhundert

Personen:

László V.: König von Ungarn (Tenor)
Graf Ulrik Cilley: Bruder des Königs und Reichsverweser (Bass)
Erzsébet Szilágyi: Witwe von János Hunyadi (Sopran)
László Hunyadi: ihr älterer Sohn (Tenor)
Mátyas Hunyadi: ihr jüngerer Sohn (Mezzosopran)
Miklós Gara: Vertrauter des Königs, Palatin von Ungarn (Bariton)
Mária: seine Tochter (Sopran)
Mihály Szilágyi: Bruder Erzsébets (Bass)
Rozgonyi: Offizier und Freund von László Hunyadi (Bariton)

Handlung:

1. Akt: König Ludwig möchte seinem Untertan Laszló Hunyadi in seiner Burg in Nándorfehérvár einen Besuch abstatten. Die Zugbrücke ist heruntergelassen und Gefolge steht bereit, den König zu empfangen. Vom Besuch des Herrschers erwarten sie nichts Gutes und wollen kämpfen wie die Wölfe, wenn man ihnen die Freiheit nehmen sollte. Der königstreue László ist ihnen zu nachsichtig und deswegen berauschen sie sich an den flammenden Reden seines jüngeren Bruders Mátyás, der allerdings noch ein handlungsunfähiger Knabe ist, was er ausgiebig beklagt.

Möglicherweise verlangt der König die Übergabe der Burg, den Stammsitz der Hunyadis, was in jedem Fall verhindert werden muss. Notfalls verweigert die Menge ihrem Führer die Gefolgschaft.

Sie werden nicht die treuen Hunde des unentschlossenen und unterwürfigen Laszló sein. Nach Mannesart wollen sie der Gefahr ins Auge blicken. Nein, die Burg übergeben sie nicht und wenn Cilley kommt, mögen seine Söldner ihn gut schützen. Nur einer begreift die Gefahr nicht, die dem Hause droht. Es ist der vertrauensselige Lászlo selbst, der erst dann wach wird, wenn das Dach über ihm zusammenbricht. Im Grunde wünschen sie sich Laszló als Führer, aber er muss auf der richtigen Seite stehen und ihr Misstrauen ernst nehmen. Mit Blut und Schwert muss notfalls erreicht werden, was schöne Worte nicht vermögen.

Ihr Wortführer ist Mihály Szilágyi. Er bittet seinen Neffen, sein argloses Herz nicht ins Verderben zu stürzen und er soll den König gar nicht erst ins Haus lassen. László wird ärgerlich. Als treue Untertanen des jungen Königs werden diesem selbstverständlich die Herzen und Tore geöffnet. Er verstehe sich gut mit seinem Namensvetter, und der Kanzler Cilley regiere in seinem Sinne.

Die Menge, von Szilágy beeinflusst, ist absolut gegenteiliger Ansicht und droht mit Aufruhr. Dieser schreckliche Tag wird das Verderben sein. Sieht Laszló nicht, geblendet durch Schmeichelei, wie das Gewitter sich zusammenbraut? Der Hof wartet doch schon lange darauf, dass er sein Nest öffne. Die Hunyadis sind zu mächtig geworden und man fürchte sich vor ihrem Mut. Cilley wird man niemals als Statthalter anerkennen, sondern ihn als Geißel nehmen.

Ein verräterischer Brief von Ulrik Cilley wird abgefangen. Den beiden Hunyadis soll der Kopf abgehackt werden, steht darin. Erst dann sei Laszló V. wirklich König, und er selbst könne dann ruhig schlafen. Man empört sich, kann aber keinen Beschluss fassen, weil König Laszló soeben eingetroffen ist.

Endlich sieht König László V. die stolze Bastei, deren hoher Turm zum Himmel ragt, das heldenhafte Nándorfehérvár. Was nun an Hinterhältigkeit, Zynismus, Tücke und offen zur Schau gestellter Bosheit in Szene gesetzt wird, findet kaum irgendwo ihresgleichen.

Tausendmal segnet den Gastgeber das königliche Wort. Das Tor soll man öffnen, kein Feind naht, sondern ein guter König, der kam, sich zu ergötzen. Cilley, Berater und Bruder des Königs, trägt seine Bedenken vor: Die nachtdunkle Grube soll ihren Schlund öffnen, damit der arglose König zur Beute wird. Der Angesprochene erwidert: Das sei üble Verleumdung, solche Rede will der König nicht hören. Dem heldenhaften Jüngling gebühre Lob. Die Glut seines Herzens soll der vorlaute Cilley nicht kühlen. Unheilverkündende Worte seien nun genug gewechselt. Laszló sei der Spross der Hunyadis, sein höchster Getreuer. Als solcher soll er geachtet werden, sobald er, wie es sich gehört, seinem König huldigt und niederkniet. Cilley höhnt: Wäre es nicht vielleicht doch besser, wenn von unserer Seite aus leutselige Gesandte geschickt würden, die den beiden Bankerten huldigen und bittend zur Kenntnis geben würden, dass man um Einlass flehe?

Den Begriff der Königstreue stellt der unterwürfige Laszló über alles, kniet nieder und übergibt dem König die Schlüssel der Burg als Unterpfand seiner Ergebenheit. Der König ist sichtlich gerührt. Die Geste genügt ihm und der heldenhafte Jüngling, auf dessen Stirn die Seele der unbesiegbaren Hunyadis strahlt, darf die Schlüssel behalten, denn der König wüsste keine treueren Hände, dem er das Öffnungswerkzeug anvertrauen könnte.

Erneut betont der einfältige Laszló seine Ergebenheit und kündet von seiner Bereitschaft, dem König sein ganzes Gut zu geben, in der bevorstehenden Schlacht mutig zu kämpfen und sein Leben zu opfern, wenn das Schicksal es fordert. Der Chor lässt Laszló, den König und das Vaterland hochleben.

Die hohen Gäste ziehen mit ihrem Gefolge in die Burg ein. Hunyadi mit seiner Begleitung folgt nach. Sofort wird die Zugbrücke hochgezogen. Die Nachhut – es sind fremde Söldner - bleibt außen vor. Dem heftigen Protest der Ausgesperrten, dass ihre Anwesenheit erforderlich sei, um den König zu beschützen, begegnet man von der Mauer, der König genieße den Schutz der Ungarn, was vollkommen ausreichen dürfte. Die elende Horde soll sich zum Teufel scheren.

Man befindet sich in der großen Halle der Burg. Cilley legt sich mit seinem Bruder an und höhnt, dass er keine Lust habe, die glänzenden Taten des Hunyadi zu loben, wenn er ständig sieht, dass seine Worte ins Leere gehen. Der König ersucht den Vermessenen, sich zu mäßigen, da er es nicht gewohnt sei, Spott zu dulden. Der Ratgeber ignoriert die Zurechtweisung: Wie oft soll er es noch sagen, dass diese rebellische Familie auf sein Verderben wartet und den König hinters Licht führt. In ihren Herzen flammt böser Hass und Vater Hunyadi habe ihm einst verkündet, dass sein Sohn ihn vom Thron stürzen werde. Satanische Ränke schmieden sie, um sich das Königtum anzueignen, damit sie sich auf seinem Thron vergnügen können. Der König gerät ins Wanken. Im Geiste sieht er den Dolch, der sein Herz trifft und sein Blut erbarmungslos verspritzt. Der Schrecken verfolgt ihn.

Cilley hat selbst Ambitionen auf den Thron. Wenn erst das Grab des Hunyadi bereitet ist, wird es ein Leichtes sein, den Unbeholfenen vom Thron zu stürzen. Es gelingt dem Intriganten, vom König für die Nacht Handlungsfreiheit zu erwirken, um dafür zu sorgen, dass den Gastgeber sein Schicksal ereilt. Der König will kein Blutvergießen. Um den Thron zu retten, fordert der Verräter den Siegelring. Majestät hat ein schlechtes Gewissen und begibt sich in die Schlosskappelle.

Laszló genießt ein paar ruhige Augenblicke und ist im Geiste bei seiner geliebten Braut Mária. Er betet ihre Vorzüge herunter: himmelblaue Augen, rabenschwarze Haare, die Lippen sind schöner als Purpur. Ihre Worte sind für ihn Silberklang und ihre Flossen haben die Form von Lilienblättern. Ob Mária auch ein bisschen gescheit ist, bleibt unerwähnt; Hauptsache, die erotische Anziehung ist vorhanden. Die Geliebte soll herkommen, die trauervolle Düsternis der Nacht vertreiben und die Lichtstrahlen der Morgenröte verströmen.

Erfolg gewohnt, ist Cilley beim Intrigieren unachtsam geworden. Er hat übersehen, dass ausgerechnet demjenigen der Befehl zur Gefangennahme übergeben wird, der Hunyadis bester Freund ist. Dieser sucht den Gefährdeten auf, verscheucht seine Verzückung und empfiehlt, vom Himmel herabzusteigen und sich die irdische Hölle anzuschauen. Welche Gräuel! Wie entsetzlich! Man wird nun handeln müssen, denn auch László erkennt, was das Ungeheuer geplant hat. Cilley hat den König dazu gebracht, Befehl zu geben, die Familie und alle Freunde des Hauses zu eliminieren.

Der König hat zum festlichen Nachtmahl eingeladen. Der Rohstoff kommt aus der Schlossküche und gewisse Zutaten, die das Mahl bekömmlich machen sollen, hat Cilley dabei. Während sie aus prunkvollen Gläsern trinken, sollen die Schlossbewohner niedergemetzelt werden. Der Opernchor ist entsetzt ob solcher Schandtat und verspricht moralische Unterstützung zur Beseitigung des Übeltäters.

Cilley überbringt die Einladung, aber László will nicht dahin gehen, wo Bluthunde über seine Knochen das Totenlied knurren. Es kommt zum Wortwechsel. Lászlo setzt Cilley von dem abgefangenen Brief in Kenntnis und stellt ihn zur Rede. Der Überführte wird beleidigend und zieht das Schwert. Rozgorny kommt aus seinem Versteck und streckt den Intriganten nieder, der sein Leben aushaucht. Der Chor quittiert: Tiefes Schweigen sei nun auf seinen Lippen, sein irdisches Schicksal hat sich erfüllt, verflucht war das Leben des Blutsaugers.

Der König hat seine Andacht beendet und kommt aus der Kappelle. Der Leichnam seines Beraters liegt tot am Boden. László erklärt Sachverhalt und Hintergründe. Der König lässt sich nicht beschwichtigen, denn er fürchtet um seine eigene Sicherheit. Er verzeiht den Umstehenden, droht aber unverständlicherweise dem schuldlosen László mit dem Beil des Henkers. Der Chor übersieht in seinem Patriotismus Lászlós Schicksal und jubelt: Der Intrigant ist tot. Der König und die Nation haben erneut einander gefunden.
2. Akt: In der Burg von Temesvár herrscht fröhliche Stimmung. Man erwartet einen hohen Gast. Nur die Herrin ist traurig, weint in einem fort und will sich nicht beruhigen lassen. Es ist Erzsébet Szilágyi, die Witwe von Janos Huniyadi, der einst die Position des Beraters am Hofe zu Buda innehatte, aber dann gestorben ist. Sie ist die Mutter von László und Mátyás. Das Vorgefallene in Nándorfehérvár ist ihr in Windeseile zugetragen worden, und nun fürchtet sie um das Leben ihres ältesten Sohnes. Aber der König hat sich entschlossen, die Witwe zu besuchen. Sie wird ihm zu Füßen fallen und um das Leben ihres Kindes bitten.

Mátyás träumt von den heldenhaften Zeiten der Vergangenheit und von einer ruhmreichen Zukunft. Er selbst und der Opernbesucher wissen es noch nicht, dass er der zukünftige König der Ungarn sein wird.

Erzsébet quält sich. Das Gewicht einer schrecklichen Untat lastet auf ihrem schönen heldenhaften Sohn. Gott, der Herr, soll kein Leid über ihn verhängen. Sorgfältig im Glanz der Tugend hat sie ihre Kinder erzogen, doch die Niedertracht hat ihnen eine Falle gestellt. Eine Wolke der Trauer senkt sich auf ihr Herz und sie fühlt, dass der Tod lauert. Ihre Gedanken verwirren sich. Die Hofdamen kümmern sich um sie.

Der König ist mit seinem Gefolge eingetroffen. Ihre beiden Söhne sind zugegen. Mária Gara, die Verlobte Lászlós, mit ihrem einflussreichen Vater ebenfalls. Die schutzlose Witwe fällt vor dem König auf die Knie und vergießt heiße Tränen. Sie fleht, dass der Lichtstrahl seiner Gnade ihr nicht versagt sein soll. Das wunde Witwenherz ist noch nicht genesen und nun hat ein neuer Schicksalsschlag sie erreicht. Ein Wort von den Lippen des guten Königs genügt, sie von den Schrecken zu erlösen, die auf ihrer Seele brennen.

In der Seele des Königs wohnt keine Rache, betont er, sondern ihre Tränen sehend, erwacht in ihm das Mitleid. Sie soll aufstehen, denn er wird Gnade erteilen. Obwohl ihr Sohn den teuren Bruder, seinen treuesten Berater, meuchelte, wird der König angesichts der Tugend seines heldenhaften Vaters keine Blutrache üben.

Wer ist das schöne Mädchen – der König zeigt auf Mária – macht seine Gnade die blühende Blume auch glücklich? Natürlich ist auch Mária von der königlichen Huld tief ergriffen, geht es doch um das Leben ihres Verlobten. Lange lässt der König seinen begehrlichen Blick auf ihr ruhen. Der Vater sieht es.

Und jetzt will man gemeinsam fröhlich sein.

Miklós Gara, der Vater Márias, kann seinen Ehrgeiz nicht mehr bändigen. Sein Stern soll am Himmel strahlen, denn so einen Mann wie ihn braucht das gequälte Vaterland. Laszló, der König der Ungarn, hat sein Töchterlein erblickt und ist bereit, ihr den Purpur zuzuwerfen. Ein guter Tausch: Der König bekommt Mária zur Frau und er wird regieren. Wer ihm widersteht, den zerreißt die Intrige. Mannesverstand und Manneswille werden große Triumphe ernten. Der Lászlo, dieser elende Wurm, dieser hergelaufene Schuft, der Sohn seines Todfeindes, wagt es, um seine Tochter zu werben. Auch wenn er sie ihm versprach, so haben sich doch nun Hände gefunden, in denen seine Blume besser aufgehoben ist. Gara versucht geplante Untaten vor sich selbst zu rechtfertigen.

Erzsébet drückt ihre beiden Kinder an das hundertfach gebrochene Herz. Nun sind sie wieder bei ihr und, die Schicksalsschläge vergessend, glücklich in ihren Burgmauern. Aber sie fühlt auch, dass ein böser Falke um dieses sichere Nest herumfliegt. Die heißen Gebete der teuren Mutter wurden im Himmel zunächst erst mal erhört.

Die beiden jungen Hunyadis sollen zum König kommen. Erzsébeth erschrickt erneut. Was will er von ihnen? Die Mutter soll sich wieder erheitern. Der König war ihren beiden Kindern hold.

Endlich kommt der Augenblick, in dem László mit seiner lieben Mária allein sein kann. Würden doch diese süßen Minuten ewig dauern. Die feurigen Strahlen ihrer Augen verzehren seinen Kummer. Wie schön sie doch ist. Mária will wissen, wann man endlich den heiligen Bund der Ehe eingehen und vor den Priester treten wird. Der König und der Vater haben beide nach Buda bestellt. Dort wird sie sein auf ewig. Wenn Mária die Lippen öffnet mit ihrem Purpurrand, dann fühlt er, wie ein Engel ihn hinauflockt in den Himmel.

Man hat sich in der Burgkappelle versammelt. Der König erklärt feierlich, dass er Erzsébet als seine Mutter respektiert und Lászlo und Mátyás seine Brüder seien. Er verschenkt eine goldene Kette als Unterpfand seines Gelöbnisses. Lang lebe der König. Keinen Groll fühlt er in seinem Herzen.
3. Akt: Schlaflos liegt der König von Ungarn in seinem Gemach und analysiert seine Situation. Ein trauriger einsamer König ist er, ohne Freund und ohne Gefährten. Keinen Getreuen hat er unter dem Himmel. Das kühle Morgengrauen findet ihn zähneklappernd in seinem Bett. Er hasst die aufgeblasene Pracht um ihn herum. Diese wertlose Kostbarkeit erwürgt in ihm das Wort des fühlenden Herzens. Eine Puppe ist er in wilden Händen. Wer beendet das Übel? Auf der rauen Insel seines einsamen Herzens wächst nichts. Sie ist unfruchtbar, lebt nicht. Um sie herum ein Meer von Leid. Der König sehnt sich nach Wonne. O teure schöne Mária, Schatz des Himmels. Sie kann der Trost des kummervollen Königs sein. Ein Wort von ihrem süßen Mund könnte seinen Durst stillen und ihm die gewünschte Ruhe bringen. Ein höllisches sträfliches Verlangen bringt ihn in Versuchung. Er schmachtet nach ihrem Kuss und hört in seinem Herzen immerfort ihre Stimme.

Gara hat den Platz von Cilley eingenommen. Er eilt zum König und verspricht ihm die Gunst seiner Tochter Mária. Noch heute Abend will er sie an die königliche Brust führen. Der König kann es nicht glauben. Treibt er seinen Ulk mit ihm? Was ist mit Hunyadi? Der Rebell ist ihrer nicht mehr würdig. Seine blutbefleckte Hand darf die Tochter nicht mehr berühren.

Lászlo Hunyadi schmiede mit seinen Kumpanen einen Anschlag, habe er ihm soeben erzählt und geglaubt, als Vater seiner Braut würde er zu ihm halten. Er will den König zu seiner Hochzeit einladen und ihm dann sein Schwanenlied ins Ohr summen. Mit dem eigenen Purpurmantel soll er erwürgt werden, und dann wird der Hunyadi den Thron einnehmen. Welche Gräueltat! Er, den er mit Gnade überhäuft hat, liegt auf der Lauer, ihm den Stahl ins Herz zu stoßen. Nein, dazu darf es nicht kommen. Der Verängstigte erlaubt dem Intriganten die Festnahme, übergibt ihm seinen Körper, seine Seele. Tod dem Verräter! Mária gehört ab jetzt ihm. O welch ein Glück. Gara hat sein Ziel erreicht. Einen starken Mann braucht das Vaterland und keinen mondsüchtigen König.

Im Burggarten in Buda soll die Hochzeit zwischen Mária Gara und László Hunyadi gefeiert werden. Ein geschmücktes Zelt ist aufgebaut und adelige Damen und Herren, Gäste und Pagen feiern das Brautpaar. Der Opernchor ist auch eingeladen. Ein schönes Lied soll erklingen, so laut, dass es das uralte große Buda erschüttert. Der Orkan der brausenden Donau soll erwachen und den Ruf des Gesanges bis nach Siebenbürgen tragen. László und Mária werden heute Nacht verschmelzen. Die schäumenden Kelche - zur Hochzeit wird Schaumwein kredenzt – sollen kreisen.

Wie schön und stattlich ist der Bräutigam, an seiner Seite die engelhafte Braut. Kein irdisches Wesen, die Tochter einer Fee vielleicht? Márias Seele glüht. Sie ist glücklich, in ihren Augen glänzen Rausch und Freude. Ihren Liebsten schließt sie in die Arme, während das Ballett tanzt. Der schöne Rosenstängel, nichts kann sie von ihm reißen, nicht einmal der Tod.

An der Spitze Bewaffneter erstürmt Gara den Burggarten. Jetzt hat er den Gegner endlich am Wickel. Ab mit ihm ins Burgverlies. Zuerst wartet der Richter und dann der Henker. Mária und der Opernchor sind entsetzt. Großer Himmel!

Dunkle Nacht umgibt Lászlo in seinem Kerker, fortgerissen von den Blutsverwandten, von der Schwelle seines Glücks gestoßen. Böse Neider haben grausame Ränke geschmiedet, und dafür muss er jetzt unschuldig büßen. Der heldenhafte Vater hatte glänzende Voraussetzungen für eine ehrenvolle Laufbahn geschaffen, und jetzt soll sein irdisches Dasein in dieser Grube enden. Das Leben kann man ihm nehmen, aber seinen Heldenruf nicht. Noch ist es nicht so weit. Der König wird ihn erhören und seine Unschuld feststellen.

Die Tür öffnet sich. Mária kommt herein. Sie hat die Wärter bestochen und will ihn zur Flucht überreden. In dem Adlernest Temes, wo rohe Henkersknechte ihn nicht erreichen, soll er sich verstecken. Lászlo will nicht auf feige Art seinem Verlies entweichen. Es würde gegen ihn zeugen; stolzen Hauptes möchte er diese Räumlichkeiten verlassen. Mária rüttelt ihn aus seinen Vorstellungen, dass der Richterspruch schon gefällt sei und das Schafott auf ihn warte.

Gara betritt das Verlies, er hat Wind bekommen. Weshalb steht die Tür offen? Seine Tochter hier in den Armen eines Ehrlosen. Auf den ungetreuen Wärter wartet der Foltertod. Das Beil wird zuschlagen; hier auf der Erde gibt es kein Erbarmen für einen Rebellen. Doch Lászlo vertraut auf das Wort des Königs und ahnt nicht, dass dieser seine Braut begehrt. Márias Flehen nützt nichts. Sie wird von ihrem Vater verstoßen. Er hat kein Kind mehr; im Palast soll die Ungehorsame ihre Strafe erwarten. Über das Grab hinaus wird sie ihrem Verlobten die Treue bewahren, so wie das Opernpublikum es für selbstverständlich hält.

Erzsébet ist auf dem Richtplatz eingetroffen. Das Schafott ist pietätvoll mit einem schwarzen Tuch abgedeckt. Sie will zum König, aber man lässt sie nicht vor. Das Volk von Ungarn hört die bittere Anklage einer Mutter. Man soll doch ihren Sohn den Händen des Henkers entreißen.

Das ist nicht möglich, denn er ist ein Rebell, bescheidet der wankelmütige Opernchor. Mit voller Aufmerksamkeit registriert Erzsébet den Ablauf der Dinge. Die Stirn hat man dem Verurteilten verbunden. Es senkt sich blitzend das Henkersschwert. Aber der schöne Kopf hat sich nicht vom Rumpf getrennt. Das zweite Mal haut der liebenswürdige Henker voll daneben. Der dritte Schlag bringt auch kein Resultat. Der Wirbelknochen leistet heldenhaften Wiederstand. Eigentlich wäre nach dem dritten vergeblichen Bemühen die Begnadigung angesagt. Ein letzter Plausch in Richtung König, der aus dem Erkerfenster zuschaut, soll die Wende bringen. Lászlo bekräftigt, dass er unschuldig sei. Doch ein Wink Garas fegt den Einwand hinweg. „Schlag zu“ befiehlt er dem Henker. Mauscheln funktioniert nicht mehr. Oh weh!

Hintergrundinformation:

König László V. war an der Macht von 1440-1457. Der jüngere der Hunyadi Brüder regierte als Mátyás I. Corvinus von 1458-1490. Danach übernahmen die Jagellonen erneut das Zepter. Bedeutender ungarischer Herrscher zu Beginn dieses ereignisreichen Jahrhunderts war Sigismund von Luxemburg. János Hunyadi gilt als sein unehelicher Sohn. Seinen Ruhm, einer der bedeutendsten Feldherrn des fünfzehntes Jahrhunderts zu sein, brachten ihm seine militärischen Erfolge gegen die Türken. Der Sieg von Nándorfehérvár - gemeint ist Belgrad – am 22.07.1456 hatte historische Dimension. Janos starb an der Pest, König László, erst 17 Jahre alt, ebenfalls. Dieses Kapitel ungarischer Geschichte ist wahnsinnig spannend. Die Hinrichtungsszene – wie in der Oper geschildert – ist historisch verbürgt.

Beschreibung:

Die Oper selbst zeigt einen tragisch endenden Helden, der mit einer Überbewertung der Königstreue an den Ränken einer missgünstigen Opposition zugrunde geht. Die Charaktere der Oper sind sorgfältig ausgefeilt. Das Libretto kommt dem Zeitgeschmack entgegen, verfehlt aber auch heute seine Wirkung nicht, wenn man es aus der Distanz begutachtet. Die Ausdrucksmöglichkeiten der Romantik waren weit gefächert und bilden einen Gegenpol zur sprachlichen Verarmung der heutigen Zeit. Selbst wenn man stellenweise mit Belustigung quittiert, bereitet der Stil neben Amüsement doch eine gewisse Hochachtung.

Die Musik entspricht den französischen und italienischen Vorbildern ihrer Zeit: pompös, rhythmisch und gefühlsbetont. Die Ouvertüre ist weit ausladend. Aus dem musikalischen Material der Oper wurde, nebenbei bemerkt, ein Hunyadi-László-Marsch zusammen gestellt, dessen zündender Charakter zu patriotischen Anlässen Wirkung tun sollte.
Letzte Änderung am 21. Juli 2012
Beitrag von Engelbert Hellen

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