Heinrich Schütz (1585-1672)
Canticum B. Simeonis
Allgemeine Angaben zum Werk:
Titel: | Canticum B. Simeonis |
Untertitel: | Herr, nun lässest du deinen Diener in Friede fahren |
Anlass: | Auftrag des Fürsten Heinrich Posthumus von Reuß für die eigene Begräbnisfeier |
Entstehungszeit: | 1635 |
Besetzung: | 2 Chöre (MATTB und SSBar) und Basso continuo (Orgel und Violine ad lib.) |
Erstdruck: | Dresden: Wolf Seiffert, 1636 |
Bemerkung: | Heinrich Posthumus Reuß, Herr von Gera, Greiz und Lobenstein, wählte 1634/35 Texte aus der Bibel, die auf seinem Sarkophag stehen sollten. Er ließ seinen Sarg so gestalten, dass auf dem Deckel und an den Seiten 25 Bibelverse und Kirchenliedzeilen standen, die sich mit Tod und Auferstehung beschäftigen. Von zentraler Bedeutung war für den Auftraggeber das Canticum Simeonis, wobei es sich um Worte des alttestamentarischen Priesters Simeon vor seinem Tode handelt. Heinrich Posthumus Reuß identifizierte sich sehr mit der Figur des Priesters, was bis dahin führte, dass er wünschte, am Begräbnistag Simeons, dem 4. Februar, beigesetzt zu werden. Als Heinrich Schütz 1635 aus Dänemark zurückkehrte, erhielt er von der Witwe des am 3.12.1635 Verstorbenen den Auftrag für die Vertonung der Bibelverse. Es entstanden die Musikalischen Exequien, deren Druckfassung 1636 als op. 7 in Dresden erschien. Die Exequien (lat. exequiae) beinhalten die Riten beim letzten Geleit. Je nach Gelegenheit umfassen sie drei oder weniger Stationen, in deren Verlauf eine Reihe liturgischer Gesänge vorgetragen werden. Heinrich Schütz ordnete die Sprüche zu einem Concert in Form einer Missa, nach Art des lateinischen Kyrie und Gloria. Ergänzt wird das Concert durch eine doppelchörige Motette über den Bibeltext der Predigt bei der Beisetzung. Danach folgt das doppelchörige Canticum Simeonis als Höhepunkt. Zur Würdigung der Verdienste seines Freundes Heinrich Posthumus Reuß stellt Schütz der Druckfassung ein Nachrufgedicht voran. Mit dieser Komposition wurde auch gleichzeitig der Ablauf der Totenfeier festgelegt: Teil 1: Exequien - Konzert in Form einer deutschen Missa, Gemeindegesang - Herzlich lieb hab ich dich oh Herr, Predigt über den Bibeltext - Herr wenn ich nur Dich habe Teil 2: Motette über den Text der vorangegangenen Predigt Teil 3: Canticum Simeonis und schließlich die Senkung des Sarges in die Familiengruft |
Opus: | op. 7 Nr. 3: Musicalische Exequien Wie solche bey herrlicher vnd hochansehnlicher Leichbestattung Deß weylandt H... SWV 281: Musikalische Exequien - Nr. 3 Canticum B. Simeonis: "Herr nun lässest du deinen Diener" |
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CD: | ![]() [Details] |
Musikalische Exequien SWV 279-281 (Naxos, DDD, 2001) Heinrich Schütz (1585-1672) FonoForum 02/05: "Wolfgang Helbich gelingt eineausgesprochen feinfühlige Deutung der emotionalenAbgründe. Sowohl das Alsfelder Vokalensemble wie auch dieHimlische Cantorey agieren affektbezogen klangvoll, wobeisie dezent vom Barockorchester I Febiarmonici unterstütztwerden." |
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Text:
Text: | (Intonatio): Herr, nun lässest du deinen Diener (Primus Chorus ["allernechst bey der Orgel"]): in Friede fahren, wie du gesagt hast, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereit hast vor allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volks Israel. (Secundus Chorus ["in die ferne geordnet"] = Seraphim 1 und 2, Beata anima cum Seraphinis): Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben. Sie ruhen von ihrer Arbeit und ihre Werke folgen ihnen nach. Sie sind in der Hand des Herren und keine Qual rühret sie an. |
Beschreibung:
Im dritten Teil der Musikalischen Exequien stellt Schütz sozusagen 2 "Chöre" einander gegenüber: 1.) Den "Primus chorus", 5-stimmig, mit den Stimmlagen Mezzosopran, Alt, Tenor 1, Tenor 2, Bass, also ein relativ "tiefes"(!) Klangbild. Diese (sozusagen: die im Irdischen zurückgebliebenen!) singen den Lobgesang des Simeon ("Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren..."). Dieser Chor soll nach Schützens Anweisung "allernechst bey der Orgel" stehen. 2.) Den "Secundus chorus". Er besteht aus 3 (solistischen) Stimmen: a) der "Beata anima" (also: der Seele des Verstorbenen) = hoher (!) Bass und b) den "Seraphim" 1 und 2, (die den Verstorbenen quasi zum Himmel geleiten) = 2 Soprane. Diese singen den Text "Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben...". Der zweite "Chor" soll nach Schütz "in die ferne geordnet" sein. Werner Breig hat zu der Stelle daraufhingewiesen, dass dieser musikalisch-bildhaft-räumlichen Darstellung neben dem "effect" (der 3. Teil wurde ja während der Sargversenkung gesungen!) auch eine theologische Bedeutung zukommt. [Prof. Martin Gotthard Schneider] |
Letzte Änderung am 2. Januar 2006
Beitrag von Prof. Martin Gotthard Schneider
Beitrag von Prof. Martin Gotthard Schneider